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BVerfG-Urteil: Sonntagsöffnungsverbot für Apotheken aufgehoben

Mit sehr gemischten Gefühlen hat der Bundesverband der Angestellten in Apotheken (BVA) die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) aufgenommen, Apotheken die Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen zu ermöglichen. Die Karlsruher Richter hatten am 16. Januar in ihrem Urteil festgestellt, dass § 14 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes, in dem Apotheken im Gegensatz zum übrigen Einzelhandel ausdrücklich die Öffnung untersagt wird, unverhältnismäßig stark in die Berufsfreiheit der Apotheker eingreift. Es wird jetzt nötig sein, darauf zu achten, dass die geltenden tariflichen Regelungen eingehalten werden, so die BVA-Vorsitzende Monika Oppenkowski. Immerhin ist mit der Entscheidung des BVerfG ein seit 1954 geltendes Recht zum Schutz von Arbeitnehmern abgeschafft worden.

Urteil kam nicht überraschend

Die Entscheidung des BVerfG war mit Spannung erwartet worden, aber letztlich keine große Überraschung. Sie passt folgerichtig in die derzeitige gesundheitspolitische Diskussion, die den Wirtschafts- und Wettbewerbsgedanken im Gesundheitswesen und vor allem in der Apotheke fördern will.

Auf der anderen Seite steht die Abschaffung von Rechten zum Schutz der ArbeitnehmerInnen und PatientInnen. Das BVerfG hat sich, was die Arbeitnehmerseite betrifft, mit Pauschalplätzen begnügt. Auch die sonst nach Bekunden des Gerichtes übliche Verfahrensweise, von allen betroffenen Seiten Gutachten einzuholen - also auch von Arbeitnehmerseite, vertreten durch den BVA - ist in diesem Falle unterblieben. Diesbezüglich wird sich der BVA in den nächsten Tagen an das BVerfG wenden.

Aufweichung von Arbeitnehmerrechten

Bereits heute sind die Arbeitszeiten für ApothekenmitarbeiterInnen im Vergleich zu anderen Branchen sehr ungünstig tragen dadurch erheblich zu den großen Nachwuchsproblemen in der Apothekenbranche bei. Dazu kommen die Belastungen durch die Notdienste, die überwiegend von Angestellten geleistet werden.

Woher das BVerfG seine Einschätzung nimmt, dass Apothekenangestellte durch die Neuregelung nicht übermäßig belastet werden, bleibt unklar. Zwar ist fraglich, ob sich wirklich viele Apotheken an der Sonntagsöffnung beteiligen werden. Dies dürfte im Wesentlichen nur für City-Apotheken interessant sein. Dennoch muss vor einer grundsätzlichen Aufweichung von Arbeitnehmerrechten gewarnt werden.

Hohe Zuschläge für Sonntagsarbeit

Wenn die Möglichkeit zur Teilnahme an den verkaufsoffenen Sonntagen das Arbeitskräfteproblem wirklich weiter verschärft, erhöht das nur den Druck auf die Arbeitgeber, den Arbeitsplatz Apotheke attraktiver zu gestalten, so Oppenkowski. Der Verhandlungsspielraum wechselbereiter Angestellter bei der Vertragsgestaltung dürfte sich eher vergrößern als verringern.

Mit entscheidend für die Bewertung des BVA ist auch die Tatsache, dass die Arbeit an den verkaufsoffenen Sonntagen mit einem Zuschlag von mindestens 85 Prozent des normalen Stundenlohns vergütet wird. In diesem Zusammenhang fordert der BVA aber auch: Die Notdienstpläne an verkaufsoffenen Sonntagen müssen künftig so gestaltet werden, dass bereitschaftspflichtige Apotheken in Randlagen und die betroffenen Mitarbeiter keine Nachteile gegenüber den freiwillig geöffneten City-Apotheken erleiden.

Kastentext: Aktuelles Ladenschlussgesetz

§ 4 Apotheken 1. Abweichend von den Vorschriften des § 3 dürfen Apotheken an allen Tagen während des ganzen Tages geöffnet sein. An Werktagen während der allgemeinen Ladenschlusszeiten (§ 3) und an Sonn- und Feiertagen ist nur die Abgabe von Arznei-, Krankenpflege-, Säuglingspflege- und Säuglingsnährmitteln, hygienischen Artikeln sowie Desinfektionsmitteln gestattet.

2. Die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsbehörde hat für eine Gemeinde oder für benachbarte Gemeinden mit mehreren Apotheken anzuordnen, dass während der allgemeinen Ladenschlusszeiten (§ 3) abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss. An den geschlossenen Apotheken ist an sichtbarer Stelle ein Aushang anzubringen, der die zur Zeit offenen Apotheken bekannt gibt. Dienstbereitschaft der Apotheken steht der Offenhaltung gleich.

§ 14 Weitere Verkaufssonntage 1. Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Wird hiervon Gebrauch gemacht, so müssen die offenen Verkaufsstellen an den jeweils voraufgehenden Sonnabenden ab vierzehn Uhr geschlossen werden. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

2. Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, währenddessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um achtzehn Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

3. Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen vierzig nicht übersteigt.

4. Für Apotheken bleibt es bei den Vorschriften des § 4.

Kastentext: Tarifliches zur Sonntagsarbeit

§ 6 Mehrarbeit, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

2. Nachtarbeit ist die in der Zeit von 20.30 Uhr bis 6.00 Uhr, Sonn- und Feiertagsarbeit ist die an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr geleistete Arbeit. 3. Mehrarbeit, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist nach § 7 zu entlohnen.

§ 7 Vergütung der Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit 1. [...] Für jede als Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit geleistete Arbeitsstunde ist eine Grundvergütung und ein Zuschlag zu zahlen.

Die Grundvergütung beträgt bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden 1/167 des Tarifgehaltes. Die Zuschläge betragen [...] Für Sonntagsarbeit 85% der Grundvergütung Für Feiertagsarbeit 85% der Grundvergütung

2. Die Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist den Mitarbeitern bei der Gehaltszahlung für den auf die Leistung folgenden Monat auszuzahlen.

3. Die Vergütung kann nach Wahl des Apothekenleiters auch in Form von Freizeit erfolgen. Die Freizeit ist mit einem Zuschlag entsprechend Abs. 1 zu versehen. Sie sollte zusammenhängend im Folgemonat gewährt werden.

Aus: Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter in der Fassung vom 1. Juli 1999

Das ist neu

An den maximal vier verkaufsoffenen Sonntagen pro Jahr dürfen Apotheken fünf Stunden lang geöffnet sein. Dafür muss am Vortag bereits um 14 Uhr geschlossen werden – statt der sonst am Samstag möglichen Öffnung bis 16 Uhr.

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