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Im wesentlichen sind es fünf Bereiche, die mit der Änderung des Apothekengesetzes neu gestaltet wurden und die die Apothekenpraxis in den nächsten Jahren mit beeinflussen werden. Eine Änderung hat die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker erfahren. Waren früher und sind auch heute noch hier enge Grenzen gesetzt, so ist jetzt auf dem Gebiet der Zytostatikaversorgung eine gewisse Lockerung eingetreten: der Apotheker darf anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen direkt an den Arzt abgeben – eine durchweg sinnvolle Lösung, die bereits vorher im Graubereich des alten Gesetzes praktiziert wurde.

Dem schwerkranken Patienten kann der Weg in die Apotheke und der Transport hochtoxischer Substanzen nicht zugemutet werden. Interpretationsbedürftig bleibt hier, ob auch gleich das Rezept vom Arzt direkt an den Apotheker übermittelt werden darf, ohne erst in Patientenhand zu gelangen. Sinnvoll wäre es in jedem Fall.

Neu ist auch die Zusammenarbeit zwischen Apotheken, die das Änderungsgesetz bei der Zytostatikaherstellung regelt. Krankenhausapotheken und öffentliche Apotheken dürfen ab sofort auf diesem Gebiet kooperieren, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Gesonderte Versorgungsverträge oder eine besondere Herstellererlaubnis sind hier nicht notwendig.

Interpretationsbedürftig ist allerdings, ob die Arzneimittelpreisverordnung zwischen den (Krankenhaus-)Apotheken anzuwenden ist. Ein kleiner Zusatz im Gesetz hätte hier für Klarheit sorgen können. Man darf gespannt, wie sich die Zusammenarbeit in der Praxis gestaltet. Obwohl z. B. ein Vertrag zwischen den Apotheken, die kooperieren, nicht vorgeschrieben ist, könnten solche Verträge Unstimmigkeiten verhindern.

Die Versorgung von Heimen wurde mit dem Änderungsgesetz, das in diesem Bereich erst ab 28. August 2003 gilt, auf vertragliche Füße gestellt. Die Apotheke wird dann mit dem Heim einen ordentlichen Vertrag schließen, aus dem hervorgeht, welche Leistungen die Heimversorgung durch die Apotheke einschließt, so z. B. die Unterrichtung der Heimmitarbeiter über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln und vieles andere.

Stoff für Interpretationen und womöglich auch Auseinandersetzungen könnte der "Krankenhausparagraph" des geänderten Apothekengesetzes hergeben (§ 14). Krankenhausapotheken dürfen nun Arzneimittel zur unmittelbaren Anwendung an "ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses" abgeben. Was heißt da eigentlich "unmittelbare Anwendung"? Und welche Preise gelten, wenn öffentliche Apotheken Krankenhausambulanzen beliefern, was theoretisch ebenfalls möglich ist? Darüber hinaus darf die Krankenhausapotheke dem Patienten seine am Wochenende und Feiertagen benötigte Arzneimittelration mitgeben. Der Patient muss nicht mehr eine Not- oder Nachtdienstapotheke aufsuchen.

Fakt ist, dass mit diesen Regelungen im Krankenhausbereich die strikte Trennung der Arzneiversorgung im ambulanten und stationären Bereich durchbrochen ist, und den Krankenhausapotheken die Versorgung mit Arzneimitteln im ambulanten Bereich ermöglicht wird. Da könnte sich noch die eine oder andere Frage, die womöglich gerichtlicher Klärung bedarf, auftun. Ein juristischer Beitrag in dieser Ausgabe befasst sich mit den Fragen rund um das Änderungsgesetz zum Apothekengesetz.

Brandneu ist die in der letzten Woche veröffentlichte Präparateliste zur Negativliste, mit der die eigentliche Negativliste über unwirtschaftliche Arzneimittel für Ärzte (und Apotheker) erst richtig handhabbar wird. In der Präparateliste sind, wie der Name schon sagt, diejenigen Arzneimittel mit ihrem Präparatenamen aufgelistet, die nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfen. Der Arzt darf diese Mittel also nicht für Kassenpatienten verordnen, der Apotheker darf sie auf Rezept nicht abgeben.

Richtig zufrieden zeigen sich die Ärzte damit allerdings nicht. Sie fordern die Positivliste, in der Hoffnung, dass sie dann hemmungslos und ohne Furcht vor Regressen die Präparate verordnen dürfen, die dort aufgelistet sind. Einerseits verständlich angesichts der zum Teil schikanösen Regresspraxis der Kassen, andererseits dürfte auch das Handling einer Positivliste nicht so einfach sein, wie es sich Ärzte wünschen. Ein Freibrief für die Verordnung wird sie nicht darstellen. Außerdem: die Frage ist, ob die Positivliste überhaupt noch kommt. Führende Gesundheitspolitiker sind bereits davon überzeugt, dass sie in der Versenkung verschwinden wird.

Nicht vergessen, falls Sie es nicht schon per Brief getan haben: am nächsten Sonntag ist Wahltag! Die Financial Times hat als erste Zeitung in Deutschland mit einem Tabu gebrochen und als Tageszeitung ihren Lesern eine Empfehlung gegeben, was zu wählen ist, nämlich die Unionsparteien. Am Tag darauf nahm die Zeitung ihren Tabubruch ein wenig zurück, in dem sie drei leitende Redakteure zu Wort kommen ließ, die dafür plädierten, Rot-grün eine zweite Chance zu geben.

Wir von der DAZ meinen, dass wir Ihnen keine Empfehlung geben müssen. Anhand unserer Berichte über die Gesundheitsprogramme der Parteien, über die Ansichten der Parteien zu den Themen, die uns als Apotheker existenziell interessieren, wissen Sie selbst, welche Regierung für uns das kleinere Übel darstellt.

Peter Ditzel

Interpretationsbedürftig

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