Arzneimittel und Therapie

Mammakarzinom: Aromatase-Hemmer Anastrozol ist Tamoxifen signifikant überlegen

Die ATAC-Studie ist die größte Studie, die sich zurzeit mit der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen beschäftigt. Kürzlich wurden die Ergebnisse zur Effektivität und Sicherheit veröffentlicht. Im Verlauf einer fast dreijährigen Behandlung senkte Anastrozol signifikant das Risiko eines Brustkrebsrezidivs.

Die randomisierte, multizentrische Doppelblindstudie ATAC (Arimidex, Tamoxifen Alone or in Combination) wurde 1996 begonnen, um folgende Fragen zu klären:

  • Ist in der adjuvanten Brustkrebsbehandlung postmenopausaler Frauen der Aromatase-Hemmer Anastrozol (Arimidex®) genauso effektiv wie der bisherige "Goldstandard" Tamoxifen?
  • Weist eine Anastrozol-Behandlung Vorteile hinsichtlich der Sicherheit und der Nebenwirkungen auf?
  • Kann eine Kombination von Anastrozol und Tamoxifen mehr Sicherheit oder Wirksamkeit bieten als die Tamoxifen-Monotherapie?

Tamoxifen: bisher erste Wahl

Der Estrogenrezeptor-Antagonist Tamoxifen ist seit 30 Jahren ein Standard-Therapeutikum in der Behandlung des hormon-sensitiven Mammakarzinoms. Es ist zur adjuvanten Therapie nach Primärbehandlung und zur Palliativbehandlung metastasierender Mammakarzinome zugelassen. Obwohl die Substanz relativ gut vertragen wird, treten bei längerer Einnahme neben verschiedenen gynäkologischen Komplikationen gehäuft Endometriumkarzinome und Thromboembolien auf.

Seit etwa 10 Jahren werden bei Frauen in der Postmenopause auch reversible und irreversible Hemmstoffe der Aromatase (siehe Kasten) zur adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms eingesetzt. Die Ergebnisse der ATAC-Studie zeigen für den Aromatase-Hemmer Anastrozol, der 1995 in die Therapie eingeführt wurde, eine signifikante Überlegenheit gegenüber Tamoxifen.

Kastentext: Aromatase-Hemmer

Die Aromatase ist ein Enzymkomplex, der in den Ovarien, in der Muskulatur, im Fettgewebe und in Mammakarzinomzellen die Umwandlung von Androgenen in Estrogene katalysiert. Dies geschieht durch oxidative Entfernung der C-19-Methylgruppe und gleichzeitige Aromatisierung des Ringes A. Man unterscheidet reversible Aromatase-Hemmer [Aminogluthetimid (Orimeten®), Anastrozol (Arimidex®), Letrozol (Femara®)] und irreversible Inhibitoren [Exemestan (Aromasin®), Formestan (Lentaron®), Testolacton (Fludestrin®)].

Studiendesign

An der Studie nahmen 9366 postmenopausale Frauen teil, deren Primärtherapie (Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie) abgeschlossen war und die für eine adjuvante Therapie geeignet erschienen. 84% aller Patientinnen waren Hormonrezeptor-positiv. 3125 Frauen erhielten Anastrozol (1 mg täglich), 3116 Tamoxifen (20 mg täglich) und 3125 Patientinnen eine Kombination beider Substanzen. Von der Kombinationstherapie erhoffte man sich Vorteile durch additive oder synergistische Effekte der beiden Wirkstoffe. Die kürzlich veröffentlichten Daten beziehen sich auf den Beobachtungszeitraum Juli 1996 bis März 2000. Die mittlere Beobachtungszeit lag bei 33,3 Monaten.

Signifikant höhere Wirksamkeit von Anastrozol

Die Behandlung mit Anastrozol erwies sich im Beobachtungszeitraum als signifikant wirksamer als die mit Tamoxifen oder die Kombinationstherapie. In der Anastrozol-Gruppe kam es bei 317 von 3125 Frauen (10,1%) zur Bildung von Metastasen oder Rezidiven oder zum Tod. In der Tamoxifen-Gruppe traten diese Ereignisse bei 12,2% (379 von 3116 Frauen) und in der Kombinationsgruppe bei 12,3% (383 von 3125 Frauen) auf.

Anders ausgedrückt war die krankheitsfreie Überlebenszeit bei Frauen, die mit Anastrozol behandelt wurden, signifikant länger als bei den mit Tamoxifen oder mit der Kombinationstherapie Behandelten. Die Kombinationstherapie unterschied sich jedoch nicht signifikant von der Tamoxifen-Behandlung. In der Untergruppe der Hormonrezeptor-positiven Patientinnen zeigte sich die Überlegenheit von Anastrozol noch deutlicher.

Verträglichkeit und Sicherheit

Alle drei Behandlungsregimes wurden von den meisten Patientinnen gut vertragen. In der Anastrozol-Gruppe gab es signifikant weniger Therapieabbrüche als in der Tamoxifen-Gruppe. Dies könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass bei der Anastrozol-Therapie im Vergleich zur Tamoxifen-Behandlung signifikant weniger Hitzewallungen, Vaginalblutungen, ischämische cerebro-vaskuläre Ereignisse, venöse Thromboembolien und Endometriumkarzinome auftraten.

Allerdings kam es bei der Tamoxifen-Behandlung signifikant seltener zu Skelettmuskelerkrankungen und Frakturen. Dies ist wahrscheinlich auf die partiell agonistische Wirkung des Estrogenrezeptor-Antagonisten zurückzuführen. Trotz der ermutigenden Ergebnisse der Studie ist für eine endgültige Nutzen-Risiko-Abwägung eine längere Nachbeobachtungszeit erforderlich. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt beispielsweise die Sicherheit von Anastrozol über einen Therapiezeitraum von fünf Jahren.

Zulassungserweiterung noch in diesem Jahr?

Aufgrund der neuen Studienergebnisse strebt AstraZeneca noch in diesem Jahr die Zulassung des Aromatase-Hemmers bei Frauen in frühen Brustkrebsstadien an. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA prüft zurzeit den Antrag auf Zulassungserweiterung zur adjuvanten Behandlung des Mammakarzinoms. Bisher ist Anastrozol als First-line-Therapie bei postmenopausalen Frauen mit fortgeschrittenem oder metastasierendem hormon-sensitiven Mammakarzinom und als Second-line-Therapie nach Tamoxifen-Behandlung zugelassen.

Quellen

The ATAC Trialists' Group: Anastrozole alone or in combination with tamoxifen versus tamoxifen alone for adjuvant treatment of postmenopausal women with early breast cancer: first results of the ATAC randomised trial. Lancet 359, 2131 – 2139 (2002). www.astrazeneca.de

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