Arzneimittel und Therapie

Phytotherapie aktuell: Metaanalyse verschiedener Johanniskraut-Studien sorgt fü

Die Diskussion um das Interaktionspotenzial von Johanniskraut-Präparaten hat zur Forderung geführt, den Hyperforin-Gehalt standardisierter Extrakte auf unter 1% zu begrenzen. Dass man damit vor allem die antidepressive Wirksamkeit ausschaltet, konnte kürzlich anhand einer Metaanalyse gezeigt werden. Denn Hyperforin wird heute als der wichtigste wirksame Inhaltsstoff angesehen.

Phytotherapie gemäß den Kriterien der Evidenz-basierten Medizin (EBM) ist bei den Johanniskraut-Extrakten gewährleistet. Die Hypericum-Präparate verfügen nach rund zehn Jahren intensiver klinisch-pharmakologischer Forschung über eine gesicherte Datenlage: Der antidepressive Effekt des Extraktes konnte einerseits in sämtlichen Modellen bestätigt werden, die bei synthetischen Antidepressiva zum Einsatz kommen; andererseits ließ sich die Wirksamkeit im Rahmen von randomisierten klinischen Studien objektivieren.

Nachdem die Cochrane Collaboration international anerkannte Standards gesetzt hat, wurden auch die Studien mit Hypericum nach diesen strengen Maßstäben beurteilt. Eine Übersicht stammt von Linde [Linde, K. et al.: St John's Wort for Depression – an Overview and Meta-analysis of Randomized Clinical Trails, Brit. Med. J. 313, 253 – 258 (1996)]: Diese Gruppe konnte zeigen, dass Johanniskraut-Extrakt bei leichten bis mittelschweren Depressionen wirksam ist.

Hyperforin und Interaktionen

Da unter der Behandlung mit Johanniskraut-Extrakt verschiedene Arzneimittelinteraktionen auftreten können, von denen einige klinisch relevant sind, wurden entsprechende Hinweise in die Fach- und Patienteninformationen aufgenommen. Aufgrund von In-vitro-Daten kam Hyperforin in den Verdacht, der für das Interaktionspotenzial allein verantwortliche Inhaltsstoff zu sein.

Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen, da auch andere Hypericum-Inhaltsstoffe wie z. B. Hypericin und Biapigenin auf bestimmte Isoenzyme des Cytochromoxidase-Systems teils induzierende, teils hemmende Effekte ausüben. Daher scheint es fragwürdig, eine Begrenzung des Hyperforin-Gehaltes standardisierter Extrakte auf < 1% vorzuschlagen, wie dies bei einem Symposium in Münster im März 2002 geschehen ist.

Rolle von Hyperforin – eine aktuelle Metaanalyse

Daraufhin wurde eine Metaanalyse durchgeführt und geprüft, was Hypericum-Extrakte mit mehr als 1% Hyperforin und solche mit weniger als 0,5% des antidepressiven Hauptwirkstoffs in klinischer Hinsicht leisten. Um Diskussionen wegen methodischer Mängel der älteren Untersuchungen von vornherein aus dem Weg zu gehen, wurden nur Studien herangezogen, die nach 1996 publiziert wurden. Nach der kritischen Beurteilung von Qualität und Validität erfolgte eine Metaanalyse im Hinblick auf die antidepressive Response.

In insgesamt zehn randomisierten klinischen Studien mit 1735 Patienten wurden fünf verschiedene Hypericum-Präparate mit mindestens 1% Hyperforin plazebokontrolliert geprüft. In der Metaanalyse zeigte sich eine gute Evidenz für die antidepressive Wirksamkeit von Extrakten mit dem höheren Hyperforin-Gehalt. Lediglich in zwei Studien mit insgesamt 257 Patienten hatte man Präparate mit einem Hyperforingehalt < 0,5% vs. Plazebo untersucht. Doch diese waren aufgrund erheblicher Heterogenität nicht für eine Metaanalyse geeignet.

Somit lässt sich ein Wirksamkeitsnachweis für Extrakte mit einem Hyperforingehalt über 1% auf höchster Evidenzstufe führen, während ein derartiger Nachweis für hyperforinarme Extrakte noch aussteht. Bei einer Begrenzung des Hyperforin-Gehaltes würde man Gefahr laufen, dass für die Behandlung von leichten bis mittelschweren Depressionen keine Johanniskraut-Extrakte mehr verfügbar sind, die eine ausreichende Wirksamkeit aufweisen.

Kastentext: Cochrane Collaboration

Die Cochrane Collaboration, benannt nach dem britischen Epidemiologen Archie Cochrane, ist ein weltweites Netz von Wissenschaftlern und Ärzten. Ziel ist, systematische Übersichtsarbeiten zur Bewertung von Therapien zu erstellen, aktuell zu halten und zu verbreiten. Als Basis gelten alle zur Verfügung stehenden Daten zu einer Fragestellung, damit ein objektives Bild zu einer Therapie gezeichnet werden kann.

Die Cochrane Library selbst enthält mehrere Datenbanken. Eine davon, die Cochrane Database of Systematic Reviews, enthält die Cochrane Reviews, eine andere, das Cochrane Controlled Trials Register, ist eine bibliographisch zusammengestellte Datenbank kontrollierter Studien. Weitere Datenbanken enthalten Abstracts von systematischen Reviews, die von Reviewern wie auch von Zeitschriften kritisch geprüft wurden.

Die Cochrane Methodology Database enthält wissenschaftliche Artikel zur Methodik von einzelnen Forschungsergebnissen. Die Cochrane Collaboration ist eine Non-Profit-Organisation. Die Cochrane-Zentren werden unterstützt von Gesundheitsbehörden, Universitäten oder von wissenschaftlichen Fonds.

Quelle

Dr. M. Berner, Freiburg: "Wirksamkeitsdokumentation von Johanniskraut-Extrakt – Fakten und Schlussfolgerungen aus einer aktuellen Metaanalyse" auf der Fachpressekonferenz "Johanniskraut – Wirkung und Wirksamkeit auf dem Prüfstand", 27. September 2002, Frankfurt/M., veranstaltet von der Dr. Willmar Schwabe Arzneimittel GmbH, Karlsruhe.

Die Diskussion um das Interaktionspotenzial von Johanniskraut-Präparaten hat zur Forderung geführt, den Hyperforin-Gehalt standardisierter Extrakte auf unter 1% zu begrenzen. Dass man damit vor allem die antidepressive Wirksamkeit ausschaltet, konnte kürzlich anhand einer Metaanalyse gezeigt werden. Denn Hyperforin wird heute als der wichtigste wirksame Inhaltsstoff angesehen. 

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