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Apothekerkammer Schleswig-Holstein: Kammerpolitik zwischen Sparzwang und Vorscha

Die Folgen des Beitragssatzsicherungsgesetzes, der Haushalt 2003 und die Fortbildungsarbeit waren die Themen der Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein am 20. November in Kiel. Dabei ging es nicht nur um die Arbeit im Land, sondern auch um mögliche Konsequenzen für die ABDA-Spitze und Perspektiven für die Apotheken auf Bundesebene.

Beim Bundesverband der Angestellten in Apotheken (BVA) liefen wegen der jüngsten Kündigungen infolge des Vorschaltgesetzes schon die Drähte heiß, berichtete Monika Oppenkowski, BVA-Bundesvorsitzende und Delegierte in der Kammerversammlung. Vor diesem Hintergrund war ein möglicher Streik der Apothekenmitarbeiter gegen das Gesetz eines der zentralen Themen der Kammerversammlung (siehe Bericht in AZ 48).

Konsequenzen für die ABDA-Spitze?

Außerdem wurde die Arbeit der ABDA im Zusammenhang mit der jüngsten politischen Entwicklung hinterfragt. Die Basis sei wütend, weil die Apotheker weder in der Presse noch in der Politik berücksichtigt würden. Offensichtlich dringe die ABDA-Führung bei den Politikern mit ihren Argumenten nicht durch. Daher sei zu fragen, wie die gleichen Personen im nächsten Jahr bei der anstehenden Diskussion über die "große" Reform des Gesundheitswesens Gehör finden sollen.

Kammerpräsident Volker Articus entgegnete, die derzeitige ABDA-Führung sei kompetent. Der Misserfolg sei nicht den Personen zuzuschreiben, sondern die verantwortlichen Politiker wollten die Argumente nicht hören. Andere Personen an der Spitze der ABDA hätten mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Andere Reaktionen aus der Politik seien nur zu erwarten, wenn die Apothekerschaft dem Versandhandel zustimmen würde.

Dagegen wurde angeführt, Verbandspolitiker müssten nach ihrem Erfolg beurteilt werden. Daher seien personelle Konsequenzen zu ziehen.

Politik auf Landesebene

Nach Auffassung von Articus seien jetzt die Landesebene und die Basis gefragt. Bei der Anhörung im Bundestag hätten 35 Experten nur zweieinhalb Stunden Zeit zur Verfügung gehabt. Dies sei in Schleswig-Holstein anders, die Apotheker seien hier nicht sprachlos und würden zur Gesundheitsministerin Heide Moser (SPD) vordringen. Ihr sei klar, dass die Apotheken das vorgesehene Inkasso nicht abwickeln könnten.

Pleiten und Selbstausbeutung

Justitiar Dr. Stefan Zerres sieht aus juristischer Sicht zwei Möglichkeiten, gegen das Vorschaltgesetz vorzugehen. Einerseits könne das Gesetz an sich über eine Normenkontrollklage oder eine Verfassungsbeschwerde angefochten werden. Andererseits könnten die einzelnen Apotheken gegen die Krankenkassen klagen, wenn sie ein Gesetz anwenden, das möglicherweise verfassungswidrig unter Umgehung des Bundesrates zu Stande gekommen ist.

Articus kritisierte, dass alle Einsparungen bei den Apotheken kumulieren würden. Stattdessen sollte ein Betrag festgeschrieben werden, den die Apotheken aufzubringen hätten. Die jüngsten Änderungen der Rabattstaffel würden kaum eine Entlastung bringen. Durch die hohen Rabatte in der höchsten Preisstufe wären insbesondere Apotheken mit vielen teuren Packungen betroffen. Er rechne mit vielen Apothekenpleiten, doch würden diese sich durch Selbstausbeutung über einen gewissen Zeitraum hinziehen.

Die Apotheken könnten die Rabatte von den Herstellern nicht einfordern, da hier keine Geschäftsbeziehungen bestehen. Problematisch sei auch die Regelung, dass die Krankenkassen bei Unklarheiten nicht zu zahlen bräuchten. Denn angesichts des schwierigen Inkassos seien Unklarheiten vorprogrammiert.

Drohende Liquiditätsprobleme

Kammervizepräsident Holger Iven erwartet, dass die Großhändler ihre Zahlungsziele verkürzen würden, da die Forderungen gegen die Apotheken zunehmend unsicher würden. Dies wirke als Konkursbeschleuniger wie früher in der Bauindustrie. So komme zu den vielen Problemen noch das Liquiditätsproblem hinzu. Bei einer früheren Zahlung des Rechenzentrums müssten die Apotheken dagegen mit einem Abschlag rechnen.

Letztlich würden die Apotheken durch das neue Gesetz so geschwächt, dass sie bei der anstehenden "großen" Reform "zu jedem Frieden bereit" sein müssten. Allerdings seien die Margen der Apotheken dann für Ketten und Versender unattraktiv. Articus erinnerte daran, dass die Apotheken in Schweden so in eine freiwillige Verstaatlichung getrieben wurden, woraufhin die Arzneimittelpreise dort damals enorm anstiegen.

Beitragserhöhung statt Angriff auf die Reserven

Auch die Haushaltsdebatte stand im Zeichen der politischen Entwicklung. Auf Vorschlag des Vorstandes wurde beschlossen, die Betriebsumlage für die Apotheken um 100 Euro pro Jahr zu erhöhen, um den Haushalt zur Deckung zu bringen.

Dr. Peter Heerklotz, Vorsitzender des Haushaltsausschusses, erläuterte den Haushalt, der Ausgaben in Höhe von 1,613 Mio. Euro vorsieht. Der wesentliche Grund für die steigenden Ausgaben liege in dem steigenden Beitrag für die PR-Arbeit der ABDA und in der vorgesehenen umfangreicheren Öffentlichkeitsarbeit auf Landesebene. Außerdem würden die Personalkosten steigen.

Angesichts der politischen Entwicklung wäre es ein schwerer Fehler, jetzt die Reserven anzugreifen. Außerdem seien die Beiträge seit 1996 stabil, und im nächsten Jahr könnte eine Beitragserhöhung nicht mehr durchgesetzt werden. Daher spreche sich auch der Haushaltsausschuss schweren Herzens für die Beitragserhöhung aus.

In der kontroversen Diskussion wurde besonders hervorgehoben, dass die Mehrausgaben für Öffentlichkeitsarbeit wegen der politischen Entwicklung unverzichtbar seien und die Kammer in dieser Zeit eine finanzielle Reserve benötige. Daraufhin entschied sich eine deutliche Mehrheit der Delegierten für die Beitragserhöhung.

Mögliche Sparmaßnahmen

Auf Bitte von Heerklotz erteilte die Kammerversammlung dem Haushaltsausschuss den Auftrag, nach möglichen Einsparungen für die Zukunft zu suchen. Außerdem forderte er den Kammervorstand auf, bei der ABDA auf Einsparungen zu drängen. Die ständig steigenden Personalkosten und die Personalstruktur der ABDA sollten hinterfragt werden.

Zudem stellten die Mitglieder des Haushaltsausschusses die Mitgliedschaft der Kammer im ZL zur Disposition. Damit wäre der Beitrag in Höhe von 48 000 Euro pro Jahr einzusparen. Heerklotz erinnerte an die Geschichte des ZL, das die Laborarbeit der Apotheken durch Analysenzertifikate entlasten sollte. Inzwischen hätten sich die Aufgaben des ZL wesentlich zu Auftragsarbeiten verlagert. Daher sei zu fragen, was das ZL für die große Mehrzahl der öffentlichen Apotheken leiste. Auch die Mitarbeiterzahl und der Raumbedarf seien zu hinterfragen.

Dem wurde vom Vorstand entgegengehalten, die Kammerversammlung sollte nur auf der Grundlage gesicherter Informationen entscheiden. Diese werde Vizepräsident Iven im Dezember bei einer Sitzung des ZL beschaffen. Anschließend solle in einer gemeinsamen Sitzung von Kammervorstand und Haushaltsausschuss überprüft werden, ob das ZL eine langfristige Strategie vorweisen kann, die den Interessen der Kammermitglieder dient. Die Kammerversammlung ermächtigte die Teilnehmer dieser Sitzung, noch in diesem Jahr über eine mögliche Kündigung der Mitgliedschaft der Kammer im ZL zu entscheiden.

Fortbildung in Schleswig-Holstein

Einen weiteren Schwerpunkt der Sitzung der Kammerversammlung bildete der Bericht des Vorsitzenden des Fortbildungsausschusses Priv.-Doz. Dr. Walter Raasch, Lübeck. Demnach unterstützt der Ausschuss die Arbeit der Fortbildungsakademie der Kammer wesentlich und diskutiert über die Auswahl der Referenten. Pro Jahr nimmt im Durchschnitt jedes Kammermitglied an etwa einer Fortbildung teil. Dies entspricht dem Bundesdurchschnitt, doch gehen dabei Einzelvorträge und Kongresse gleichermaßen als eine Veranstaltung ein. In Schleswig-Holstein soll der bestehende Trend zu dezentralen Fortbildungen außerhalb von Kiel weiter verstärkt werden.

Hinsichtlich der Pharmazeutischen Betreuung beklagte Raasch, dass die mit Idealismus propagierten Konzepte im Alltag noch nicht hinreichend umgesetzt würden. Als größtes Problem erweise sich der Kontakt zwischen Ärzten und Apothekern. Daher sollten die Apotheker stärker auf die Ärzte zugehen.

Zum Fortbildungsangebot der Apothekerkammer Schleswig-Holstein gehören die beiden Kongresse in Timmendorfer Strand und Damp. Doch nachdem sich der frühere Fortbildungsbeauftragte Prof. Dr. Albrecht Ziegler aus der Kongressvorbereitung zurückgezogen hat, reichten die Kapazitäten nur noch für einen Kongress. Daher sollte langfristig nur ein Frühjahrskongress in Damp stattfinden. Denn die Teilnehmerzahlen in Timmendorfer Strand sind rückläufig, in Damp steigend. Außerdem sprechen organisatorische und wirtschaftliche Argumente für Damp. Die Kammerversammlung schloss sich dieser Auffassung an. Doch wird es im Frühjahr 2003 noch einen Kongress in Timmendorfer Strand zum Thema Obesitas geben.

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