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Arzneimittelausgaben: Ärzte werfen der Industrie Preistreiberei vor

BERLIN (ks). "Die Preis- und Produktpolitik der Pharmaunternehmen macht es uns unmöglich, unsere Einsparziele bei den Arzneimittelausgaben zu erreichen", erklärte Manfred Richter-Reichhelm, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), am 15. Oktober in Berlin. Auch der AOK-Vorstandsvorsitzende Hans-Jürgen Ahrens übte in der vergangenen Woche Kritik an den Marketingstrategien der Industrie.

Richter-Reichhelm kritisierte nicht nur die Praktik einzelner Firmen, im Rahmen der Aut-idem-Regelung das untere Preisdrittel durch Dummy-Präparate zu Mondpreisen in die Höhe zu treiben. Auch gezieltes Ersetzen bestimmter Medikamente durch erheblich teurere Produkte, die einzig einen neuen Namen bekommen, unterlaufe die ärztlichen Sparbemühungen, so der KBV-Chef.

Als Beispiel führt er das zum 1. August dieses Jahres vom Markt genommene Memantin-Präparat Akatinol an: Es kostete 135,77 Euro und diente der Therapie von Demenzerkrankungen. Zeitgleich führte derselbe Hersteller ein Arzneimittel mit identischem Wirkstoff unter dem Namen Axura ein, Preis: 236,45 Euro in entsprechender Darreichungsform.

Ahrens stützt sich bei seiner Kritik auf die vom Arzneiverordnungsreport errechneten Einsparpotenziale: 4,2 Mrd. Euro oder 20 Prozent der Arzneimittelausgaben des vergangenen Jahres stünden für die Finanzierung neuer und therapeutisch wichtiger Arzneimittel zur Verfügung, "wenn es gelänge, die Marketingstrategie der Pharmaindustrie zu durchkreuzen". Der AOK-Chef warf den Herstellern vor, zur Zeit eine sinkende Zahl von Verordnungen durch immer neue und teurere Scheininnovationen auszugleichen. Frei nach dem Motto "Mehr Umsatz pro Rezept" unterlaufe die Industrie durch teure Analogpräparate ohne nachgewiesenen Zusatznutzen alle Sparanstrengungen.

Die Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) Cornelia Yzer erklärte, derartige Behauptungen über eine angebliche Preistreiberei der Pharmaindustrie "entbehren jeder Grundlage". Tatsächlich seien die Arzneimittelpreise seit mehr als zehn Jahren stabil. Sie verwies auf Berechnungen des wissenschaftlichen Instituts der AOK, nach denen der Durchschnittsarzneimittelpreis von 1988 bis 2002 lediglich um 1,6 Prozent gestiegen sei.

Yzer weiter: "Von Januar bis August 2002 sind die Arzneimittelpreise in der gesetzlichen Krankenversicherung sogar um 0,3 Prozent gesunken". Ihres Erachtens sollen "die abwegigen Behauptungen" nur davon ablenken, "dass die wahren Ursachen der Kostensteigerungen auf einen steigenden Bedarf und eine große Zahl neuer wirksamer Arzneimitteltherapien zurück zu führen ist".

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