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Pharmazeutische Technologie: Arzneiformen für Kinder

In einer Vortragsveranstaltung der DPhG-Landesgruppe Bayern, Regionalgruppe Würzburg, am 4. Juni 2002 referierte Prof. Dr. Peter Kleinebudde vom Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Halle über "Arzneiformen für Kinder".

Viele Arzneimittel nicht für Kinder zugelassen

Viele Arzneimittel für Kinder sind nicht explizit für die Anwendung am Kind zugelassen. Dies war ein wichtiges Statement des Vortragenden, das gleich zu Beginn seines interessanten Vortrages die Problematik von Arzneimitteln für Kinder aufzeigte.

Oft fehlen für wichtige Arzneistoffe die Zulassungen für die Anwendung an Kleinkindern und Säuglingen. Der pharmazeutischen Industrie entstehen zusätzliche, hohe Kosten bei der Arzneimittelentwicklung, wenn kindgerechte Dosierungen angegeben werden. Ein zusätzliches kommerzielles Problem ist die Tatsache, dass Kleinkinder im Vergleich zu Erwachsenen natürlich ein sehr kleines Patientenkollektiv darstellen. Zudem lehnen viele Eltern die Teilnahme ihrer Kinder an klinischen Studien ab.

Aufgrund einer ungenügenden Ausstattung an Enzymen für die Biotransformation der Arzneistoffe können die Dosen für Kinder nicht einfach linear aus der Erwachsenen-Dosis abgeleitet werden. Dennoch werden sehr häufig Arzneimittel, die nur für Erwachsene zugelassen wurden, bei Kindern angewendet, was einen klassischen "Off Label Use" darstellt.

Kindgerechte Hilfsstoffe

Im weiteren Verlauf seines Vortrages stellte Kleinebudde besonders die galenischen Schwierigkeiten bei Arzneiformen für Kinder dar. Einige Hilfsstoffe, die von Erwachsenen problemlos toleriert werden, wie Propylenglykol, Benzylalkohol oder Ethanol, sind für Kleinkinder toxisch. Während Erwachsene den unangenehmen Geschmack oder Geruch eines Arzneimittels in der Regel hinnehmen, weigern sich Kinder, diese Medikamente einzunehmen.

Abhilfe schafft dann meist nur der Zusatz von geschmacksintensiven Hilfsstoffen, wie z. B. Fruchtsirupen oder Zucker sowie Zucker-Ersatzstoffen. Die Hilfsstoffe müssen nicht nur geschmacklich akzeptabel, sondern auch gut verträglich sein.

Wenn Injektabilia bei Kleinkindern oral appliziert werden sollen, ist der Apotheker als Arzneimittelfachmann besonders gefordert, denn er muss beurteilen, ob der Wirkstoff die Magen-Darm-Passage unbeschadet übersteht.

Mikroverkapseltes Natriumbenzoat

Im letzten Teil seines Vortrages ging Kleinebudde auf spezielle galenische Entwicklungen ein. Bei der sehr seltenen Hyperglycinämie können die stark erhöhten Glycin-Spiegel im Blut durch die Gabe von Natriumbenzoat gesenkt werden, weil die aus der Reaktion beider Substanzen entstehende Hippursäure renal eliminiert wird. Da Natriumbenzoat sehr salzig und bitter schmeckt, hat Kleinebudde in Zusammenarbeit mit Dr. J. Breitkreuz vom Institut für Pharmazeutische Technologie in Münster durch Mikroverkapselung ein geschmacksneutrales Präparat hergestellt.

Matthias Unger, Würzburg

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