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Koch-Brief an hessische Apotheker – Schmidt: "Populistischer Aufruf"

WIESBADEN/BERLIN (ks). Der hessische Ministerpräsident und Wahlkämpfer Roland Koch (CDU) hat in der vergangenen Woche die Apothekerinnen und Apotheker seines Bundeslandes in einem Brief aufgefordert, "mit ihren jeweiligen Abgeordneten der Regierungskoalition unverzüglich Gespräche aufzunehmen". Da der Bundesrat das zustimmungsfreie Beitragssatzsicherungsgesetz nicht mehr stoppen kann, liege es nun ganz in der Hand der einzelnen Abgeordneten, "ob diese katastrophale Entwicklung für das Gesundheitswesen so eingeleitet wird oder nicht". Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt warf Koch vor, sich durch seinen Aufforderung zum "Oberlobbyisten" zu machen.

Theoretisch könnte das Beitragssatzsicherungsgesetz am 20. Dezember mit nur vier Gegenstimmen aus der rot-grünen Koalition im Bundestag gekippt werden. Nachdem sich die unionsgeführten Bundesländer im Vermittlungsausschuss nicht gegen die sozialdemokratische Mehrheit durchsetzen konnten, ist nun Überzeugungsarbeit in jedem einzelnen Wahlkreis gefordert. Und diese, so Koch, sollten die Apotheker vor Ort nun leisten.

Denn das Gesetz zu verhindern sei "im Interesse von Ärzten, Apothekern und Patienten und im Interesse der Forschung für moderne Medikamente in Deutschland", erklärt er seinen potenziellen Wählern. Gerade für die Apotheken hat der Ministerpräsident, der am 2. Februar 2003 in seinem Amt bestätigt werden will, viel Verständnis: Das Vorschaltgesetz werde ihre Gewinne "halbieren, ohne dass sich daraus ein qualitativer Nutzen für den Patienten ergeben würde". Weil viele Apotheken aufgeben müssten, sei die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährdet. Zudem sei bundesweit ein Verlust von 5000 bis 8000 Arbeitsplätzen zu befürchten, so Koch.

Schmidt warf Koch vor, mit seinem "populistischen Aufruf" die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu gefährden. Zur Stabilisierung der finanziellen Lage müssten alle einen solidarischen Sparbeitrag leisten. Die Ministerin verwies auf Zahlen des statistischen Bundesamts, wonach deutsche Apotheken "von 1996 bis 2001 einen Umsatzboom von real 22,2 Prozent" hatten. Dieses Plus habe zu einem hohen Zuwachs der GKV-Arzneimittelkosten geführt.

Schmidt: "Wer beim Boom dabei war, kann legitimer Weise eine Beteiligung am solidarischen Sparbeitrag nicht verweigern. Deshalb ist es völlig unverantwortlich, dass ein Ministerpräsident den krassen Partikularismus der Apotheker unterstützt und auch noch für sich politisch nutzen will".

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