Pharmazeutisches Recht

Arzneimittel in Krisenzeiten

Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von Vorschriften des Arzneimittelgesetzes für Krisenzeiten*

Vom 15. November 2002 (aus BAnz. Nr. 234 vom 14. Dezember 2002, Seite 26 169)

Aufgrund des § 79 Abs. 1 und 3 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1990 (BGBl. I S. 3586) in Verbindung mit § 1 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165) und dem Organisationserlass vom 22. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4206) verordnet das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit:

§ 1

Zweck und Anwendungsbereich

der Verordnung (1) Zweck dieser Verordnung ist es, die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit in Krisenfällen notwendigen Arzneimitteln zu ermöglichen.

(2) Diese Verordnung gilt für Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes, die zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind und die für den in Absatz 1 genannten Zweck durch die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden, gegebenenfalls unter Beteiligung ihrer nachgeordneten Behörden, beschafft und in den Verkehr gebracht werden.

§ 2

Ausnahmen vom Vierten Abschnitt

des Arzneimittelgesetzes (1) Abweichend von § 21 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes dürfen die in § 1 Abs. 2 genannten Arzneimittel auch dann in den Verkehr gebracht werden, wenn sie weder durch die nach § 77 des Arzneimittelgesetzes zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind noch die nach Artikel 10 Abs. 2 und Artikel 73 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. EG Nr. L 214 S. 1) zuständige Stelle der Europäischen Gemeinschaften eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder Abs. 2 dieser Verordnung für sie erteilt hat.

(2) Der pharmazeutische Unternehmer, der ein nicht zugelassenes Arzneimittel nach Absatz 1 an eine zuständige oberste Behörde des Bundes oder eines Landes abgibt, hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 15 Tagen nach Bekanntwerden, jeden ihm bekannt gewordenen Verdachtsfall einer schwerwiegenden Nebenwirkung oder schwerwiegenden Wechselwirkung mit anderen Mitteln anzuzeigen.

§ 3

Ausnahmen vom Siebten Abschnitt

des Arzneimittelgesetzes (1) Abweichend von § 47 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes dürfen die in § 1 Abs. 2 genannten Arzneimittel vom pharmazeutischen Unternehmer unmittelbar an die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden oder die von ihnen beauftragten nachgeordeneten Behörden abgegeben werden.

(2) § 43 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes finden auf die in § 1 Abs. 2 genannten Arzneimittel keine Anwendung.

§ 4

Ausnahmen vom Dreizehnten Abschnitt des Arzneimittelgesetzes

§ 73 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes findet keine Anwendung, wenn die in § 1 Abs. 2 genannten Arzneimitel durch die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden, auch unter Einschaltung der von ihnen beauftragten nachgeordneten Behörden, in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbracht werden.

§ 5

Ausnahmen vom Zweiten Abschnitt des Arzneimittelgesetzes (1) Abweichend von § 10 Abs. 1 Nr. 9 und § 10 Abs. 8 des Arzneimittelgesetzes ist die Angabe des Verfallsdatums auf den Behältnissen, den äußeren Umhüllungen und den Durchdrückpackungen der in § 1 Abs. 2 genannten Arzneimittel nicht erforderlich, wenn das Verfallsdatum in den Begleitpapieren der Lieferung dokumentiert ist. Die zuständigen obersten Behörden des Bundes und der Länder stellen sicher, dass die Begleitpapiere bis zur vollständigen Ausgabe oder Vernichtung der Arzneimittel aufbewahrt werden.

(2) Abweichend von § 11 des Arzneimittelgesetzes dürfen die von § 1 Abs. 2 erfassten Fertigarzneimittel auch ohne Packungsbeilage in den Verkehr gebracht werden. In diesem Fall stellen die zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden sicher, dass der Endverbraucher des Arzneimittels die erforderlichen Produktinformationen erhält.

(3) § 11a des Arzneimittelgesetzes findet auf die in § 5 Abs. 2 genannten Arzneimittel keine Anwendung.

§ 6

Ausnahmen vom Achten Abschnitt

des Arzneimittelgesetzes § 55 Abs. 8 des Arzneimittelgesetzes findet keine Anwendung, wenn die in § 1 Abs. 2 genannten Arzneimittel durch die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden, auch unter Einschaltung der ihnen nachgeordneten Behörden, im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes zum Zweck der Abgabe an den Verbraucher in den Verkehr gebracht werden, sofern diese Arzneimittel hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Stoffe und hinsichtlich ihrer Darreichungsformen, Behältnisse und Umhüllungen, soweit sie mit den Arzneimitteln in Berührung kommen, zum Zeitpunkt der Abgabe an die genannten Behörden den anerkannten pharmazeutischen Regeln entsprachen.

§ 7

In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 14. Juni 2003 außer Kraft.

Bonn, den 15. November 2002

Die Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung Ulla Schmidt

* Die Verpflichtungen aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. EG Nr. L 204 S. 37), geändert durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. EG Nr. L 217 S. 18), sind beachtet worden.

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