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Beitragssatzsicherungsgesetz: Eindringlicher Appell an den Kanzler

FRANKFURT/MAIN. In einem ganzseitigen Zeitungsinserat, das vor kurzem in Tageszeitungen veröffentlicht wurde, wendet sich die Pharmagroßhandlung Anzag, Frankfurt/Main, in der Form eines offenen Briefes an Gerhard Schröder. Der Großhändler appelliert an den Bundeskanzler, die handwerklichen Fehler im jetzigen Entwurf des Beitragssatzsicherungsgesetzes zu beheben. Denn: "Wenn der Gesetzentwurf Wirklichkeit wird, werden Großhandel und Apotheken wirtschaftlich vernichtet." Hier der Wortlaut des Briefes:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, das geplante Beitragssatzsicherungsgesetz zur Entlastung der Gesetzlichen Krankenkassen sieht vor, Apotheken und Pharmagroßhandel mit mehr als einer Mrd. Euro zu belasten: Die Apotheken sollen weitere 400 Mio. Euro Rabatte abführen, zusätzlich sollen über die Apotheken Rationalisierungseffekte des Großhandels in Höhe von 600 Mio. Euro zugunsten der GKV "abgeschöpft" werden – so die Formulierung in der Begründung des Gesetzes.

Wir, die Andreae-Noris Zahn AG, sind seit über 160 Jahren als Pharmagroßhändler tätig. Unsere Aufgabe besteht – gemeinsam mit den Apotheken – in der flächendeckenden Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Arzneimitteln. Die ANZAG gehört zu den 100 größten Unternehmen in Deutschland und beschäftigt 3140 Mitarbeiter.

Die Abschöpfung der Rationalisierungserfolge von Pharmagroßhandel und Apotheken ist bereits erfolgt.

Bei der Ausarbeitung des Beitragssatzsicherungsgesetzes ist offensichtlich übersehen worden, dass die angestrebte "Abschöpfung der Rationalisierungserfolge" bereits heute in vollem Umfang erfolgt: Alle Rationalisierungseffekte der letzten 20 Jahre an der Schnittstelle zwischen Pharmagroßhandel und Apotheke werden schon jetzt an die Apotheken weitergegeben. Sie erhalten vom Großhandel rund 7% Rabatt zu Einkaufspreisen. Die Apotheken geben die Rabatte schon heute in Höhe von 6% – künftig gestaffelt 6 – 10% – zu Apothekenverkaufspreisen vollständig an die GVK weiter. Zusätzlich geben sie weitere 2 – 3 Prozentpunkte von ihrer eigenen Marge ab.

Die Gewinne von Pharmagroßhandel und Apotheken reichen nicht aus, die geforderten zusätzlichen Rabatte zu zahlen.

Alle deutschen Pharmagroßhändler zusammen erwirtschaften einen Gewinn vor Steuern von 230 Mio. Euro im Jahr, das entspricht einer Umsatzrendite vor Steuern von rund 1,2%. Die Apotheken erzielen im Durchschnitt eine Umsatzrendite vor Steuern von 1,4%. Es ist offensichtlich: Die geplante zusätzliche Belastung von einer Milliarde Euro übersteigt bei weitem die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Großhandel und Apotheken.

In den Briefen aus der SPD-Fraktion an die Apothekerschaft, in denen auf die Großhandelsspanne von knapp 15% verwiesen wird, sind offensichtlich Handelsspanne und Rendite verwechselt worden! Im Klartext: Selbst wenn der deutsche Pharmagroßhandel am 2. Januar 2003 alle seine Mitarbeiter entlassen würde, könnte er die geforderten Rabatte nicht zahlen.

Wenn der Gesetzentwurf Wirklichkeit wird, werden Großhandel und Apotheken wirtschaftlich vernichtet.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, bitte sorgen Sie dafür, dass die handwerklichen Fehler im jetzigen Entwurf des Beitragssatzsicherungsgesetzes behoben werden. Denn wenn der Gesetzentwurf Wirklichkeit wird, werden der gesamte Pharmagroßhandel und ein Großteil der Apotheken in ihrer Existenz nachhaltig bedroht. Wir sind der Meinung, dass dies auch nicht im Sinne der Patienten ist, die ihre Arzneimittel dringend benötigen.

Wir sehen ein, dass die Kosten des Gesundheitssystems reduziert werden müssen – zu Gesprächen über sinnvolle Sparmaßnahmen im Vertriebssystem für Arzneimittel sind wir jederzeit bereit.

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