Berichte

Großer Fortbildungskongress in Belgrad

Die jugoslawische pharmazeutische Gesellschaft veranstaltet alle vier Jahre einen wissenschaftlichen Kongress mit Plenar- und Diskussionsvorträgen sowie einer Posterpräsentation. Der Einladung zum 3. Kongress vom 29. Oktober bis 2. November sind mehr als 2000 [!] Apothekerinnen und Apotheker aus allen Bereichen der Pharmazie gefolgt. Durch die Einladung von fünf Plenar-Rednern aus dem Ausland erfuhr der Kongress auch internationale Aufmerksamkeit.

Nach der Eröffnung des Kongresses durch die Präsidentin der jugoslawischen pharmazeutischen Gesellschaft, Frau Mr. Ph. Liljana Ivanovic, und die Präsidentin des wissenschaftlichen Komitees, Frau Prof. Dr. Ivanka Miletic, sprach der Generalsekretär der FIP, Dr. C. Hitchings aus den Niederlanden, zu den Aufgaben und Zielen der FIP im Rahmen der Globalisierung sowie zu den Chancen und Möglichkeiten der Apotheken in der Zukunft.

Plenarvorträge: Von Technologie bis Phytotherapie

Prof. Dr. Attila Hincal, Ankara, referierte zum Thema ,,Advanced Drug Delivery Systems: Current State and Future Prospects" und stellte dabei die Wirkungsweise moderner Formulierungsmöglichkeiten wie Mikro- und Nanopartikel, Mikroemulsionen, Lipo- und Niosomen vor. Er erklärte, dass durch geeignete neue galenische Formulierungen sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit von Arzneimitteln erhöht werden kann.

Dr. Kees van Grootheest, der Generaldirektor des niederländischen Pharmakovigilanz-Zentrums LAREP in Hertogenbosch, sprach mit dem Thema "Monitoring of Adverse Drug Reactions and the Role of the Pharmacist" die Möglichkeiten an, unerwünschte Arzneiwirkungen (ADRs) in enger Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft zu erfassen. Kees van Grootheest betonte vor allem, dass die gemeldeten ADRs anschließend sorgfältiger auf Co-Medikationen und Begleitumstände analysiert werden müssten, als dies derzeit häufig der Fall ist, und dass man mit Aussagen bezüglich eines direkten Zusammenhangs zwischen Arzneimitteln und den beobachteten Phänomenen vorsichtig umgehen sollte.

Prof. Dr. Jean-Michel Kauffmann, Brüssel, sprach zum Thema "Biosensors: Unique Tools in the Pharmaceutical Era" und stellte dabei viele neue Biosensoren vor, die einerseits dem Patienten eine bessere individuelle Dosierung von Arzneistoffen (z. B. Insulin) ermöglichen und andererseits die Möglichkeit einer exakteren Diagnose bieten. Der Apotheker spielt eine große Rolle bei der Interpretation der Ergebnisse, falls Patienten die Tests ohne ärztliche Konsultation vornehmen. Er trägt in diesem Fall wesentlich dazu bei, falsche Rückschlüsse seitens der Patienten zu vermeiden.

Prof. Dr. Heinz Schilcher, München, sprach zum Thema: "Rational Phytotherapy and Classical Medicine" und erläuterte dabei zunächst, was unter "rationaler Phytotherapie" zu verstehen sei, ohne dabei jedoch die verschiedenen anderen Möglichkeiten der Anwendung pflanzlicher Arzneimittel zu diskriminieren. Aus medizinischer Sicht und didaktischen Gründen nahm er eine Unterteilung vor in

  • Rationale Phytotherapie (erstattungsfähig),
  • Traditionelle Phytotherapie (nicht erstattungsfähig; vorwiegend in der Selbstmedikation eingesetzt),
  • Alternative Phytotherapie (nicht erstattungsfähig; dazu zählen Bachblütentherapie, Aromatherapie, Hildegard-Medizin, Paracelsus-Medizin u. a.),
  • Transkulturelle Phytotherapie (nicht erstattungsfähig; dazu zählen TCM, Ayurveda, Kampo-Medizin u. a.).

Totale Ablehnung seitens des Autors erfuhren die pflanzlichen "Food Additives" bzw. die pflanzlichen "Dietary Supplements", die in immer größerer Zahl auf den Markt kommen.

Das breite Spektrum der pharmazeutischen Wissenschaften wurde auf dem Kongress in 60 Diskussionsvorträgen, unterteilt in neun Sektionen, abgehandelt, wobei besonders hervorzuheben ist, dass von den meist in serbischer Sprache vorgetragenen Referaten Abstracts in englischer Sprache in den beiden Kongressbänden (Arhiv za Pharmaciju 52, Nr. 3 – 4, 2002) nachzulesen sind. Ergänzt wurden die wissenschaftlichen Vorträge durch 220 Poster.

Nachhaltige Impressionen

Für den ausländischen Beobachter war bemerkenswert, dass rund 80 Prozent der Teilnehmer Apothekerinnen waren und ebenfalls rund 80 Prozent der Professoren und Dozenten der Pharmazeutischen Fakultät weiblichen Geschlechts sind. Die weiblichen Pharmaziestudierenden sind mit ca. 90 Prozent gegenüber ihren männlichen Kollegen deutlich in der Überzahl. Das Pharmaziestudium dauert in Jugoslawien fünf Jahre.

Bemerkenswert war ebenfalls die hervorragende Organisation des großen Kongresses, beginnend bei der reibungslosen Registrierung der mehr als 2000 Teilnehmer, der technischen Ausstattung der Vortragssäle, der Betreuung durch fünfzig, in schicke Anzüge gekleidete Studentinnen und Studenten, bis hin zum closing-dinner mit rund 2500 Teilnehmern, das trotz der großen Teilnehmerzahl stimmungsvoll war. Nicht zuletzt trug der serbische Nationaltanz, der in großem Kreis bei angefassten Händen getanzt wird, zur menschlichen Verständigung bei.

Besonders möchte ich die herzliche Gastfreundschaft erwähnen, die uns durch unsere "Betreuerin", Frau Prof. Dr. Nada Kovacevic, während unseres gesamten Aufenthalts zuteil wurde.

Die jugoslawische pharmazeutische Gesellschaft ist sowohl aus wissenschaftlicher und standespolitischer Sicht als auch im Hinblick auf die internationale Verständigung zu ihrem 3. Kongress zu beglückwünschen.

Weitere Informationen unter www.fdscongresspharm.org.yu/sr/prijavaradova.htm

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