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Acrylamid: Antworten auf häufig gestellte Fragen

Seit einiger Zeit kursieren Berichte über die Belastung von stärkehaltigen Lebensmitteln mit dem Kunststoff Acrylamid in den Medien. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat hierzu eine Stellungnahme veröffentlicht. Ebenfalls hat sich das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz mit der Thematik beschäftigt und die häufigsten Fragen und Antworten zu Acrylamid in Lebensmitteln zusammengestellt.

Was ist Acrylamid?

Acrylamid (H2C = CH-CO-NH2) ist ein Kunststoffmonomer und wird überwiegend für die Herstellung von Bedarfsgegenständen sowie in der Papier- und Verpackungsindustrie eingesetzt. Dass Acrylamid aus der Verpackung in das Lebensmittel übertreten kann (so genanntes "migrieren"), ist bekannt. Laut der Bedarfsgegenstände-Verordnung ist ein spezifischer Migrationswert von unter 10 µg/kg vorgeschrieben.

In die Schlagzeilen geriet Acrylamid im April dieses Jahres aufgrund einer Veröffentlichung schwedischer Wissenschaftler. In dieser Veröffentlichung wurde beschrieben, dass Acrylamid nicht nur über den Weg Verpackung, sondern auch bei starker Erhitzung von kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Kartoffeln und Getreideprodukten entstehen kann. Zwar ist auch dieser Zusammenhang bereits seit längerem bekannt, überraschend waren jedoch die relativ hohen Konzentrationen, in denen Acrylamid in der schwedischen Studie in erhitzten Lebensmitteln gefunden wurde.

Wann entsteht Acrylamid in Lebensmitteln?

Der Mechanismus, wie Acrylamid in den Lebensmitteln entsteht, ist noch unklar. Bekannt ist, dass durch starkes Erhitzen Fett in Glycerin und Fettsäuren gespalten wird. Wissenschaftler vermuten, dass dieses Glycerin bei hohen Temperaturen weiter zu Acrolein, einer Vorstufe des Acrylamids, umgewandelt werden kann. Auch bei starker Erhitzung von Kohlenhydraten allein können Vorstufen für Acrolein gebildet werden. Acrolein reagiert weiter mit Ammoniak zu Acrylamid. Ammoniak stammt aus Reaktionen, die während der Erhitzung und Bräunung von eiweiß- und kohlenhydrathaltigen Lebensmittel ablaufen.

Eine entscheidende Rolle spielt wahrscheinlich auch der Wasseranteil in den Lebensmitteln. Je höher er liegt, desto weniger Acrylamid entsteht. Beim Kochen von Lebensmitteln entsteht daher nach bisherigem Kenntnisstand kein Acrylamid. Es wird jedoch beim Backen, Braten, Grillen und Frittieren, zum Beispiel bei der Herstellung von Pommes frites, Chips, Knäckebrot und Keksen, gebildet.

Die Entstehung von Acrylamid ist offenbar von der Temperatur und der Zeitdauer abhängig. Einige Studien haben gezeigt, dass die Bildung bei ca. 120 °C beginnt und bei 185 °C ein Maximum erreicht. Andere Studien wiederum kamen zu dem Ergebnis, dass die Acrylamidbildung mit steigender Temperatur weiter zunimmt. Je länger und je heißer also Kartoffelstücke oder Pommes frites frittiert werden, desto höher dürfte auch ihr Acrylamid-Gehalt liegen.

In welchen Lebensmitteln wurde Acrylamid gefunden und wie hoch sind die

Belastungen? Wie die schwedische Behörde für Lebensmittelsicherheit berichtete, wurden im Rahmen der Studie mehr als 100 Lebensmittel untersucht. Die Werte variierten dabei von unter 30 µg Acrylamid pro kg Lebensmittel bis über 1200 µg/kg. Besonders hoch waren die Werte von Kartoffelchips, die über 1000 µg/kg lagen. Auch Pommes frites und andere Produkte, die frittiert, gegrillt, geröstet, bei hohen Temperaturen gebraten oder gebacken wurden wie Kräcker, Popcorn, Kekse, verschiedene Frühstückscerealien und einige Sorten von Knäckebrot, enthielten zwischen 100 und 1000 µg/kg Acrylamid.

Andere Gerichte, die nur bei mäßiger Hitze gebacken oder gebraten wurden wie Pizza, Pfannkuchen, Hackfleisch, Fischstäbchen oder Gemüsegratins lagen unter 50 µg/kg. Kartoffeln, Reis, Nudeln oder Mehlspeisen in gekochter Form wiesen nur geringe Mengen an Acrylamid (< 30 µg/kg) bzw. kein Vorkommen auf.

In Deutschland wurde Acrylamid bisher in folgenden Lebensmitteln nachgewiesen (Stand Oktober 2002):

  • Backwaren (Brot, Kleingebäck): 30 – 120 µg/kg,
  • Biskuitwaren: 10 – 19 µg/kg,
  • Butterkekse: 163 – 1090 µg/kg,
  • Zwieback: unter 100 µg/kg,
  • Knäckebrot: 30 – 2055 µg/kg,
  • Frühstückszerealien: 30 – 370 µg/kg
  • Kartoffelchips: bis zu 3680 µg/kg, die Mehrzahl zwischen 1000 und 1500 µg/kg,
  • Erdnussflips, Tortillachips: 30 – 184 µg/kg,
  • Popcorn: 416 µg/kg,
  • Pommes frites: bis zu 3920 µg/kg.

Wie gefährlich ist Acrylamid für den Menschen?

Wie Acrylamid beim Menschen wirkt, ist wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt. Aufgrund von Tierversuchen wird Acrylamid jedoch als möglicherweise krebserregend und erbgutschädigend angesehen. Ein wissenschaftlich begründeter Schwellenwert für diese Wirkungen kann derzeit noch nicht abgeleitet werden.

Erkenntnisse, dass häufiger Verzehr z. B. von Pommes oder Chips in Zusammenhang mit einer größeren Krebswahrscheinlichkeit stehen könnte, gibt es nicht. Da Acrylamid aber in Lebensmitteln im Vergleich zu anderen krebsverdächtigen Substanzen teilweise in relativ hohen Konzentrationen gefunden wurde, ist unabhängig von der weiteren wissenschaftlichen Erforschung eine Minimierung der Belastung als vorbeugender Verbraucherschutz unbedingt notwendig.

Was geschieht, um die Verbraucher vor Acrylamid zu schützen?

Im Sommer wurde von Bund und Ländern gemeinsam ein dynamisches Konzept entwickelt, um die Acrylamid-Belastung in Lebensmitteln zu minimieren. Dieses Konzept basiert auf so genannten Signalwerten, die aus den Untersuchungsergebnissen abgeleitet wurden. Diese Signalwerte liegen je nach Lebensmittel bei 250 bis 1000 µg/kg.

Wird bei einem Lebensmittel eine Überschreitung des Signalwertes festgestellt, so wird der betroffene Lebensmittelhersteller von den Lebensmittelüberwachungsbehörden informiert und zu geeigneten Minimierungsmaßnahmen (etwa geänderte Temperaturen) angehalten. Die Maßnahmen und der Erfolg werden nachkontrolliert. Ziel ist es, die Belastung der Bevölkerung deutlich zu senken. Parallel dazu wird die Forschung an Acrylamid vorangetrieben.

Wie kann man als Verbraucher die Aufnahme von Acrylamid verringern?

Generell gilt, dass eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährungsweise die beste Möglichkeit ist, größere Belastungen zu verhindern. Daher sollte man einseitige Ernährung, vor allem mit stark betroffenen Lebensmitteln, meiden. Angebrannte bzw. stark gebräunte Pommes, Chips oder Bratkartoffeln sollte man nicht verzehren. Dies gilt vor allem auch für Kinder.

Was sollte man bei der Zubereitung von Lebensmitteln beachten?

Wer ganz sicher gehen will, kann auf die Zubereitungsarten verzichten, bei denen Acrylamid entsteht. Ansonsten gilt: Beim Braten, Backen und Frittieren sollten möglichst niedrige Temperaturen und kurze Garzeiten gewählt werden. Eine starke Bräunung oder gar ein Anbrennen sollte vermieden werden. Im Backofen sollten 200 °C nicht überschritten werden, in der Friteuse 175 °C (externes Fettthermometer verwenden).

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