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Anhörung im Gesundheitsausschuss: ABDA warnt vor Existenzvernichtung unter Apot

BONN (im). Das neue Vorschaltgesetz von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wird rund 20 000 Arbeitsplätze im Apothekensektor vernichten, betroffen wären vor allem Frauen. Käme dieses so genannte Beitragssatzsicherungsgesetz in der vorliegenden Form, werden im Gesundheitssektor speziell die Pharmazeuten überproportional und völlig einseitig getroffen, warnten Hans-Günter Friese und Dr. Frank Diener von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) am 12. November in Berlin.

Dort unterbreiteten sie bei der Anhörung des Bundestags-Gesundheitsausschusses zum geplanten Spargesetz den Alternativvorschlag der Drehung der Arzneimittelpreisverordnung, mit der die gesetzlichen Krankenkassen zwischen 2003 und 2006 insgesamt 4,3 Milliarden Euro sparen könnten (siehe Kasten auf Seite 24).

Friese, Präsident der ABDA, und Diener, Geschäftsführer beim Apothekendachverband, lehnten das Gesetz in dieser Form kategorisch ab.

Der Sparhammer

Wie berichtet, sieht das Vorschaltgesetz die Erhöhung des Krankenkassenabschlags und eine preisabhängige Staffelung der Abschläge der Apotheken vor, zudem soll der Großhandel künftig den Krankenkassen Rabatte gewähren. Darüber hinaus müssen die pharmazeutischen Unternehmen, sollte das Gesetz so im Bundestag verabschiedet werden, den Kassen einen Abschlag von sechs Prozent des Herstellerabgabepreises gewähren, den die Apotheken einziehen sollen.

"Ohne Augenmaß"

Nach Darstellung von Friese und Diener wird durch das Vorschaltgesetz übereilt und ohne Augenmaß in den Apothekenbereich eingegriffen. Strukturelle Ansätze fehlten dagegen. Sie kritisierten, dass von den geplanten 1,5 Milliarden Euro an Einsparungen im Pharmabereich gleich 1,2 Milliarden Euro bei den Apotheken hereingeholt werden, was den zu versteuernden Gewinn pro Apotheke um 50 000 Euro reduziere.

Angesichts der Nullrunden in anderen Bereichen – bekanntlich sollen bei Ärzten und in Krankenhäusern die Ausgaben auf dem Niveau von 2002 eingefroren werden – sei es eine Ungleichbehandlung, wenn bei den Apotheken die zu versteuernden Einkommen gleich halbiert würden. Die massive Reduzierung des Einkommens der Leiter zwinge diese zu Stellenabbau.

Noch mehr Kassenabschlag

Mit den jüngsten Maßnahmen erhöht sich der Kassenzwangsrabatt der Apotheken den ABDA-Berechnungen zufolge insgesamt auf 500 Millionen Euro. Der im Gesetzentwurf genannte Sparbetrag von 350 Millionen Euro pro Jahr sei falsch, hieß es. Mit der neuen Fassung des Sozialgesetzbuches V (§ 130) soll der Kassenabschlag nach Arzneimittelabgabepreisen gestaffelt erhöht werden.

Das ist nach Auffassung des Apothekendachverbands existenzvernichtend, ohne dass eine Rechtfertigung für solch weitreichende Eingriffe bestehe. Die ABDA bezweifelt daher, ob dies verfassungsrechtlich haltbar ist. Der gestaffelte Abschlag sei im übrigen auch nicht pünktlich umzusetzen.

Werde diese Regelung Realität, dann müsste künftig gegenüber jeder einzelnen Kasse bei der Rechnungslegung der Anteil der Arzneiumsätze auf die verschiedenen Rabattstufen dargelegt werden. Es sei zudem nicht gerechtfertigt, das nicht zeitlich zu befristen.

Völlig neues Inkassoverfahren

Die ABDA lehnt es darüber hinaus ab, dass die Apotheken in den neuen sechsprozentigen Rabatt (des Herstellerabgabepreises), den die pharmazeutischen Unternehmen den Kassen künftig gewähren sollen, eingebunden werden.

Diese Rabatte sollten Kassen und Firmen unter sich abrechnen, was einfach und schnell sei und auch nur die belaste, die bei diesem Verfahren involviert seien. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Offizinen hier für das Inkasso eines Rabattes das wirtschaftliche Risiko tragen sollten. Würde das den Apotheken auferlegt, müssten sie ein völlig neues Inkassoverfahren gegenüber den pharmazeutischen Großhandlungen und den Firmen aufbauen, was wegen der entsprechenden Kosten einseitig bei den Offizinen hängen bleibe, so die Kritik.

Hohe Belastungen

Noch höhere Belastungen als im Gesetzentwurf beziffert fürchtet die ABDA im übrigen bei den neuen Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Diese würden 730 Millionen Euro und nicht wie vom Ministerium ge-schätzt 600 Millionen Euro erreichen. Angesichts des Gesamtgewinns des Großhandels unter 250 Millionen Euro vor Steuern pro Jahr steht für die Apothekenvertretung fest, dass diese Sparmaßnahme von den Großhändlern auf die Offizinen weitergewälzt wird.

Negative Folgen

Die ABDA rechnet vor, dass anstelle der erhofften Milliardeneinsparung im Pharmasektor nur 135 Millionen Euro zu erzielen sind, wenn sämtliche volkswirtschaftliche Folgen bedacht werden. Zum Beispiel werde sich als Folge der niedrigeren Umsätze die Zahlung der Mehrwertsteuer um 255 Millionen Euro, die Gewerbesteuer um neun Millionen Euro und die Einkommenssteuer der Apothekenleiter um 611 Millionen Euro verringern.

Allein dadurch ergäben sich direkte Steuerverluste in Höhe von 875 Millionen Euro. Hinzu kämen noch geringere Einkommensteuerzahlungen der Angestellten in Apotheken (86 Mio. Euro) und sinkende Sozialversicherungsbeiträge (95 Mio. Euro), zugleich stiegen wegen der Jobverluste die Aufwendungen für Arbeitslosengeld (290 Mio. Euro).

Kasten ABDA Alternative zu Schmidts Sparknüppel

Anstelle der drastischen Eingriffe bei den Offizinen, die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) plant, und die rund 20 000 Arbeitsplätze im Apothekensektor zu vernichten drohen, schlägt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) erneut die Drehung der Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) vor.

In der schriftlichen Stellungnahme unter Federführung ihres Hauptgeschäftsführers Professor Rainer Braun für die Anhörung zu den jüngsten Gesetzentwürfen im Gesundheitsausschuss des Bundestags heißt es dazu, die Spannen der Apotheken im hochpreisigen Bereich sollten gesenkt und im verlustträchtigen niedrigpreisigen Sektor erhöht werden. Die gesetzlichen Kassen könnten so allein im Jahr 2003 850 Millionen Euro sparen.

In den Folgejahren ergäben sich als Einsparung eine Milliarde Euro in 2004, 1,15 Milliarden in 2005 und 1,2 Milliarden Euro in 2006. Insgesamt würden die Kassen so um 4,3 Milliarden Euro zwischen 2003 und 2006 entlastet, wovon 2,7 Milliarden die Apotheken und Großhandlungen trügen und 1,6 Milliarden Euro auf die Selbstzahler entfielen.

Kasten Schmidts Spargesetz Nicht ohne die Länder

Dem neuen Vorschaltgesetz mit seinen drastischen Eingriffen in den Apothekensektor muss der Bundesrat zustimmen. Die Zustimmungspflicht der Länderkammer belegt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in ihrer schriftlichen Stellungnahme zum Gesetzentwurf.

Dort führt die ABDA unter anderem aus, dass Verwaltungsverfahren geändert werden. So werde eben nicht lediglich der bestehende Kassenzwangsrabatt der Apotheken erhöht, sondern vielmehr ein völlig neues Abschlags- und Rabattsystem mit entsprechendem Kontrollaufwand eingeführt. Neu seien beispielsweise auch die zusätzlichen Rabattregelungen auf der Hersteller- und Großhandelsebene, die zusätzliche Kontrollen der Kassen erforderten. Dass Unternehmen und Krankenkassen Vereinbarungen über Rabatte treffen sollten, käme zum ersten Mal.

Die Zustimmungspflicht ergibt sich nach Ansicht der ABDA auch aus dem Eingriff in bestehende Rechte des Bundesrats. Denn nach dem Arzneimittelgesetz (§ 78) könne die Länderkammer zur Zeit über die Zustimmung etwa zu Änderungen an der Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) über die Preisspannen der Apotheken mitbestimmen. Das werde durch den neuen Gesetzentwurf umgangen, der die AMpreisV faktisch ändere.

Das neue Vorschaltgesetz von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wird rund 20 000 Arbeitsplätze im Apothekensektor vernichten, betroffen wären vor allem Frauen. Käme dieses so genannte Beitragssatzsicherungsgesetz in der vorliegenden Form, werden im Gesundheitssektor speziell die Pharmazeuten überproportional und völlig einseitig getroffen, warnten Hans-Günter Friese und Dr. Frank Diener von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) am 12. November in Berlin.

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