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Stellungnahme zum Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz

Die BVA-Vorsitzende Monika Oppenkowski nimmt hiermit Stellung zum von der Bundesregierung geplanten Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz (AABG). Dabei geht es um die generelle Aut-idem-Regelung, die Anpassung des "Kassenrabattes" und den Solidarbeitrag der Pharmazeutischen Industrie.

Generelle Aut-idem-Regelung

Der BVA begrüßt die Einführung einer generellen Aut-idem-Regelung (die so genannte Kästchenumkehr), da dies eine der langjährigen Forderungen der Gewerkschaft erfüllt. Damit wird weder die Therapiefreiheit des Arztes tangiert, noch ist mit einer Verunsicherung der Bevölkerung zu rechnen.

Mit dem von der Regierung geplanten Gesundheitspass, über dessen nähere Ausgestaltung unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten noch gesprochen werden muss, kann das jeweilige in der Apotheke abgegebene Arzneimittel dokumentiert werden. Damit wird eine Verunsicherung der Patienten durch wechselndes Packungsdesign ausgeschlossen. Es bleibt allerdings kritisch anzumerken, warum dies nun plötzlich bei der generellen Aut-idem-Regelung zum Problem werden soll, was bei der gesetzlich vorgeschriebenen Abgabe von Importarzneimitteln, deren Äußeres zumindest gelegentlich abenteuerlich erscheint, schon seit Jahren von Ärzten und Krankenkassen toleriert bzw. gefordert wird.

Abzulehnen ist eine Substitution unter rein finanziellen Gesichtspunkten. Dies ist Ressourcenverschwendung, da Apotheker als Arzneimittelfachleute deutlich mehr können, als Arzneimittel nur nach finanziellen Gesichtspunkten zu bewerten. Die in der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses vorgelegte Formulierung ist derartig kompliziert, dass sie in der Praxis als nicht praktikabel erscheint.

Arzneimittel sind eine einfache und im Vergleich zu anderen Methoden in der Regel kostengünstige Möglichkeit, Patienten zu behandeln. Sie sind keineswegs nur unter Kostengesichtspunkten zu sehen. Vielmehr ist es an der Zeit, zu überprüfen, was für Folgekosten auf die Solidargemeinschaft zukämen, wenn dieses oder jenes Arzneimittel nicht vorhanden wäre. Ein gutes Beispiel ist die Versorgung von Diabetikern. Mittlerweile gibt es einige Studien, die die mangelnde Versorgung bzw. den nicht optimalen Einsatz von Medikamenten untersucht haben und bei einer sachgerechten Versorgung der Patienten mit den richtigen Medikamenten erhebliche Einsparpotentiale festgestellt haben. Hier muss angesetzt werden.

Ein anderer Aspekt ist der von der vorherigen Gesundheitsministerin Fischer propagierte und von Frau Gesundheitsministerin Schmidt etwas weniger vehement vertretene Ansatz »ambulant vor stationär«. Hier muss dringend geprüft werden, ob steigende Arzneimittelkosten nicht etwa darauf zurückzuführen sind, dass Kosten, die früher im Krankenhaus angefallen sind, nun im ambulanten Bereich zu finden sind.

Naturgemäß müssen bei einer vermehrten ambulanten Behandlung die Arzneimittelkosten steigen. Solange hier keine aussagekräftigen Studien vorliegen, ist das Argument der ständig steigenden Kosten mit berechtigtem Zweifel zu betrachten.

Anpassung des "Kassenrabattes"

Eine Erhöhung des Krankenkassenabschlages ist abzulehnen, wie überhaupt der Krankenkassenabschlag unter Wettbewerbsgesichtspunkten zu überprüfen ist. Über den Krankenkassenabschlag werden die gesetzlichen Krankenkassen gegenüber Kunden und Privatpatienten bevorzugt, da daraus de facto niedrigere Beträge für die Arzneimittel resultieren. Dieses Abweichen vom einheitlichen Apothekenabgabepreis ist politisch gewollt und durchaus kritisch zu beurteilen. Das dahinter liegende System, den einen Marktpartner (die Apotheken) zugunsten eines anderen (der GKV) zu schröpfen, wird vom BVA jedenfalls vehement abgelehnt.

Nur mit den von Großhandlungen und Herstellern gewährten Rabatten für Arzneimittel ist die Mischkalkulation, die die Finanzbasis der Apotheken bildet, überhaupt zu halten. Wer diese Finanzbasis weiter schwächen will, muss für eine andere Honorierung der Apotheken und ihrer Angestellten sorgen, etwa über ein Beratungshonorar, ein Honorar für Pharmazeutische Betreuung oder eine andere Art der Honorierung.

Solidarbeitrag der pharmazeutischen Industrie

Die pharmazeutische Industrie hat zugesagt, einen Solidarbeitrag von 200 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen. Damit hat sie verhindert, dass ein wesentlich höherer Beitrag geleistet werden muss. Mal abgesehen von der Art des Zustandekommens dieser Vereinbarung, für die sich wenig schmeichelhafte Begriffe finden ließen, wird damit aber keine einzige grundlegende Struktur im Arzneimittelbereich zukunftsweisend verändert. Dies ist aber dringend notwendig, da über die Preisfindung für innovative Arzneimittel nachgedacht werden muss.

Im Übrigen ist es verwunderlich, dass für die pharmazeutische Industrie mit ihren ca. 113 000 Arbeitnehmern Spitzengespräche mit Bundeskanzler und Gewerkschaften möglich sind, immer mit der Drohung des Verlustes von Arbeitsplätzen. Die Apothekenbranche beschäftigt ebenfalls etwa 110 000 Angestellte in ihren rund 22 000 Apotheken. Durch die gesetzlichen Regelungen des AABG, insbesondere den Kassenabschlag, sind viele Arbeitsplätze in der Apotheke gefährdet. Diese Arbeitsplätze sind nicht weniger qualifiziert als in der Industrie – allerdings hat die Apothekenbranche bedeutend weniger Finanzkraft und damit auch nicht die Möglichkeiten der politischen Einflussnahme wie die pharmazeutische Industrie.

Dies ist einer Demokratie nicht würdig und bedeutet eine ungerechtfertigte Missachtung der Rechte von ArbeitnehmerInnen in öffentlichen Apotheken.

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