Arzneimittel und Therapie

Patientinnenkongress Brustkrebs: Großer Informations- und Gesprächsbedarf be

"Das ist Ihr Tag heute!" Sabine Wagner, Fernsehjournalistin und Moderatorin des ersten Patientinnenkongresses Brustkrebs, motivierte ihr Publikum in der Aula des Münsteraner Schlosses dazu, den Kongress für sich auszukosten. Die rund 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung am 27. Januar 2002 nahmen sie beim Wort: In zwei lebhaften Diskussionsrunden und vielen Gesprächen stellten sie die Fragen, die ihnen unter den Nägeln brannten.

Etwa jede zehnte Frau in Deutschland erkrankt an Brustkrebs. Jedes Jahr gibt es 45 000 Neuerkrankungen und 18 000 Todesfälle an Brustkrebs. Allein in Münster werden pro Jahr etwa 180 Neuerkrankungen registriert, berichtete Prof. Dr. Walter Heindel, Münster.

Krebsbekämpfung ist vorrangiges Gesundheitsziel

Die Krebsbekämpfung gehört zu den vorrangigen Gesundheitszielen des Landes Nordrhein-Westfalen, erklärte die Schirmherrin Frau Dr. Agnes Klein, Gesundheitsdezernentin der Stadt Münster. Bis zum Jahr 2005 soll die Lebensqualität aller Krebskranken wesentlich verbessert werden. Gleichzeitig sollen die Krebs-Neuerkrankungsrate und die Krebs-Sterblichkeit der unter 65-Jährigen erheblich gefallen sein.

Eine Organisation, die sich der Qualitätssicherung in der Erkennung und Behandlung von Brustkrebs widmet, ist das Westdeutsche Brust-Centrum (WBC) in Düsseldorf, das im Jahr 2001 gegründet wurde. Gemeinsam mit der Frauenklinik am Universitätsklinikum Münster, der Selbsthilfeorganisation MUT (= Frauen und Männer im Kampf gegen Brustkrebs) e. V. Münster und der Krebsberatungsstelle des Tumorzentrums Münsterland hat das WBC den Patientinnenkongress veranstaltet.

In elf Kurzvorträgen informierten die Referenten über den neuesten Stand in wesentlichen Bereichen der Diagnose und Behandlung von Brustkrebs. In zwei halbstündigen Diskussionsrunden meldeten sich zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem breiten Fragenspektrum zu Wort.

Nur den Wächterlymphknoten entfernen?

Viele Frauen interessierten sich für das Konzept des Wächterlymphknotens: Kann man heute schon anstelle mehrerer Lymphknoten nur den Wächterlymphknoten entfernen? Prof. Dr. Ludwig Kiesel, Münster, erklärte, dass dies zurzeit in klinischen Studien erprobt wird. Standard ist bisher noch die Entfernung der Lymphknoten in den Gruppen 1 bis 2.

Wann bestrahlen?

Wann sollte die Strahlentherapie einsetzen? Wie lange darf damit gewartet werden? Prof. Normann Willich, Münster, informierte: Man sollte zunächst die Wundheilung abwarten. Frühestens drei Wochen nach der Operation kann mit der Strahlentherapie begonnen werden. Im Einzelfall wird entschieden, ob die Chemotherapie oder die Bestrahlung Vorrang hat. Bei einem hohen Risiko für ein Lokalrezidiv beginnt man mit der Strahlentherapie, bei einem hohen Risiko für eine Mikrometastasierung stellt man die Chemotherapie voran. Wenn zwischen Operation und Bestrahlung mehr als ein halbes Jahr liegt, steigt die Häufigkeit von Lokalrezidiven geringfügig.

Trastuzumab lebenslänglich?

Wie lange sollte eine Behandlung mit Trastuzumab (Herceptin) durchgeführt werden? Prof. Dr. Gerhard Schaller, Herne, erklärte hierzu: Der Antikörper gegen HER2 (HER = human epidermal growth factor receptor), einen menschlichen Wachstumsfaktor-Rezeptor, muss wahrscheinlich als Dauertherapie gegeben werden. Einige Patientinnen, bei denen Trastuzumab nach einigen Jahren abgesetzt wurde, erlitten einen Rückfall.

Phytoöstrogene erlaubt?

Dürfen Brustkrebspatientinnen Phytoöstrogene einnehmen? Dr. Christian Jakisch, Münster, fasste zusammen: Bislang gibt es keine Daten, die eine Verschlechterung des klinischen Verlaufs durch Phytoöstrogene belegen. Für manche Patientinnen, die beispielsweise unter Tamoxifen Hitzewallungen haben, kann die zusätzliche Einnahme von Phytoöstrogenen sehr hilfreich sein.

Mistel - ja oder nein?

Wann ist eine Misteltherapie sinnvoll? Prof. Dr. Josef Beuth, Köln, empfahl Mistel nur bei Schwächen des Immunsystems. Kontraproduktiv ist eine Misteltherapie während einer Chemo- oder Strahlentherapie. Deshalb darf man erst frühestens sechs bis acht Wochen danach beginnen.

Den Tumor einfrieren?

Soll die Patientin einen Teil des Tumors einfrieren lassen? Prof. Schaller riet hierzu: Private Tumorbanken bieten das Einfrieren meist zu einem hohen Preis an. Diese Firmen sind möglicherweise nicht seriös. Für die meisten Untersuchungen - auch den Test auf das HER2-Protein - genügen Präparate im Paraffinbett. Viele Universitätskliniken frieren von Tumoren ab 1 cm Größe einen Teil ein. Das kann man vor Ort erfragen.

Das beste Implantat?

Für welches Implantat soll sich die Patientin entscheiden? Dr. Mahdi Rezai, Düsseldorf, erklärte: Nur noch in 25% der Brustkrebsfälle muss die Brust entfernt werden. Wünscht die Patientin eine Brustrekonstruktion, kommen grundsätzlich Eigengewebe und/oder Implantate in Frage. Bei den Implantaten ist Silikon nach wie vor der Standard, weil es gegenüber Prothesen mit Kochsalzlösung eine bessere Konsistenz und Form und eine längere Lebensdauer hat.

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