BVA-Info

Demonstration gegen Arbeitsplatzverluste: Apothekenangestellte gehen auf die Str

Rund 20 000 Arbeitsplätze in Apotheken werden voraussichtlich durch das neue Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) abgebaut werden, wenn dieses in unveränderter Form am 1. Januar 2003 in Kraft tritt. Unter diesem Eindruck fanden vom 15. bis 17. November 2002 in Hannover die Herbstsitzung und die Hauptmitgliederversammlung des Bundesverbandes der Angestellten in Apotheken (BVA) statt.

Spontane Demonstration in Hannover

Zum Auftakt fanden sich am Freitag Mittag in der hannoverschen Innenstadt spontan rund 350 Apothekenangestellte und einige Apothekenleiter ein, um gegen die massive finanzielle Belastung des Apothekenbereiches zu protestieren und die Bevölkerung über die Folgen für ihre Arzneimittelversorgung aufzuklären.

Durch das BSSichG wird der Verwaltungsaufwand in den Apotheken dramatisch ansteigen. Es sieht vor, dass Apotheken als Inkassostelle für alle Zwangsrabatte von Pharmaindustrie, Großhandel und Apotheken gegenüber den Krankenkassen verpflichtet werden. Diese Rabatte werden durch verschlechterte Einkaufsbedingungen faktisch an die Apotheken weitergereicht. Dadurch sinkt der Gewinn vor Steuern einer durchschnittlichen Apotheke um zwei Drittel auf 30 000 Euro.

Hauptmitgliederversammlung des BVA

Die gesundheitspolitische Gesetzgebung stand auch bei den Sitzungen der etwa fünfzig BVA-Aktiven im Vordergrund. An der Diskussion beteiligten sich auch die Ehrengäste: Irmgard Engelke, Ehrenvorsitzende des BVA, und die ehemalige Bundesvorsitzende Magdalene Linz. Neben den aktuellen Entwicklungen ging es vor allem um Zukunftsperspektiven und -visionen des Verbandes. Im Verlauf der Hauptmitgliederversammlung wurden einige richtungsweisende Satzungsänderungen verabschiedet.

Aber immer wieder wurde die Frage aufgeworfen: Ist die bereits anrollende Kündigungswelle unausweichlich – oder eine falsche Panikreaktion der Arbeitgeber. Dazu die BVA-Vorsitzende Monika Oppenkowski: "Alle Apothekenangestellten haben derzeit Angst, auf die Straße gesetzt zu werden. Wir appellieren an die Apothekenleiter, statt dessen gemeinsam mit ihren Teams zu besprechen, wie man mit der Situation am besten umgeht."

BVA akzeptiert keine Nullrunde

Diskutiert wurde auch, welchen Einfluss die Entscheidung der Bundesregierung auf die laufenden Tarifverhandlungen haben wird. Der BVA will in jedem Fall weiter kämpferisch seine Forderung nach einer Gehaltserhöhung vertreten. Eine Nullrunde wird er nicht akzeptieren. Oppenkowski: "Auf alle Angestellte kommen in Zukunft noch stärkere Arbeitsbelastungen zu. Eine Nullrunde wäre in dieser Situation genau das falsche Signal."

Auch hoffnungsvolle Ansätze wie das vom Referenten des LAV Niedersachsen, Apotheker Uwe Hansmann, vorgestellte Modell der wohnortnahen Hausapotheke stehen jetzt unter dem Vorbehalt der wirtschaftlichen Talfahrt der Apotheken. Ergänzungsverträge zwischen Apothekerverbänden und einzelnen Kassen sollten eigentlich der Einstieg sein in die lange geforderte Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen. Aber wie der vorgesehene Service-Mehraufwand für die Patienten bewältigt werden soll, wenn Stellen gestrichen oder gekürzt werden und gleichzeitig der Inkassobetrieb für die verschiedenen Rabatte Arbeitskraft bindet, ist noch nicht abzusehen.

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Jede fünfte Arbeitsstelle in öffentlichen Apotheken ist akut bedroht. Monika Oppenkowski

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Neben den Kündigungen wird es auch zu einem Apothekensterben kommen. Für die Patienten heißt das, längere Wege in Kauf nehmen zu müssen. Das wird die Versorgung besonders auf dem Land verschlechtern. Monika Oppenkowski

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Natürlich sind auch die Apothekenangestellten bereit, ihren Beitrag zur Sicherung der gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten. Aber dieser Beitrag muss angemessen sein. Wenn 80 Prozent der Einsparungen im Arzneimittelbereich von den Apotheken geleistet werden sollen, ist dies völlig unangemessen. Monika Oppenkowski

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Die Kündigungswelle ist schon angelaufen. Weil die Personaldecke in Apotheken ohnehin zum Zerreißen dünn ist, werden die Apothekenkunden deutlich zu spüren bekommen, dass kaum noch Zeit für eine persönliche Beratung bleibt. Damit steigt ihr gesundheitliches Risiko. Monika Oppenkowski

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