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Präsident des Welt-Pharmaverbandes: Radikale Preissenkung gefordert

BONN (im). Der Präsident des Weltpharmaverbands IFPMA und Chef des Unternehmens Boehringer Ingelheim, Professor Rolf Krebs, hat sich ablehnend über die neue Aut-idem-Regelung geäußert. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sprach er in diesem Zusammenhang von einer "großen Katastrophe". In dem Bericht forderte er darüber hinaus die Freigabe der hiesigen Arzneimittelpreise.

In der Ausgabe vom 18. Februar verwies Krebs darauf, dass mit der vermehrten Auswahl durch Apotheker die Patienten ganz unterschiedliche Präparate erhielten, je nachdem, welche Apotheke sie aufsuchten. Es drohe die Gefahr, dass der Kranke die ihm fremden Pillen nicht nehme.

Bereits heute nähmen viele chronisch Kranke ihre Arzneimittel nur unregelmäßig ein und sammelten sie "im Nachtschränkchen". Darüber hinaus erwähnte der Manager die unterschiedlich schnelle Freisetzung des Wirkstoffs im Organismus und differierende Länge der Wirkung. Wörtlich fügte Krebs hier an: "Und schließlich: Warum sollte der Apotheker, dessen Verdienst sich nach seinem Umsatz richtet, nur die preiswertesten Medikamente verkaufen?"

"Runter mit den Preisen"

In dem Artikel forderte der Manager darüber hinaus radikale Preissenkungen für Arzneimittel in Deutschland, deren Patentschutz ausgelaufen ist. "Die Gesundheitskosten würden gedämpft, wenn auch in Deutschland die Preise für Arzneimittel nicht reguliert wären", sagte Krebs.

USA - ein Vorbild?

Er nannte in diesem Zusammenhang die USA als positives Beispiel. In den Vereinigten Staaten stimmten die Gewinnphasen der pharmazeutischen Unternehmen mit der Patentlaufzeit eines Präparats überein. Während dieser Zeit seien die Preise hoch. Danach aber, mit Auftauchen der Generika, sacke der Preis auf etwa ein Fünftel, sagte Krebs.

Auf dem geregelten Markt in Deutschland falle dagegen der Preis nach Ablauf des Patents nur um etwa die Hälfte. Der Hinweis auf den geregelten Markt dürfte sich auf die Festbeträge (die Erstattungshöchstgrenzen der gesetzlichen Krankenkassen) beziehen, denn grundsätzlich gilt bei uns, dass das Zustandekommen eines Arzneipreises mit dem vom Pharma-Unternehmen frei ausgedachten Herstellerabgabepreis beginnt, mit den sich anschließenden entsprechenden Aufschlägen nach der Preisverordnung bis hin zur Mehrwertsteuer.

Noch mehr Generika?

Würde in unserem Land der generische Wettbewerb funktionieren, "würden wir jährlich 2,5 bis 3,5 Milliarden Euro weniger für Medikamente ausgeben", wird der Chef von Boehringer Ingelheim zitiert.

In dem Magazinbeitrag unterteilt er die Herstellerbranche in Deutschland grob in zwei Gruppen. Es gebe neben der forschenden Pharmaindustrie, die aufgeschlossen für die Konkurrenz durch Generika sei, auf der anderen Seite Firmen, die sich seit langem mit älteren Produkten auf dem deutschen Markt hielten.

"Die Politik tut sich schwer, diesen teuren Ballast abzuschütteln, weil dann viele Arbeitsplätze verloren gingen. Das ist, wenn Sie so wollen, der Bergbau der Pharmaindustrie", sagte Krebs. Er forderte daher radikal gesenkte Preise für Arzneimittel ohne Patentschutz sowie einen zusammengestrichenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen.

Selbstmedikation sollte die Solidargemeinschaft des gesetzlichen Systems nicht länger tragen. Nach Schätzung von Krebs sind dadurch 2,5 Milliarden Euro einzusparen. Arzneimittel, die nur Symptome verminderten, gehörten nicht in die Kassenleistung, sagte er an anderer Stelle.

Zwar solle die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) als solche bleiben, um jedem unabhängig von seinem Einkommen im Krankheitsfall zu helfen, Krebs würde dies aber auf schwere Erkrankungen begrenzen. Neben der Behandlung akuter Erkrankungen sollten chronische Leiden wie zum Beispiel Hypertonie mit Herzinfarkt und Schlaganfälle abgedeckt sein. Dann bliebe noch Luft für andere Indikationen. Erhebe man hierfür nur einen Beitragssatz von rund zehn Prozent des Bruttolohns, sollten sich die Bürger von dem restlichen Geld Arzneimittel für die Selbstmedikation kaufen. Er habe bereits bei Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder einiges Verständnis dafür vorgefunden.

Anstieg bei Arzneikosten

Grundsätzlich sieht Krebs verschiedene Gründe für den Anstieg sowohl der Gesundheitskosten als auch speziell der Arzneikosten. Nehme die Zahl älterer Bürger zu, steige zugleich der Medikamentengebrauch. Allerdings gebe es auch gegenläufige, derzeit noch nicht zu quantifizierende Effekte. Würden in Zukunft zum Beispiel Tumore durch biologische oder chemische Moleküle heilbar, nehme die Liegezeit im Krankenhaus ab.

Zitate

Ob ich die Symptome meiner Erkältung mit Aspirin bekämpfe oder ob ich mir Bananen kaufe, ist doch meine Angelegenheit. Professor Rolf Krebs, Boehringer Ingelheim

Die Politik tut sich schwer, diesen teuren Ballast (ältere Arzneimittel auf dem deutschen Markt, die Red.) abzuschütteln, weil dann viele Arbeitsplätze verloren gingen. Das ist der Bergbau der Pharmaindustrie. Professor Rolf Krebs, Boehringer Ingelheim

Der Präsident des Weltpharmaverbands IFPMA und Chef des Unternehmens Boehringer Ingelheim Professor Rolf Krebs hat sich ablehnend über die neue Aut-idem-Regelung geäußert. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sprach er in diesem Zusammenhang von einer "großen Katastrophe". In dem Bericht forderte er darüber hinaus die Freigabe der hiesigen Arzneimittelpreise.

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