DAZ aktuell

Hamburger Apothekerverein: Hoffnung auf praktikable Vermittlungslösung

HAMBURG (tmb). Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuss zum Beitragssatzsicherungsgesetz angerufen. Doch wie könnte eine Vermittlungslösung aussehen? Hier müssten sich die rot-grüne Bundesregierung und die CDU-dominierten Länder einigen. Einen konstruktiven und inhaltlich ausgewogenen Vorschlag, der zugleich das erwartete Abrechnungschaos verhindern würde, präsentierte Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, im Rahmen der Mitgliederversammlung am 27. November in Hamburg. Die bisherigen Signale aus der Politik sprechen für eine reelle Chance auf eine erfolgreiche Vermittlungsarbeit.

Graue kritisierte die überproportionale Belastung der Apotheken durch das geplante Beitragssatzsicherungsgesetz und verwies auf die zahllosen Probleme, die bei der Umsetzung eintreten würden. Die Apotheken müssten weitaus höhere Rabatte abführen als sie selbst erhalten und zudem noch die Rabatte der anderen Handelsstufen kreditieren und eintreiben. Er wies zudem auf die extrem schnelle Entwicklung des Gesetzentwurfes hin, dessen Fassungen zum Teil schon anhand der Uhrzeit unterschieden werden müssten. Dementsprechend wenig Zeit stand für konstruktive Gegenvorschläge zur Verfügung.

Als zu erkennen gewesen sei, dass das ABDA-Modell einer Drehung der Arzneimittelpreisverordnung nicht als Gegenvorschlag angenommen würde, blieb kaum noch Zeit bis zur zweiten und dritten Lesung im Bundestag. In dieser Phase sei in enger Abstimmung zwischen dem Hamburger Apothekerverein und den Kollegen in Hannover eine Alternativregelung erarbeitet worden, die Graue näher vorstellte.

Konzept wie beim Abschlag Ost

Das Modell orientiert sich konzeptionell am Abschlagsmodell, das bei der Wiedervereinigung für die neuen Bundesländer erfolgreich eingesetzt wurde, bezieht sich aber nur auf den GKV-Bereich. Als politisches Einsparziel werden 1,4 Mrd. Euro im gesamten Arzneimittelbereich für 2003 vorausgesetzt, das sind etwa 5,8% der GKV-Arzneimittelausgaben von 24 Mrd. Euro einschließlich Zuzahlung. Dies soll in einer befristeten Lösung in einem Vorschaltgesetz durch eine systemkonforme Rabattkaskade realisiert werden, die sich an den tatsächlichen Wertschöpfungsanteilen der Handelsstufen orientiert. So soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beteiligten berücksichtigt werden.

Dazu wird für jede Wertschöpfungsstufe der Anteil am gesamten Pharmasparbeitrag errechnet (siehe Tabelle). Für die gewünschte Einsparung müssten die Apotheken den Krankenkassen einen Rabatt von 5,8% auf den Apothekenverkaufspreis gewähren. Um unter Berücksichtigung der Degressionsmechanik der Arzneimittelpreisverordnung jede Handelsstufe entsprechend ihrer Wertschöpfung zu belasten, müsste der Großhandel den Apotheken einen Rabatt von 6,77% auf den Großhandelsabgabepreis gewähren. Außerdem müsste die Industrie dem Großhandel 6,77% Rabatt auf den Herstellerabgabepreis einräumen.

Praktikabel und politisch aussichtsreich

Dies könnte additiv zu dem bisher gültigen Abschlag von 6% gemäß § 130 SGB V erfolgen und wäre zeitlich zu befristen. Nach Einschätzung von Graue wäre dieses unkomplizierte Modell technisch leicht durchzuführen und würde nicht zu bürokratischen Schwierigkeiten bei der Abrechnung führen. Das Modell sei Vertretern der Hamburger SPD und der CDU im Detail vorgestellt und dort positiv aufgenommen worden. Er habe die Zusage erhalten, dass die Hamburger Behörde für Gesundheit und Umwelt das Modell in den Vermittlungsausschuss des Bundesrates einbringen werde.

Signal der SPD aus Schleswig-Holstein

Dass innerhalb der SPD keineswegs alle Entscheidungsträger von dem bisherigen Gesetzentwurf überzeugt sind und eine Vermittlungslösung Chancen hätte, zeigt auch eine Reaktion aus Schleswig-Holstein. Das dortige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz veröffentlichte am 28. November eine Pressemitteilung, in der sich die Ministerin Heide Moser (SPD) kritisch mit der Belastung der Apotheken auseinandersetzt. Die Kreditierung und Abrechnung der Rabatte über die Apotheken und ihre administrativen Folgewirkungen sollten noch einmal geprüft werden.

Künftige Entwicklung

Während der Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins ging auch der frühere ABDA-Geschäftsführer Dr. Johannes Pieck in einem Referat auf die aktuelle Entwicklung ein. Er lobte das Einfühlungsvermögen Graues für die politische Situation und das gemeinsame Engagement mit den Kollegen von Kammer und Verband in Niedersachsen. Die Achse der ABDA-Politik habe sich von Berlin aus etwas nach Hamburg und Hannover verschoben.

Auch Pieck kritisierte die vom Bundestag verabschiedete Fassung des Beitragssatzsicherungsgesetzes als enteignungsgleichen Eingriff. Doch eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht würde lange dauern. Die Aussichten für das Verfahren über den Arzneimittelversandhandel vor dem Europäischen Gerichtshof schätze er "halbe, halbe" ein. Doch gehe es dabei letztlich nicht um den Versand, sondern um den Fremd- und Mehrbesitz.

Einen Bericht über die weiteren Inhalte der Mitgliederversammlung, beispielsweise zur Positionierung der Apotheker in der erwarteten Reform des Gesundheitswesens, finden Sie in die-ser DAZ in der Rubrik "Berichte".

Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuss zum Beitragssatzsicherungsgesetz angerufen. Doch wie könnte eine Vermittlungslösung aussehen? Hier müssten sich die rot-grüne Bundesregierung und die CDU-dominierten Länder einigen. Einen konstruktiven und inhaltlich ausgewogenen Vorschlag, der zugleich das erwartete Abrechnungschaos verhindern würde, präsentierte Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, im Rahmen der Mitgliederversammlung am 27. November in Hamburg. Die bisherigen Signale aus der Politik sprechen für eine reelle Chance auf eine erfolgreiche Vermittlungsarbeit.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.