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Es ist nur ein kurzer Zwischenstopp für das Beitragssatzsicherungsgesetz auf dem Weg zum Inkrafttreten, die der Bundesrat herausholen konnte, indem er seine Zustimmung zum Gesetz am 29. November verweigerte. Die Länderkammer beschloss, den Vermittlungsausschuss anzurufen mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzes.

Immerhin eine Atempause, die vielleicht dem einen oder anderen Politiker die Gelegenheit zum Nachdenken und unseren Berufsvertretern die Chance gibt, Vorschläge einzubringen, wie sie z. B. der Apothekerverein Hamburg entwickelt hat (siehe Seite 20). Dieser Vorschlag nach dem Modell des Ostabschlags von 1991 würde es ermöglichen, die Einspar-Belastungen gerechter auf Pharmaindustrie, Großhandel und Apotheken zu verteilen. Die Verschnaufpause könnte auch dafür genutzt werden, für ein Honorarmodell zu werben, bei dem die Apotheker für ihre Beratung bezahlt werden.

Als Begründung für die Überweisung an den Vermittlungsausschuss führte der Bundesrat aus, das Gesetz sei in wesentlichen Punkten gesundheits- und sozialpolitisch verfehlt. Das Gesetz sei nicht geeignet, die desolate Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung zu stabilisieren. Das Gesetz enthalte zudem keine akzeptablen Lösungsansätze, gerade die Maßnahmen im Bereich der Krankenversicherung seien lediglich auf eine kurzfristige Behebung des Defizits gerichtet.

Der Bundesrat stellte außerdem fest, dass mit den vorgesehenen Zwangsmaßnahmen, dem Preisdirigismus und den Wettbewerbsbeschränkungen viele Arbeitsplätze im Gesundheitswesen gefährdet würden. Wie wahr. Warum sehen das nicht die rot-grünen Politiker ein?

Zum weiteren Procedere: Schon am 5. Dezember muss sich der Vermittlungsausschuss mit dem Gesetz beschäftigen. Und hier gibt es bereits Streit über die Zusammensetzung dieses Ausschusses: Rot-grün hat sich durch eine Änderung der Besetzungsmodalitäten bereits eine Mehrheit im Ausschuss gesichert, die Union dagegen Klage angedroht. Auch da liegen also noch Unwägbarkeiten in der Luft.

Läuft dagegen alles nach dem Plan der Regierung, könnte der Bundestag den Einspruch des Bundesrats gegen das Gesetz in seiner Sitzung am 20. Dezember mit einfacher Stimmenmehrheit zurückweisen – das Gesetz würde am 1. Januar 2003 in Kraft treten.

Was dies für alle Betroffenen bedeutet, lässt sich jetzt kaum absehen. Ganz abgesehen von den einschneidenden, zum Teil katastrophalen Folgen für die Apotheken: in der Zeit "zwischen den Jahren" könnten die notwendigen Vorbereitungen zur Umsetzung des Gesetzes nie getroffen werden. Selbst "Experten" sind sich z. B. nicht im Klaren darüber, wie das gesamte Inkassoverfahren, das Apotheken für die Krankenkassen zu leisten haben, technisch zu bewerkstelligen ist, insbesondere die Verrechnungen mit den Rabatten, die der Großhandel geben muss. Ganz abgesehen von der Frage, ob Apotheken als Inkassostelle der Kassen missbraucht werden dürfen.

Aber vielleicht kommt man im Vermittlungsausschuss doch noch zu Sinnen und erkennt, dass dieses liederlich gefertigte Machwerk an Gesetz in der vorliegenden Form ins Chaos führt.

Ob unsere Berufsvertreter mit ihren Alternativvorschlägen überzeugen können, bleibt nur zu hoffen. Die inneren Querelen über die Leistungsfähigkeit unserer Berufsorganisation schwächen unsere Argumente.

Als Ausdruck unserer schwachen Darstellung nach außen, letztlich einer schwachen Berufsvertretung lässt sich auch das werten, was zur Zeit mit dem Medienrummel zur Neuauflage des "Handbuch Selbstmedikation" abläuft. So schafft es eine Stiftung Warentest, mit ideologisch gefärbten Experten eine Bewertung des Selbstmedikationsmarktes als Buchneuauflage herauszugeben und die Bundesgesundheitsministerin dazu zu bringen, bei der Buchpräsentation Werbung für das Werk zu machen.

Der Apotheker als kompetenter Arzneifachmann spielt bei dem Rummel keine Rolle. Nicht einmal als Experte bei der Bewertung des Arzneimittelmarktes oder als Fachmann, der Hilfestellung geben könnte, wird er in diesem Zusammenhang erwähnt. Schlagzeilen wie "Rezeptfreie Arznei taugt häufig nichts" sind – ohne Hinweise auf den Apotheker, der davon abraten und die Spreu vom Weizen trennen könnte – nachteilig für unser Image. Negativmeldungen wie diese werden bestens platziert in Tagesthemen, heute journal und Tageszeitungen.

Wenn es uns Apothekern nur einmal gelungen wäre, ein solches Medienecho hervorzurufen! Selbst unsere Aktion "Initiative Pro Apotheke" hatte einen nur äußerst geringen Niederschlag in den Medien und bei den Berichten über die Berliner Demo gegen das Vorschaltgesetz wurden die Nöte der Apotheken und ihrer Mitarbeiter nicht erwähnt.

Was läuft da falsch in unserer Berufspolitik, in unserer Außendarstellung? Warum werden wir einfach nicht zur Kenntnis genommen?

Peter Ditzel

Zwischenstopp auf dem Weg ins Chaos?

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