Praxis

T. Müller-BohnBücher aus der Apotheke - Teil eines

Umfragen und der Apothekenalltag zeigen: Die meisten Patienten sind mit der Beratung in der Apotheke sehr zufrieden. Doch sollte alles getan werden, um diese zentrale Arbeit der Apotheken immer weiter zu optimieren. Dafür gibt es viele Ansätze Ų hier soll eine eher selten betrachtete Perspektive näher vorgestellt werden: Bücher zum Verkauf in der Apotheke. Von manchen Apothekern werden sie nur als eines von vielen Produkten des Randsortiments angesehen, doch verdienen die Bücher stärkere Beachtung. Denn sie sind ein sinnvolles Hilfsmittel für ein umfassendes Beratungskonzept, das außerdem noch Geld einbringt.

Die deutschen Apotheken befinden sich in einem grundlegenden Wandel von der klassischen Distributionsstelle für Arzneimittel zum umfassenden Gesundheitszentrum. Manche Visionäre des Apothekenwesens meinen, damit würde aus dem Ort der Krankheit künftig ein Ort der Gesundheit. Die Änderungen, die diese Entwicklung mit sich bringt, dürften ebenso tiefgreifend sein wie es früher der Übergang von der Arzneimittelherstellung in der Apotheke zur überwiegenden Abgabe von Fertigarzneimitteln war.

Wie damals steckt hinter der Veränderung ein gesellschaftlicher Wandel: Damals war es die zunehmende Industrialisierung, heute ist es die moderne Informations- und Servicegesellschaft. Die Versorgung mit Produkten wird zur Selbstverständlichkeit, der richtige Umgang mit ihnen, die begleitende Information, das Ambiente und die individuelle Ansprache werden immer wichtiger.

Information in der Arzneimittelversorgung

In der Arzneimittelversorgung und erst recht bei einer umfassenden Gesundheitsversorgung gewinnen Informationen zunehmende Bedeutung. In den Apotheken wird das Bedürfnis nach Information durch individuelle Beratungen erfüllt. Doch stoßen diese Beratungen in der Praxis immer wieder auf zwei schwer überwindliche Hindernisse: Die Zeit für die Beratung und die Aufnahmekapazität der Patienten sind begrenzt.

Das Zeitproblem, das meist bei Beratenden und Ratsuchenden gleichermaßen besteht, lässt sich durch vereinbarte Beratungstermine angehen, doch sind so allenfalls gut bekannte Stammkunden zu erreichen. Die Aufnahmekapazität bleibt ein begrenzender Faktor jeder Beratung. Gerade in der Apotheke ist eine Folge dieses Problems immer wieder zu erleben: Die Patienten kommen gerade vom Arzt und können sich an dessen Anweisungen oft nur noch lückenhaft erinnern. Auch dies ist ein Grund für den großen Beratungsbedarf in der Apotheke. Doch droht hier letztlich das gleiche Problem.

Schriftliche Information: Individuell erstellt, . . .

Auch die einfühlsamste Beratung und die angenehmste Atmosphäre wird dieses Problem nicht grundsätzlich lösen können. Als wirksame Hilfe bieten sich hingegen Informationen in schriftlicher Form an. Dabei sind individuell erstellte Patientendossiers und vervielfältigte Materialien zu unterscheiden. Erstere können ein umfangreiches Beratungsgespräch ergänzen, doch erfordert es wiederum in der Apotheke einigen Aufwand und auch Zeit, individuelle Informationen schriftlich zu erstellen. Für die individuelle Pharmazeutische Betreuung ist dies ein wichtiges Mittel. Wenn dagegen verhältnismäßig schnell umfassende und grundlegende Informationen vermittelt werden sollen, liegen die Vorteile bei den vorgefertigten Informationsträgern.

. . . als kostenlose Broschüre . . .

Dabei sind kostenlose Patientenbroschüren und Bücher als eigenständig verkäufliche Produkte zu unterscheiden. Kostenlose Broschüren vermitteln naturgemäß meist nur sehr begrenzte Informationen. Sie beziehen sich oft nur auf ein Produkt. Umfassendere Themen können angesichts des begrenzten Umfangs meist nur oberflächlich behandelt werden. Broschüren aus der Pharmaindustrie lassen kritische Kunden – ob berechtigt oder nicht – an der Objektivität zweifeln.

. . . oder als Buch

Dies alles spricht für verkäufliche Bücher: Sie müssen bezahlt werden und lassen daher unabhängige Informationen erwarten. Verkäufliche Bücher in der Apotheke sollten deutlich mit einem Preisschild gekennzeichnet werden, damit sie nicht mit kostenlosen Informationsmitteln verwechselt werden. Bücher können umfangreicher als kostenlose Broschüren sein und ihr Thema eingehender darstellen. Aus Sicht der Apotheke stellen sie zudem einen interessanten Umsatzträger dar. So lässt sich auch ohne Beratungshonorar schon heute direkt mit der Beratung Geld verdienen.

Win-win-Situation

Bücher aus der Apotheke sind demnach ein ideales Medium, um die Beratungstätigkeit der Apotheke zu unterstützen. Sie bieten solide Informationen zur Gesundheit in Verbindung mit dem kompetenten Ratschlag des Arzneimittelfachmannes. Dessen Buchauswahl bürgt zugleich für den Inhalt des Buches und sollte vor Scharlatanen schützen. Die Patienten kommen ratsuchend in die Apotheke, die Überleitung zu einem Buchverkauf liegt unmittelbar auf der Hand.

Die Ratsuchenden werden letztlich umfassend informiert, durch den individuellen Rat aus der Apotheke in Verbindung mit einem Buch, das vom Apothekenpersonal gezielt für den jeweiligen Patienten ausgewählt wird. Dabei steigt zugleich das Image der Apotheke als Ort der Gesundheit und als Quelle einer umfassenden Gesundheitsberatung. In der Sprache des Marketings ist dies eine klassische "Win-win-Situation", beide Seiten haben ihren Vorteil.

Ganz besonders günstig für die Apotheken sind solche Bücher, in denen ausdrücklich auf die Beratungskompetenz der Apotheken hingewiesen wird und die Leser für bestimmte Fragen auf die Apotheken zurück verwiesen werden. Dies ist einer der Gründe, weshalb in der Apotheke insbesondere solche Bücher angeboten werden sollten, die vorrangig für den Verkauf in der Apotheke konzipiert wurden. Von solchen Büchern kann auch erwartet werden, dass sie inhaltlich korrekt sind und keine ideologisch motivierten pauschalen Verunglimpfungen von Arzneimitteln enthalten.

Außerdem gehen diese Buchreihen gerade auf solche Themen ein, die im Beratungsalltag der Apotheken eine zentrale Rolle einnehmen. Sehr geeignet als Themen sind Indikationen, zu denen viele Produkte der Selbstmedikation angeboten werden. Dort besteht einerseits großer Beratungsbedarf, andererseits bieten sich gute Umsatzmöglichkeiten für Apotheken.

Bücher im Apothekenalltag

Die Voraussetzungen für den Buchverkauf in der Apotheke scheinen demnach ideal zu sein, doch sieht die Praxis oft anders aus: Obwohl Bücher schon seit vielen Jahren zum Katalog der apothekenüblichen Waren gemäß Apothekenbetriebsordnung gehören, sind sie noch keineswegs in allen Apotheken zu haben. Mitunter führen sie ein Schattendasein und werden kaum verkauft. In manchen Apotheken wurden Bücher sogar wieder aus dem Angebot entfernt. In anderen Apotheken haben sie sich dagegen längst als ideale Unterstützung für die Beratung bewährt, sind aus dem Programm und dem Beratungsalltag nicht mehr wegzudenken und erzielen gute Umsätze.

Wie sind diese Unterschiede zu erklären, und was ist beim Angebot von Büchern in der Apotheke zu beachten? Die DAZ hat hierzu Apothekerinnen und Apotheker befragt, die unterschiedliche Erfahrungen mit dem Verkauf von Büchern gemacht haben. Demnach kommen Bücher dort besonders gut an, wo sie aktiv als Teil der Beratung eingesetzt werden. Bücher sollten nicht einfach als zusätzliche Produkte aus der Apotheke, sondern primär als Beratungsinstrument gesehen werden.

Bücher als Teil der Beratung

Für Klaus Rabe, Raben-Apotheke Kronshagen, sind die Bücher in erster Linie eine Unterstützung der Beratung, weil sie viele Gespräche vereinfachen und so die Beratung erleichtern. Zudem kürze der Verkauf eines Buches manche Beratung ab und verhindere, dass die Inhalte der Beratung vergessen werden.

Wenn die Informationen in dem Buch nochmals vertieft und nachgelesen werden können, entsteht ein Wiederholungseffekt, wie er beispielsweise auch in der Werbung über verschiedene Medien genutzt wird. Hier lässt sich dieser Effekt für eine bessere Patienteninformation nutzen.

Bücher werden in der Apotheke erwartet

Viele Kunden würden mittlerweile sogar im Rahmen einer Beratung in der Apotheke eine Buchempfehlung erwarten, meint Klaus Rabe. Nach den Erfahrungen von Almut Mettler, Apothekerin in der Schloss-Apotheke in Braunschweig, sind beide Absatzmöglichkeiten für Bücher gleichermaßen bedeutsam: Einerseits würden Bücher aktiv in der Beratung angeboten. Andererseits würden viele Kunden ausdrücklich nach Büchern fragen. Dies seien sowohl Stammkunden, die dieses Angebot kennen, als auch Laufkunden. Offensichtlich ist mittlerweile vielen Apothekenkunden bekannt, dass Apotheken auch Bücher anbieten, obwohl sie in etlichen Apotheken noch nicht etabliert sind.

Als Bücher für die Apotheke eignen sich besonders Gesundheitsratgeber, die eine Übersicht über ein breites Themengebiet oder einen Einstieg in eine bestimmte Materie vermitteln. Wer von sich aus gezielt teure Spezialliteratur sucht, die tief ins Detail geht, fragt weiterhin eher im Buchhandel danach. Bücher in der Apotheke sind dagegen weniger isoliert als eigenständige Produkte, sondern als Teil eines umfassenden Beratungskonzeptes zu sehen.

Umso wichtiger ist die Präsentation der Bücher in der Apotheke, die nach Ansicht von Almut Mettler einen wesentlichen Schlüssel zum Erfolg dieses Angebotes darstellt. Die Bücher sollten gut erkennbar in einem Drehständer oder mit sichtbarer Titelseite in Regalen vorgestellt werden. Zu einer Themendekoration des Schaufensters würden neben den passenden Arzneimitteln auch Bücher zur jeweiligen Indikation gehören.

Bücher – kaufmännisch bewertet

Damit konkurrieren die Bücher um die möglicherweise knappen Regalmeter der Frei- und Sichtwahl und um den begrenzten Raum zum Aufstellen von Verkaufsständern. Obwohl die Bücher in der Apotheke primär als Mittel für die verbesserte Beratung und weniger als Umsatzbringer gesehen werden sollten, müssen sie sich wegen dieser begrenzten Präsentationsmöglichkeiten auch einer direkten betriebswirtschaftlichen Betrachtung stellen.

Die Warenumschlagsgeschwindigkeit der Bücher ist sicher nicht mit der von Umsatz-"Rennern" oder Indikatorartikeln aus der Freiwahl zu vergleichen. Diese Produkte bieten aber aufgrund der geringeren Preise und der ausgereizten Margen im frei kalkulierbaren Bereich meist auch nur einen viel geringeren Stückertrag als die Bücher.

Für einen betriebswirtschaftlichen Vergleich bieten sich dagegen eher höherwertige Körperpflege- und Kosmetikartikel an. Wie bei den Büchern wird auch hier zumeist nicht nur ein homogenes Produkt in großer Stückzahl umgesetzt, stattdessen muss ein ganzes Produktspektrum mit verschiedenen Darreichungsformen oder für unterschiedliche Hauttypen angeboten werden – ähnlich wie die unterschiedlichen Buchtitel. Bei diesem Vergleich sollten die Bücher mithalten können.

Bücher rechnen sich

Im Vergleich zum Kosmetik- und Körperpflegemarkt bieten die Bücher einen beträchtlichen Vorteil, durch den sie besonders gut in die Apotheke passen: Sie haben eine feste Preisbindung für die Verkaufspreise, die erst kürzlich durch ein neues Gesetz bestätigt wurde. Damit sind sie aus wirtschaftlicher Sicht sehr ähnlich zu behandeln wie die vertrauten Arzneimittel.

Auch der Rohertrag, der den Apotheken beim Verkauf von Büchern und Arzneimitteln bleibt, ist vergleichbar. Ähnlich wie bei Arzneimitteln in der Selbstmedikation können bei größeren Absatzmengen oder Erstausstattungsangeboten in begrenztem Umfang zusätzliche Rabatte erzielt werden. Bücher versprechen damit eine ähnliche Ertragskraft wie viele etablierte Produkte aus der Frei- oder Sichtwahl.

Wo Bücher hingehören

Doch trotz aller günstigen Voraussetzungen gehören Bücher noch nicht zum etablierten Kernsortiment der Apotheken. Daher muss, wie immer im Ergänzungssortiment, in jeder Apotheke geprüft werden, ob sie in das individuelle Angebot passen.

Bei der Befragung der DAZ ließen sich auch Standorte erkennen, die sich offenbar wenig für den Verkauf von Büchern eignen: Ungünstig sind die Bedingungen für Apotheken in unmittelbarer Nachbarschaft zu großen und gut sortierten Buchläden. Hier ist der Wettbewerb durch den Spezialisten zu stark. Negative Rückmeldungen gab es auch aus typischen Ferienorten. Im Urlaub sollten die Menschen mehr Zeit zum Lesen haben, doch wollen sich die meisten Menschen offenbar gerade im Urlaub nicht mit ihrer Krankheit beschäftigen.

Gute Voraussetzung für den Buchverkauf bieten dagegen gehobene Wohngegenden und die Nähe zu Behörden. Ein hoher Beamtenanteil spricht für ein lesefreudiges Publikum. Als günstig sind auch Apotheken mit klar erkennbarer Spezialisierung anzusehen. Wenn eine Apotheke beispielsweise Homöopathie und alternative Heilverfahren besonders herausstellt und die Patienten daraufhin sogar einen längeren Weg in Kauf nehmen, sollte die diesbezügliche Literatur als Teil eines kompletten Angebotes nicht fehlen. Außerdem kann gerade im Segment der alternativen Therapien ein besonders lesefreudiges Publikum erwartet werden. Selbstverständlich sollte die Auswahl der vorgestellten Buchtitel zu der jeweiligen Spezialisierung passen.

Nicht so klar sind die Voraussetzungen in Lauflagen oder in gemischten Wohngegenden mit einem sehr vielfältigen Publikum. Hier kann sicher nicht erwartet werden, dass Bücher ohne besonderes Engagement zum Selbstläufer werden. Vielmehr kommt es darauf an, die Bücher angemessen zu präsentieren und aktiv in die Beratung einzubeziehen.

Bücher fürs Image

Es kann dabei nicht das Ziel sein, Bücher zu einem tragenden wirtschaftlichen Standbein für die Apotheke auszubauen. Viel wichtiger ist ihre Bedeutung für eine zeitgemäße Beratung in einem umfassenden Kommunikationskonzept der Apotheke. In unserer multimedialen Welt reicht das gesprochene Wort als Informationsträger nicht mehr aus. Zu einer erfolgreichen und zielgerichteten Beratung gehören daher auch gedruckte Informationen.

Im Unterschied zu anderen Bemühungen um eine intensivere Beratung, belasten die Bücher aber nicht die Finanzmittel der Apotheke, sondern liefern sogar noch zusätzlichen Ertrag. Noch mehr dürfte die Apotheke aber durch die verbesserte Kundenbindung und damit insgesamt höhere Umsätze profitieren, wenn es gelingt, die Bücher zu einem festen Bestandteil der alltäglichen Beratungsarbeit zu machen. Denn die umfassende Beratung stärkt das Apothekenimage und die Zufriedenheit der Kunden.

Kasten Bücher in der Apotheke

  • können die Beratung als Teil eines umfassenden Kommunikationskonzeptes sinnvoll unterstützen,
  • können die Beratung vereinfachen und abkürzen,
  • gehören zu einem umfassenden Informationsangebot,
  • sind preisgebunden wie apothekenpflichtige Arzneimittel und bieten daher eine sichere Handelsspanne,
  • sollten die Kunden zu weiteren Beratungen in die Apotheke zurück verweisen,
  • sollten in ihrer Themenauswahl die typischen Beratungsfälle in der Apotheke berücksichtigen,
  • sind keine "Selbstläufer", sondern sollten aktiv angeboten und angemessen präsentiert werden,
  • helfen, das Image der Apotheke weiter in Richtung auf die Beratung auszubauen.

Kasten EXPOPHARM Berlin Crash-Kurs Buchverkauf

Eintritt frei Bitte formlose Anmeldung am Stand Deutscher Apotheker Verlag, Halle 21 A 30 Buchverkauf in der Apotheke – bringt das was? Referenten: Thomas Müller-Bohn, Süsel; Reinhild Berger, Stuttgart Samstag, 12. Oktober 2002, 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr Messegelände Berlin – Großer Stern Seminarraum A - 1. Obergeschoss Alle Teilnehmer erhalten kostenlos den Hirzel-Ratgeber von Pahlow, Gesunde Gewürze. Tipps, Rezepte und Informationen im Verkaufswert von 7 14,80. Eine Info-Veranstaltung des Deutschen Apotheker Verlags Stuttgart.

Das könnte Sie auch interessieren

Websites und Apps für Allergiker

Pollenwarnung aus dem Netz

Pharmazeutische Dienstleistungen – wie kann es besser laufen?

Aus den Startlöchern kommen

Wie Sie ältere Patienten gezielt unterstützen können

Seniorenfreundliche Apotheke

Irritationen um „Impfbuch für alle“

Von Hirschhausen antwortet auf Apothekerkritik

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.