Arzneimittel und Therapie

Nierentransplantation: Tacrolimus oder Ciclosporin?

Nach einer Nierentransplantation ist eine Immunsuppression erforderlich, damit das neue Organ nicht abgestoßen wird. Im Vergleich zwischen dem Klassiker Ciclosporin in einer neuen galenischen Zubereitung als Mikroemulsion und Tacrolimus konnten mit Tacrolimus bessere Ergebnisse erzielt werden. Diese betrafen sowohl das Verhindern von Abstoßungsreaktionen als auch das Nebenwirkungsprofil.

Zu den Standardtherapeutika nach einer Nierentransplantation zählen Ciclosporin (Cicloral®, Sandimmum®) oder Tacrolimus (Prograf®), die zusammen mit Azathioprin und Steroiden Abstoßungsreaktionen verhindern sollen. Vor gut fünf Jahren wurden Ciclosporin und Tacrolimus in verschiedenen Studien miteinander verglichen, wobei das neuere Tacrolimus dem älteren Ciclosporin überlegen war.

Zu diesem Zeitpunkt lag Ciclosporin indes nur in seiner alten galenischen Zubereitung vor, deren Bioverfügbarkeit relativ gering und zudem durch große individuelle Schwankungen gekennzeichnet ist. Die neuere galenische Zubereitung von Ciclosporin, eine Mikroemulsion des Immunsuppressivums, die eine höhere Bioverfügbarkeit aufweist, wurde nun in einer aktuellen Studie mit Tacrolimus verglichen.

Studie mit Transplantatempfängern

An der Studie nahmen 557 Patienten im Alter von 18 bis 60 Jahren an 50 verschiedenen europäischen Transplantationszentren teil. Nach der erfolgreichen Nierentransplantation erhielten 286 Patienten Tacrolimus (Prograf®), 271 Studienteilnehmer Ciclosporin in einer Mikroemulsion (Sandimmun optoral®). Zusätzlich nahmen alle Patienten Azathioprin und Corticosteroide ein. Die Baseline-Charakteristika der Studienteilnehmer waren ähnlich und miteinander vergleichbar. Primäre Studienendpunkte waren akute Abstoßungsreaktionen innerhalb von sechs Monaten und die Dauer bis zur Abstoßungsreaktion.

Weniger Abstoßungsreaktionen unter Tacrolimus

Unter einer Tacrolimustherapie traten deutlich weniger Abstoßungsreaktionen auf als nach Einnahme von Ciclosporin. So erlitten 56 Patienten (19,6%) der Tacrolimusgruppe und 101 Patienten (37,3%) der Ciclosporingruppe eine akute, durch Biopsie bestätigte Abstoßungsreaktion. Die Zahl cortisonresistenter Abstoßungen war unter Tacrolimus ebenfalls geringer als unter Ciclosporin [27 (9,4%) vs. 57 (21,0%)]. Bei einem mit Tacrolimus behandelten Patienten wurde aufgrund von Abstoßungsreaktionen das Regime geändert und mit Ciclosporin weiterbehandelt. In der Ciclosporingruppe war bei 27 Patienten eine Änderung des Therapieregimes (ein Wechsel auf Tacrolimus) notwendig.

Keine signifikanten Unterschiede wurden nach sechs Monaten im Hinblick auf das Überleben der Patienten (99,3% in der Tacrolimus-, 98,5% in der Ciclosporingruppe), bezüglich des Verlustes der neuverpflanzten Niere (5,2% in der Tacrolimus-, 8,1% in der Ciclosporingruppe) oder bei renalen Funktionen festgestellt.

Die Rate unerwünschter Wirkungen war in beiden Gruppen ähnlich; unter Ciclosporin traten Hypertonie und Hypercholesterinämie häufiger auf; die Einnahme von Tacrolimus führte häufiger zu Tremor, Thrombosen und Hypomagnesiämie.

Klinische Bedeutung

Innerhalb der sechs Studienmonate zeigte die Therapie mit Tacrolimus Vorteile gegenüber der Ciclosporinbehandlung. Dies betrafen vor allem die Episoden akuter Abstoßungsreaktionen und das Ansprechen auf eine Cortisontherapie. Da akute Abstoßungsreaktionen ein Risiko für chronische Abstoßungen und letztendlich für den Verlust der Niere darstellen, ist das Ergebnis dieser Studie klinisch und wirtschaftlich bedeutsam.

Kasten Ciclosporin

Ciclosporin ist ein hydrophobes zyklisches Polypeptid aus 11 Aminosäuren, das von dem Pilz Tolypocladium inflatum gebildet wird. Ciclosporin unterdrückt humorale und zelluläre Immunantworten und hemmt die Freisetzung von Interleukin-2 aus T-Helferzellen. Infolge des Mangels an Interleukin-2 können T-Zellen nicht zu zytotoxischen Zellen ausreifen.

Ciclosporin bindet an dem cytosolischen Rezeptor Cyclophilin. Dieser Komplex hemmt die Proteinphosphatase Calcineurin und blockiert die Signaltransduktion des Antigenrezeptors. Dadurch wird die Aktivierung einiger Transkriptionsfaktoren gehemmt, die für die Induktion der Synthese von Zytokinen in T-Lymphozyten notwendig sind. Es werden vor allem zelluläre Immunreaktionen unterdrückt, die Antikörpersynthese wird nicht beeinflusst.

Die häufigsten Nebenwirkungen sind eine Nephro- und Kardiotoxizität, Leberfunktionsstörungen, Ödeme, Hirsutismus und Gingivahyperplasien. Die Bioverfügbarkeit von Ciclosporin beträgt 20 bis 50% mit großen individuellen Schwankungen. Liegt der Wirkstoff in einer Mikroemulsion vor (Sandimmun optoral®), besteht eine bessere Bioverfügbarkeit mit geringeren Schwankungen.

Kasten Tacrolimus

Das Makrolid Tacrolimus (Prograf®) bindet wie Ciclosporin an einen cytosolischen Rezeptor. Der molekulare Wirkmechanismus ist dem von Ciclosporin ähnlich. Tacrolimus hemmt die Aktivierung von T-Lymphozyten und somit zelluläre Immunreaktionen. In klinisch wirksamen Konzentrationen wird die Antikörpersynthese nicht unterdrückt.

Ähnlich wie Ciclosporin ist auch Tacrolimus nephrotoxisch und führt zu denselben Langzeitkomplikationen. Einige Nebenwirkungen von Ciclosporin, wie Hirsutismus und Gingivahyperplasien fehlen, es können aber neurologische Störungen (Krämpfe, Psychosen) auftreten.

Literatur

Margreiter R., et al.: Efficacy and safety of tacrolimus compared with ciclosporin microemulsion in renal transplantation: a randomised multicentre study. Lancet 359, 741 – 746 (2002).

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