DAZ aktuell

Verband Forschender Arzneimittelhersteller: Gegen vierte Zulassungshürde und Re

BERLIN (im). Die pharmazeutische Industrie verlangt eine mutige Gesundheitsreform mit mehr Wettbewerb im System bis hin zu kassenindividuellen Vergütungen, flexiblerem Schutz auch für Kassenpatienten und einen Stopp der milliardenschweren Belastungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch versicherungsfremde Leistungen. Im Arzneibereich wollen sich die Unternehmen vor allem gegen die vierte Zulassungshürde sowie die Förderung der Reimporte wehren, so Patrick Schwarz-Schütte, Mitglied des Vorstands des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), am 24. September vor Journalisten in Berlin.

Befragt zu möglichen Preiseingriffen im Arzneibereich durch die wiedergewählte rotgrüne Bundesregierung äußerte das VFA-Vorstandsmitglied diplomatisch konstruktive Gesprächsbereitschaft in Richtung Politik. Bekanntlich hatte die SPD in ihrem Wahlprogramm ausdrücklich die Liberalisierung von Vertrieb und Preisbildung für Medikamente hineingeschrieben und auch die Grünen stehen für Eingriffe in den Arzneimarkt und konkret für die Positivliste. In Berlin kritisierte Schwarz-Schütte insgesamt die bisherige rotgrüne Gesundheitspolitik und ihre isolierten immer neuen Reglementierungen im Arzneisektor.

Negative Effekte durch Importe

Nach Angaben des VFA-Vorstandsmitglieds wird die für 2002 festgelegte Import-Quote von 5,5 Prozent deutlich übertroffen. Marktforscher hätten einen Anteil von 7,5 Prozent im August ermittelt, das sei gemessen am 1,8-prozentigen Marktanteil im Jahr 1998 eine Steigerung von mehr als 300 Prozent.

Schwarz-Schütte kritisierte die Förderung der Importarzneimittel als falsche Standortpolitik. Die negativen volkswirtschaftlichen Effekte von Re- und Parallelimporten seien viel gravierender als die ohnehin nur marginalen Einspareffekte für die Krankenkassen. Habe es in früheren Jahren noch einen deutlichen Preis-Abstand gegeben, liege die Differenz heute wegen der kräftigen Erhöhungen durch die Importeure zum Teil nur bei wenigen Cent.

Schwarz-Schütte bemängelte, dass den Arzneimittel-Importeuren ein gesicherter Markt praktisch ohne Preiswettbewerb überlassen wurde. Auf diese Weise würden reine Umpacker statt forschende Firmen gefördert mit negativen Konsequenzen für den Arbeitsmarkt. Während bei produzierenden pharmazeutischen Herstellern pro Million Euro Umsatz durchschnittlich 5,4 Mitarbeiter beschäftigt werden, seien es bei den Importeuren lediglich zwei.

Weitere negative Folgen der Importförderung seien der Knowhow-Transfer ins Ausland sowie durch die Umlenkung der Produkte über das Ausland Steuermindereinnahmen für den deutschen Fiskus, die nicht durch Steuerzahlungen der Importeure kompensiert würden.

Gegen neue Zulassungshürde

Schwarz-Schütte lehnte darüber hinaus in Berlin die von der bisherigen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt geplante vierte Hürde zur zentralen Bewertung der Kosten-Nutzen-Relation eines Arzneimittels kategorisch ab. Dadurch kämen neue Präparate erst viel später auf den Markt und stünden den Patienten somit verzögert zur Verfügung, zudem werde die Datenerhebung für die zusätzliche Hürde teuer. Nötig seien stattdessen innovationsfreundliche und verlässliche Rahmenbedingungen, konkret ein positives Klima für die Ansiedlung von industrieller Produktion.

Kein Festbetrag für patentgeschützte Produkte

Wichtiger Standortfaktor sei zum Beispiel die Sicherung der freien Preisbildung für patentgeschützte Produkte. Der VFA-Repräsentant wies erneute Überlegungen des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen etwa zu Festbeträgen auf patentgeschützte Arzneimittel umgehend zurück. Das gefährde Forschung und Entwicklung am Pharmastandort Deutschland, da Investoren signalisiert würde, Patente seien in unserem Land nichts wert. Kämen Festbeträge für patentgeschützte Präparate, drohe ein erheblicher Verlust von Arbeitsplätzen bei forschenden Unternehmen. Entscheidend ist für den VFA darüber hinaus die Umsetzung der EG-Biopatentrichtlinie eins zu eins in Deutschland.

Deutschland verliert an Boden

Der VFA-Repräsentant wies auf die schlechter werdende Position des Pharmastandorts Deutschland hin. Im internationalen Vergleich wachse der Markt hier zu schwach, um seine Position als weltweite Nummer drei nach den USA und Japan auf Dauer halten zu können. Es drohe die Gefahr, dass England und Frankreich Deutschland überholen. Bedenklich sei auch der anhaltende Trend zur Investitionsverlagerung (siehe Kasten).

Mutige Reform nötig

In Berlin verlangte Schwarz-Schütte daher insgesamt eine mutige Gesundheitsreform anstelle der bisherigen Flickschusterei. Nötig seien mehr Wettbewerb im System, kassenindividuelle Vergütungsregelungen, flexiblerer Versicherungsschutz auch für Kassenpatienten und ein Stopp der milliardenschweren Belastungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch versicherungsfremde Leistungen.

Preisverhandlung denkbar?

Nach Ansicht des VFA sollten kassenindividuelle Vergütungs- und Erstattungsregelungen und dezentrale Verhandlungen der Beteiligten das bisherige Oligopol der Krankenkassen ablösen. Preisverhandlungen der Pharmafirmen mit den Kassen, denen heute das Nachfragemonopol der Kassen entgegenstünde, seien in einem Wettbewerbsmodell denkbar, das ausnahmslos alle Leistungserbringer wie etwa auch die Ärzte einschließe.

In einem reformierten System mit mehr Wahlfreiheiten für die Versicherten und flexiblen Verträgen könne ein Patient beispielsweise einen Tarif wählen, der die Erstattung der rezeptfreien Medikamente ausschließe. Nach Worten von Cornelia Yzer, VFA-Hauptgeschäftsführerin, müsste ein Grundkatalog von Leistungen definiert mit einer allgemeinen Versicherungspflicht eingeführt werden, der durch Zusatzversicherungen ergänzt werden kann. Im Unterschied zu heute könnte es einzelne Leistungstungspakete mit einzelnen Wettbewerbern (zum Beispiel Kassen, Ärzten) geben, die untereinander im Wettbewerb stehen. Packe die Politik die Strukturreform nicht an, so Yzer weiter, werde das bisherige Gesundheitssystem an die Wand fahren. Im übrigen hätten die Gesundheitspolitiker Unterstützung für Änderungen in der Bevölkerung, welche den Reformbedarf in der GKV sehe.

Kastentext: Abwanderung von Investitionen

Die Arzneimittelforschung konzentriert sich immer mehr in den Vereinigten Staaten von Amerika. Von den 130 weltweiten Forschungsstätten der 30 führenden globalen Pharmaunternehmen befinden sich 52 in der USA, 16 in Großbritannien aber nur 10 in Deutschland. Auch innerhalb Europas hat Deutschland bei Forschung und Entwicklung an Boden verloren, 1997 lag der hiesige Standort noch auf Platz eins, jetzt liegt er nur noch auf Platz 3 nach Großbritannien und Frankreich.

Quelle: Verband Forschender Arzneimittelhersteller

Im Arzneibereich will sich die pharmazeutische Industrie vor allem gegen die vierte Zulassungshürde sowie die Förderung der Reimporte wehren, so Patrick Schwarz-Schütte, Mitglied des Vorstands des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller, am 24. September vor Journalisten in Berlin. Die Unternehmen verlangen eine mutige Gesundheitsreform mit mehr Wettbewerb im System bis hin zu kassenindividuellen Vergütungen, flexiblerem Schutz auch für Kassenpatienten und einen Stopp der milliardenschweren Belastungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch versicherungsfremde Leistungen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.