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Die geplante Aut-idem-Regelung hat uns schon einiges Kopfschütteln und Kopfzerbrechen bereitet. Und die Verwirrung um diese neue Bestimmung, die uns das neue Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz beschert, wird weiter anhalten. Ja, ich meine, es gab in den letzten Jahren auf dem Gesundheitssektor wohl kaum eine andere gesetzliche Bestimmung, die bei ihrem Inkrafttreten so unvollständig war wie diese Vorschrift. Es fängt schon damit an, dass keiner so genau weiß, wann denn das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet wird und damit in Kraft tritt. War anfangs vom 1. April die Rede, so dürfte nach dem neuesten Erkenntnisstand die Verkündung am Ende der 8. bzw. zu Beginn der 9. Kalenderwoche erfolgen. Prinzipiell tritt damit dann auch die Substitutionsverpflichtung des Apothekers in Kraft – ein Unding, denn Voraussetzungen wie die Definition der oberen Preislinie oder die Definition wirkstoffidentischer Arzneimittel fehlen.

Und die Verwirrung geht weiter. Bekanntlich darf der Apotheker nur substituieren, wenn es der Arzt nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat und wenn der Arzt nicht selbst schon ein Arzneimittel aus dem unteren Preisdrittel verordnet hat. Also: Hat der liebe Doktor selbst schon ein preisgünstiges Arzneimittel verordnet, das im unteren Preisdrittel liegt, darf nicht substituiert werden, der Apotheker muss genau dieses Billigpräparat abgeben, auch wenn noch Billigere in der Schublade liegen. Und dann das Verwirrspiel par excellence: Das Aut-idem-Kästchen auf dem Rezeptformular wird in seiner Bedeutung "umgekehrt". Das heißt: Kreuzt der Arzt nach Verkündung des Gesetzes das Aut-idem-Kästchen an, bedeutet das für den Apotheker nicht wie bisher die Erlaubnis zur Substitution, sondern hat die gegenteilige Bedeutung, nämlich kein aut idem! Wenn ein Arzt in Zukunft also möchte, dass genau das Arzneimittel abgegeben wird, das er verordnet hat, dann muss er aut idem ankreuzen. Da ist die Verwirrung nicht nur für viele Niedergelassene, sondern auch für so manchen von uns wohl perfekt ... – wie war das doch gleich noch mal?

Gemunkelt wird, dass man von Seiten der Regierung bewusst diese Vorgehensweise gewählt hat, da man davon ausgeht, dass Ärzte bisher nur zu einem geringen Prozentsatz das Kästchen angekreuzt haben, um dem Apotheker die Substitution zu erlauben. Ergo werden wohl ebenso wenige jetzt das Kästchen ankreuzen, um die Substitution auszuschließen, womit der Apotheker also substituieren müsste und damit Einsparungen für das Gesundheitswesen erzielt würden. Dabei soll bereits im Gespräch gewesen sein, in Zukunft zwei Kästchen aufs Rezeptformular zu drucken mit "aut idem ja" und "aut idem nein", um die Entscheidung des Arztes eindeutig zu machen. Ob zu einem späteren Zeitpunkt dann doch noch ein anderes Formular eingeführt wird, ist noch nicht geklärt.

Also, wenn nun der Arzt die Substitution erlaubt, dann darf ein Austausch nur erfolgen, wenn bei wirkstoffidentischen Arzneimitteln mit identischer Darreichungsform und identischer Packungsgröße und gleicher zugelassener Indikation ein preisgünstigeres Arzneimittel im unteren Preisdrittel zur Verfügung steht. Doch die Definition dieses unteren Preisdrittels muss erst noch der Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen (BÄK) vornehmen, die GKV-Spitzenverbände müssen dann die obere Preislinie im Bundesanzeiger publizieren – und zwar in jedem Quartal neu. Übrigens: die Bezeichnungen N1, N2 und N3 sind lediglich Zuzahlungsstufen, mit der Packungsgröße haben sie nichts zu tun. Und Betäubungsmittel fallen generell nicht unter dieses Gesetz.

Pflanzliche Arzneimittel fallen dagegen unter die Regelung zur Substitution, aber aut idem wird wohl nur in wenigen Fällen greifen können. Denn hier gilt ein Wirkstoff als identisch nur dann, wenn die verwendete Stammpflanze, das Auszugsmittel und das native Drogen-Extrakt-Verhältnis gleich sind. Wurde aber beim einen Phytopharmakon zwar die gleiche Stammpflanze verwendet, aber mit einem anderen Lösungsmittel extrahiert, dann liegt bereits ein anderer Wirkstoff vor – das Präparat ist nicht austauschbar.

Was also kommt auf uns zu, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist? Prinzipiell ist ein Austausch vorgeschrieben bei wirkstoffgleichen Arzneimitteln mit identischer Darreichungsform und identischer Packungsgröße, wenn das Kästchen "aut idem" auf dem Rezeptformular nicht angekreuzt ist und der Arzt nicht schon selbst im unteren Preisdrittel ausgewählt hat. Da allerdings die Krankenkassen die Preis-Obergrenze des Auswahlbereiches noch nicht bekannt gegeben haben und diese Preislinien wohl erst sukzessive erarbeitet werden, außerdem der BÄK noch keine Richtlinien veröffentlicht hat zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen, werden wir mit der konkreten Anwendung noch warten müssen.

Es bleibt die Frage: Warum gibt es keine klaren Übergangsregelungen, warum keine eindeutigen Formulare und warum keine klaren Bestimmungen? Ist das nicht ein miserabler Stil des Gesetzgebers?

Peter Ditzel

Wann und wie kommt nun aut idem?

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