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Beitragssatzsicherungsgesetz: Auf welchen Rabatt-Abwicklungsweg soll man sich fe

STUTTGART (whi). Die Verbände der Marktbeteiligten (Industrie, Großhandel und Apotheken) ringen zur Zeit darum, wie eine für alle Beteiligten angemessene Abwicklung der Herstellerrabatte aussehen kann. Neben Sachzwängen und teilweise zweideutigen Regelungen im Gesetzentwurf scheinen hierbei angesichts der bevorstehenden Veränderungen in der Arzneimittelversorgung auch Überlegungen bei den Beteiligten, wie man die Informationen aus der Rabattabrechnung für die eigene strategische Positionierung nutzen kann, eine Rolle zu spielen und damit die Lösungsfindung nicht zu erleichtern.

Zunächst sorgt ein Auslegungsschreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) für Aufregung. In diesem Schreiben stellt das Ministerium auf eine Anfrage hin klar, dass der Großhandelsrabatt vom Hersteller dann zu übernehmen ist, wenn das betroffene Produkt auch über den Großhandel beziehbar ist und somit ein Großhandelsaufschlag berechnet wird.

In Fällen, in denen ein Arzneimittel ausschließlich beim Hersteller direkt bezogen werden kann, entfällt dem Schreiben zufolge der 3%ige Großhandelsrabatt. Hierin sieht der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) eine Begünstigung des Direktvertriebs im Vergleich zum Vertrieb über den pharmazeutischen Großhandel.

Des weiteren stellt das BMGS in dem Schreiben – nach Informationen der DAZ aufgrund von Anfragen des Phagro und aus dem pharmazeutischen Großhandel – klar, dass der 3%ige Großhandelsrabatt auf den Apothekenverkaufspreis inklusive Mehrwertsteuer zu gewähren ist.

Im Gesetz heißt es, dass der Großhandelsrabatt auf den "Arzneimittelabgabepreis" zu gewähren ist, während sich der Apothekenrabatt eindeutig auf den "für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis" bezieht. Den Begriff Arzneimittelabgabepreis ohne diesen Zusatz hat der Großhandel als Großhandelsabgabepreis interpretiert. In einem nach Einschätzung von Beobachtern ungewöhnlich scharfen Schreiben verlangt der Phagro vom BMGS die Rücknahme dieser Klarstellungen.

Rabattabwicklung über den Großhandel?

Unter ziemlichen Druck ist der Großhandel mit seinem Vorstoß und den darin genannten Rahmenbedingungen geraten, die Rabattabwicklung über den Großhandel abzuwickeln und die Apothekendaten zu chiffrieren. Nur drei Tage nach Vorlage des Konzepts sah sich der Phagro veranlasst, in einem Schreiben an die Herstellerverbände und die ABDA den Großhandelsvorschlag zu verteidigen und auf eine schnelle Lösung zu drängen. Das Schreiben wirke harsch und sei, so Beobachter, vermutlich der Zielsetzung des Großhandels eher schädlich als nützlich.

Nach übereinstimmender Einschätzung von Beobachtern sieht sich der pharmazeutische Großhandel bei der Rabattabwicklung in einer Rolle, die ihm das Gesetz so nicht zuschreibe. Sowohl in seinem Konzeptpapier als auch in dem nachfolgenden Schreiben versuche der Phagro den Eindruck zu erwecken, dass das Gesetz die Abrechnung über den Hauptlieferanten im ersten Halbjahr 2002 als bindende Regelung enthalte. Dies sei eindeutig nicht der Fall.

In Bezug auf die Rabattabwicklung sehe das Gesetz als Grundnorm die einzelne Apotheke als zentralen Entscheider und Handelnden vor, auf welchem Wege sie die Abwicklung vornehme. Dies scheine vor dem Hintergrund eigener strategischer Überlegungen beim pharmazeutischen Großhandel und von einzelnen Herstellern geflissentlich überlesen zu werden. Ohne eine genaue Kenntnis der Verfahren halten Beobachter es für unmöglich, sich auf einen bestimmten Abwicklungsweg festzulegen.

Zentrale Rolle der Apotheken

Die zentrale Rolle der Apotheken kommt in folgenden Vorgaben zum Ausdruck: Die Apotheke kann, so das überwiegende Verständnis des Gesetzentwurfes, mit pharmazeutischen Großhändlern vereinbaren, den Abschlag mit pharmazeutischen Unternehmen abzurechnen (§ 130 a Absatz 5 Satz 1). Insbesondere sei die Apotheke nicht verpflichtet, den Herstellerrabatt vom Hauptlieferanten mit der Industrie abrechnen zu lassen.

Die Apotheke kann danach den Rabatt selbst mit den Herstellern verrechnen, einen Zweit- oder Drittlieferanten mit der Abrechnung der Rabatte beauftragen. Der Apothekeninhaber treffe diese Entscheidung beispielsweise danach, zu welchem Großhändler er das meiste Vertrauen habe. Lediglich der Hauptlieferant im ersten Halbjahr 2002 könne sich bis Ende 2003 dem Wunsch der Apotheke nach Abrechnung der Rabatte nicht entziehen.

Zum Nachweis des Abschlags übermitteln die Apotheken die Arzneimittelkennzeichen (Pharmazentralnummern) über die abgegebenen Arzneimittel sowie deren Abgabedatum "auf der Grundlage der den Krankenkassen nach § 300 Abs. 1 übermittelten Angaben" maschinenlesbar an die pharmazeutischen Unternehmen oder an den beauftragten pharmazeutischen Großhändler (§ 130 a Absatz 5 Satz 1).

Apotheke muss Anspruch auf Rabatterstattung nachweisen

Diese Regelung enthält mehrere wesentliche Aspekte: Die Verpflichtung zum Nachweis, dass ein Anspruch auf Erstattung eines Rabatts besteht, obliegt der Apotheke. Sofern sie einen Großhändler beauftragt hat, übermittelt die Apotheke die Daten an den Großhändler.

Im Gegensatz zur Rezeptabrechnung mit den Krankenkassen nach § 300 Sozialgesetzbuch V sieht das Gesetz die Einschaltung der Apothekenrechenzentren nicht ausdrücklich vor. So weit bislang erkennbar würden aber wohl alle direkt Beteiligten (Hersteller und Apotheken) die Abwicklung über die Rechenzentren oder eine gemeinsame Abrechnungsstelle der Rechenzentren oder der Apotheken akzeptieren.

Als aussichtslos gelten dem Vernehmen nach in Industriekreisen die Bestrebungen, dass die rabattberechtigte Apotheke gegenüber dem jeweiligen Hersteller nicht genannt werden muss. Juristen verweisen darauf, dass das Gesetz die Apotheke ausdrücklich als Anspruchsberechtigte benennt und eine Anonymisierung der Apothekendaten gegenüber den Herstellern nicht vorsieht. Ohne Nennung der Apotheke seien die Hersteller mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zur Erstattung der Rabatte verpflichtet. Sie könnten sich darauf zurückziehen, dass der Erstattungsanspruch nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben geltend gemacht worden sei.

Die Angaben zum Rabattnachweis müssen maschinenlesbar auf der Grundlage der den Krankenkassen übermittelten Abrechnungsdaten an die Hersteller übermittelt werden. Daraus ergibt sich, dass für den pharmazeutischen Unternehmer bei den geltend gemachten Einzelpositionen erkennbar sein muss, dass es sich um eine Abgabe zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse handelt.

Sofern diesbezüglich keine Regelung in einer Rahmenvereinbarung zwischen den beteiligten Verbänden getroffen werde, müsse die Apotheke für sich entscheiden, wie sie zur Vermeidung von Auseinandersetzungen über die Rechtmäßigkeit des Erstattungsanspruchs dieser Forderung nachkommt. Die Angabe des Kostenträgers und der eindeutigen Belegnummer aus der Krankenkassenabrechnung, anhand derer jede Verordnung im Falle einer Auseinandersetzung zu ermitteln ist, werden dem Vernehmen nach als ausreichend angesehen, um den gesetzlichen Mindestanforderungen gerecht zu werden.

Insbesondere ergebe sich aus dem Gesetz kein Anspruch, dass als Nachweis die Vorlage der Verordnungsblätter verlangt werden kann. Die Verordnungsblätter enthielten personenbezogene Daten, die den Herstellern schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung gestellt werden könnten.

Nur für GKV-Arzneimittel

In Industriekreisen wird auch darauf verwiesen, dass ein Anspruch auf Erstattung des Abschlags nur auf die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegebenen Arzneimittel besteht. Forderungen einzelner Apotheken, alle Arzneimittel künftig auch direkt zu liefern und von vornherein den Hersteller- und Großhandelsrabatt in der Rechnung abzuziehen, seien mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Erinnert werden die Apotheken in diesem Zusammenhang auch daran, dass der Herstellerrabatt nur bei Produkten anfällt, für die weder die Festbetrags- noch die Aut-idem-Regelung gelten.

Die Daten müssen maschinenlesbar sein. Eine Zusendung von Ausdrucken, Abrechnungskopien etc. ist demzufolge nicht ausreichend. Hier bietet sich nach Auffassung aller Betroffenen die Vereinbarung eines einheitlichen Datenformats an. Sofern allerdings eine Rahmenvereinbarung nicht zustande kommt, könnte dies bei den Datenformaten zu babylonischen Verhältnissen führen.

Sofern ein Hersteller den geltend gemachten Rabatt nicht innerhalb von 10 Tagen erstattet, kann die Apotheke den Abschlag gegenüber dem pharmazeutischen Großhandel einbehalten. Von den Apotheken einbehaltene Rabatte können die Großhändler mit offenen Rechnungen der Hersteller auch in pauschalierter Form verrechnen. Unzutreffend sei es, so der Hinweis aus Industriekreisen, dass Großhändler die Abschläge grundsätzlich pauschaliert verrechnen könnten. Diese Möglichkeit sei nach § 130 a Abs. 7 SGB V ausdrücklich auf die Fälle verzögerter oder verweigerter Zahlung beschränkt. Zunächst müsse die Erstattung des Abschlags gesetzeskonform geltend gemacht werden.

Auch hier ist die Apotheke wieder die Handelnde. Nur von der Apotheke verrechnete Ansprüche gegenüber Herstellern kann der Großhändler pauschal mit diesen verrechnen. Das Gesetz enthalte keine Rechtsgrundlage, die es den Apotheken erlaube, den Rabatt von vornherein beim Bezug der Ware abzuziehen. Vielmehr muss der Nachweis erbracht werden, dass das Mittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben wurde. Dies kann nur im Nachhinein erfolgen.

Fristgemäße Erstattung

Hersteller, die eine pauschalierte Verrechnung, d. h. insbesondere ohne Einzelnachweis der zugrunde liegenden Abgaben, vermeiden wollen, sollten die Rabatte fristgemäß erstatten. Nach § 130 a Absatz 1 Satz 4 ist der Rabatt innerhalb von 10 Tagen nach Geltendmachung gegenüber dem Hersteller zu erstatten. Geltend gemacht wird der Rabatt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Hersteller Kenntnis erlangt. Sofern ein Datenträger übersandt wird, sind Postlaufzeiten etc. zu berücksichtigen.

Die heftige Kritik an dem Phagro-Vorschlag ist bislang nicht verstummt. Als gravierender Nachteil dieses Ansatzes aus Apothekensicht wird bemängelt, dass der Großhandel mit den Abrechnungsdaten eine Fülle von Informationen über das Einkaufsverhalten der Apotheken erhält, der Großhandelswechsel erschwert wird und dass mit diesem Verfahren die Apotheken die Abrechnungskontrolle weitgehend aus der Hand geben.

Befürchtet wird ferner, dass der Großhandel den Apotheken Beträge nicht erstattet, sofern Hersteller die Zahlung verweigern, den Apotheken aber die Möglichkeit der Verrechnung ausstehender Rabatte nach § 30 a Absatz 7 wegen der fehlenden Detailinformationen genommen ist.

Auch müssten die Hersteller oder Apotheken sämtliche Direktbezüge gegenüber dem Großhandel offen legen. Auch dies ist nicht zu erwarten.

Nicht eindeutig ausgeräumt wurden bislang Berichte, wonach es innerhalb des Großhandels Bestrebungen gibt, die Zweit- und Drittbelieferung wegen der sich aus dem Beitragssatzsicherungsgesetz ergebenden Mindestrabatte einzustellen. Zumindest wurden derartige Pläne von Großhandelsvertretern gegenüber einzelnen Apotheken geäußert. Apothekeninhaber befürchten, damit in eine wesentlich größere Abhängigkeit vom Hauptlieferanten zu geraten wie bisher.

Positionspapier des BAH

Ferner wurde ein Positionspapier des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) bekannt, das sich ausführlich damit auseinandersetzt, wann genau welcher Rabatt anfällt, wie die Festlegung der rabattierpflichtigen Produkte erfolgt und welche Anforderungen aus Sicht der Hersteller an das Abrechnungsverfahren zu stellen sind.

Dem BAH-Papier zufolge fallen folgende Arzneimittelgruppen nicht unter den 6%igen Herstellerrabatt:

  • Alle Arzneimittel, für die Festbeträge bestehen oder die aut-idem-geregelt sind, auch solche, die nach Inkrafttreten des BBSichG Festbeträge erhalten oder in die Aut-idem-Regelung einbezogen werden.
  • Alle durch die Negativlisten-Rechtsverordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel nach § 34 Abs. 3 SGB V bzw. der entsprechenden Präparateliste von der GKV-Versorgung ausgeschlossenen Fertigarzneimittel (mit Inkrafttreten einer Positivliste müssen ausschließlich die positiv gelisteten Arzneimittel einen Preisabschlag leisten).
  • Arzneimittel, deren für die Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreise unterhalb der Zuzahlungsbeträge von 4, 4,50 bzw. 5 Euro liegen (sog. Null-Rezepte).
  • Alle freiverkäuflichen Arzneimittel, da die GKV-Versorgung gemäß § 31 Abs. 1 SGB V auf apothekenpflichtige Arzneimittel beschränkt ist.
  • Alle von Apotheken hergestellten Rezepturarzneimittel.
  • Klinikpackungen, die als solche in der Lauer-Taxe gekennzeichnet sind.
  • Alle nicht mit den Zuzahlungsstufen N1, N2 oder N3 versehenen Fertigarzneimittel, da gemäß § 5 Abs. 3 der Zuzahlungsverordnung solche Arzneimittel nicht zu Lasten der GKV abgegeben werden dürfen.
  • Alle nicht von Apotheken abgegebenen, z. B. Faktor VIII-Präparate.

Auf die letzte Gruppe wird aus Kreisen der Landesapothekerverbände mit Sorge verwiesen, da der Hersteller hier ein nachhaltiges wirtschaftliches Interesse erhalte, Arzneimittel, sofern die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes dies zulassen, ohne Einschaltung der Apotheke zu vertreiben.

Der Großhandelsrabatt hat eine andere Grundlage. Er ist nach Auffassung des BAH für folgende Arzneimittelgruppen zu gewähren:

  • Alle rezeptpflichtige Arzneimittel gemäß § 48 und § 49 AMG einschließlich der festbetragsgeregelten und der Aut-idem-Regelung unterliegenden Fertigarzneimittel.
  • Nur die Fertigarzneimittel, die dem Versorgungsanspruch nach §§ 23 Abs. 1, 27 und 31 SGB V unterliegen. Damit sind nach Meinung des BAH folgende Fertigarzneimittel dem Großhandelsrabatt nicht unterworfen:
  • Alle nach § 34 Abs. 3 SGB V durch die Negativlisten-Rechtsverordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel bzw. der entsprechenden Präparateliste ausgeschlossenen Arzneimittel.
  • Alle empfängnisverhütenden Arzneimittel, z. B. orale Kontrazeptiva, die gemäß § 24a SGB V teilweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnungsfähig sind.
  • Alle Klinikpackungen, die als solche in der Lauer-Taxe gekennzeichnet sind.
  • Alle ohne die Zuzahlungsstufen N1, N2 oder N3 gekennzeichneten Arzneimittel, da diese grundsätzlich nicht zu Lasten der GKV abgegeben werden dürfen (§ 5 Abs. 3 der Zuzahlungsverordnung).
  • Alle nicht an Apotheken gelieferte Fertigarzneimittel.

Die Aufstellungen machen deutlich, dass die Feststellung, ob ein Arzneimittel unter eine der Rabattregelungen fällt, ausgesprochen kompliziert wird. Die pharmazeutischen Unternehmer sind verpflichtet, die für die Feststellung erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Während nach Auffassung des BAH die Hersteller festlegen, ob ein Arzneimittel unter die Rabattregelung fällt, sind nach Auffassung von Krankenkassenvertretern die auch alle die für die Feststellung der Rabattpflicht erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.

Der mit der Umsetzung der Rabattregelungen verbundene bürokratische Aufwand, so Beobachter, werde immens.

Die Verbände der Marktbeteiligten (Industrie, Großhandel und Apotheken) ringen zur Zeit darum, wie eine für alle Beteiligten angemessene Abwicklung der Herstellerrabatte aussehen kann. Neben Sachzwängen und teilweise zweideutigen Regelungen im Gesetzentwurf scheinen hierbei angesichts der bevorstehenden Veränderungen in der Arzneimittelversorgung auch Überlegungen bei den Beteiligten, wie man die Informationen aus der Rabattabrechnung für die eigene strategische Positionierung nutzen kann, eine Rolle zu spielen und damit die Lösungsfindung nicht zu erleichtern.

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