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Sparpaket: Vorschaltgesetz schon zum 1. Januar 2003?

BERLIN (ks). Noch immer wird viel spekuliert über Umfang und Inhalt des Vorschaltgesetzes, mit dem Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgleichen will. Schmidt will ihr Maßnahmenbündel erst in der kommenden Woche schwarz auf weiß vorlegen. Als sicher gilt bereits, dass das Einsparvolumen deutlich höher sein wird, als es bisher geplant ist. Zudem soll es zügig gehen: Das Bundesgesundheitsministerium strebt an, dass die ersten Sparmaßnahmen bereits zum 1. Januar 2003 "beitragssatzsenkende Wirkung" entfalten können. Doch hier hegt der kleine Koalitionspartner Zweifel: Die Grünen monieren, bislang nicht ausreichend in die Beratungen einbezogen zu sein.

Obwohl aus dem Ministerium nur zu hören ist, dass noch "alles offen" sei, wird in der Tagespresse täglich über neue Inhalte des Schmidtschen Sparpakets gemutmaßt. Nicht mehr nur die Arzneimittelkosten sind ins Visier der Ministerin geraten.

Mit dem Vorhaben, in diesem Bereich 1,42 Mrd. Euro einzusparen, starteten die Vorbereitungen für das Vorschaltgesetz. Nun sollen auch die Verwaltungskosten der Krankenkassen gedeckelt werden. Medienberichten zufolge soll zudem das Sterbegeld fast um die Hälfte reduziert werden. Rund 800 Millionen Euro im Jahr zahlt die GKV derzeit an Zuschüssen für Bestattungskosten.

Weiterhin sollen Heil- und Hilfsmittel auf den Prüfstand gestellt werden: z. B. die von den Krankenkassen zu übernehmenden Kosten für Krücken, Rollstühle, Prothesen. Bislang wissen selbst die Grünen nicht genau, wohin der Hase laufen wird. Die neue gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Birgitt Bender erklärte, noch nichts Schriftliches in der Hand zu haben. Doch man wolle zügig in die Beratungen einsteigen. Allerdings: "Sorgfalt geht vor Eile". Dies macht insoweit Sinn, als das geplante Vorschaltgesetz den nächsten Anstieg der Kassenbeitragssätze ohnehin nicht wird verhindern können.

PKV denkt über Abwerbe-Kampagne nach

Auch die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze für Berufsanfänger soll möglichst schnell Realität werden. Allerdings ist noch unklar, ob tatsächlich eine Anhebung auf das Niveau der Rentenversicherung in Höhe von 5100 Euro geplant ist. Beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) will man den Spekulationen rund um die Versicherungspflichtgrenze noch keinen rechten Glauben schenken.

Sollte sich jedoch bewahrheiten, was derzeit diskutiert wird, so werde die PKV eine große Abwerbe-Kampagne starten und rechtliche Schritte einleiten – wenn nötig will man auch vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für die PKV streiten, kündigte der Verbandsvorsitzende Reinhold Schulte an. Noch sei man aber insoweit zuversichtlich, als dass eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze der Zustimmung des Bundesrats bedürfe. Daher ist man bei der PKV sicher, dass diese Regelung kein Bestandteil des Vorschaltgesetzes werde könne.

"Hartz" für die Gesundheit?

Für weitergehende Reformen ist erneut die Einrichtung einer Expertenkommission nach dem Vorbild "Hartz" in der Diskussion. Bundeskanzler Gerhard Schröder regte dies in einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" vom 27. Oktober an. Regierungssprecher Bela Anda bestätigte einen Tag später, dass ein Gremium geschaffen werden soll, in das sich die betroffenen gesellschaftlichen Gruppen einbringen können. Damit sei allerdings nicht beabsichtigt, Schmidt zu entmachten. Sie solle das Personal der Kommission benennen.

Wenig Verständnis erntete die Idee einer solchen Expertengruppe bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Deren gesundheitspolitische Sprecherin Annette Widmann-Mauz wertet den Einsatz einer Kommission als "Versuch sich vor den notwendigen Entscheidungen zu drücken". Die politische Verantwortung für unangenehme Wahrheiten würden so auf Externe verlagert. Auch der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Frank Bsirske ist skeptisch: Er verwies auf bereits bestehende Gremien wie den Sachverständigenrat sowie die Bemühungen am "Runden Tisch" und nannte weitere Gedankenspiele "wenig hilfreich". Bsirske: "Wir haben in Deutschland kein Analyse- sondern ein Umsetzungsdefizit".

SPD sagt Lobbyisten den Kampf an

Es wird sich zeigen, wie schnell sich Grüne und SPD nun einig werden: Am 29. Oktober stand das erste Arbeitsgruppentreffen der SPD-Gesundheitspolitiker an. Bis zum neuen Jahr sind im Bundestag vier Sitzungswochen geplant. In der laufenden Woche stand die Regierungserklärung des Kanzlers mit anschließender Aussprache auf der Tagesordnung. Gesundheit und Soziales soll am Donnerstag, dem 31. Oktober, debattiert werden. Ab November kann sich das Vorschaltgesetz seinen Weg durch den Bundestag bahnen. Und im kommenden Jahr können ernsthafte Überlegungen zu einer "großen Gesundheitsreform" gestartet werden.

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz ist sich bewusst, dass dies kein Zuckerschlecken wird. Im Anschluss an die Präsidiumssitzung seiner Partei am 28. Oktober erklärte er, die Gesundheitsreform bedeute im wesentlichen einen "Kampf mit den Lobbyisten" – die Bereitschaft hierzu sei unter den Sozialdemokraten auf jeden Fall vorhanden.

Noch immer wird viel spekuliert über Umfang und Inhalt des Vorschaltgesetzes, mit dem Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgleichen will. Schmidt will ihr Maßnahmenbündel erst in der kommenden Woche schwarz auf weiß vorlegen. Als sicher gilt bereits, dass das Einsparvolumen deutlich höher sein wird, als es bisher geplant ist. Zudem soll es zügig gehen: Das Bundesgesundheitsministerium strebt an, dass die ersten Sparmaßnahmen bereits zum 1. Januar 2003 "beitragssatzsenkende Wirkung" entfalten können.

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