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Das könnte der berühmte Silberstreif am Horizont sein: Der Landesapothekerverband Niedersachsen hat mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Niedersachsen-Bremen eine bemerkenswerte Vereinbarung geschlossen, die ein Konzept der Versorgung durch eine wohnortnahe Hausapotheke erstmals auf eine vertragliche Grundlage stellt.

In erster Linie chronisch kranke Patienten sollen sich bei einer Hausapotheke einschreiben, von der sie mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und Hilfsmitteln versorgt werden, wenn es sein muss bis ans Krankenbett zu Hause. Für Nichtarzneimittel stellt die Apotheke den Krankenkassen günstigere Preise in Rechnung, die Apotheke kann dies durch den Einkauf größerer Mengen wieder wett machen. Der Patient hat den Vorteil, dass er in seiner Hausapotheke via Kundenkarte einen Rabatt von fünf Prozent auf nicht preisgebundene Artikel erhält.

Doch das ist noch nicht alles: erstmals erkennt eine Krankenkasse die pharmazeutische Betreuung als Leistung des Apothekers an. Für die von der Apotheke erstellten Arzneimitteldossiers, die einen Überblick über die gesamte Medikation des Patienten erlauben, bezahlen die Krankenkassen eine Vergütung, über eine Beratung hinaus gehende Leistungen sollen extra honoriert werden.

Und: Der BKK-Landesverband sieht mit solchen Vereinbarungen nun keinen Grund mehr, den Arzneimittelversand zu fordern, das vereinbarte Konzept entspreche einer bedarfsgerechten wohnortnahen Versorgung, wie man es für die Versicherten wünsche. Ein kleiner Wermutstropfen ist allerdings dabei: trotz allem wolle man nicht ausschließen, dass einzelne Betriebskrankenkassen über DocMorris belieferte Rezepte erstatten.

Alles in allem: eine Vereinbarung, die aufmerken lässt. Ob das der Weg ist aus der leidigen Versandhandelsdiskussion heraus hin zur Anerkennung der apothekerlichen Tätigkeit? Auch in anderen Bundesländern, so z. B. in Schleswig-Holstein, wird an ähnlichen Vereinbarungen gearbeitet, die eine Versorgung durch die wohnortnahe Hausapotheke festschreiben wollen. Immerhin ein Anfang, den man mit aller Vorsicht positiv begleiten sollte – auch wenn noch das eine oder andere Rezept ins niederländische Kerkrade geschickt wird.

Wo wir gerade bei DocMorris sind: das Hamburger Abendblatt brachte in seiner letzten Wochenend-Ausgabe vom 7./8. September einen groß aufgemachten Beitrag über den Mann, der sein Geld, immerhin einen zweistelligen Millionenbetrag, in diese Versandapotheke steckte – der Hamburger Unternehmer Gottfried Neuhaus, nach Auffassung der Zeitung derjenige, den Deutschlands Apotheker am meisten hassen. Ein Anlass des Beitrags war die Freude von Neuhaus darüber, dass die Versandapotheke jetzt erstmals schwarze Zahlen schreibt und angeblich jeden Monat um weitere 30 Prozent wächst. Schreibt das Abendblatt. Papier ist geduldig – solange mir solche Zahlen nicht schwarz auf weiß präsentiert werden, halte ich von solchen Angaben wenig.

Ärgerlich ist für mich dagegen, dass auch dieser Beitrag wieder nicht erkennt, erkennen oder herausstellen will, warum eine deutsche Apotheke gar keine Chance gegen DocMorris hat, ja sogar bestraft würde, wenn sie gleich ziehen wollte: in Deutschland ist der Arzneimittelversand per Gesetz verboten, in Deutschland ist der Verzicht auf die Rezeptgebühr nicht erlaubt, in Deutschland werden Arzneimittel mit einer Mehrwertsteuer von 16 Prozent belegt und in Deutschland gibt es eine Arzneimittelpreisverordnung, die gewährleistet, dass jedes Arzneimittel zum selben Preis verkauft wird. Vielleicht sollten die Apotheker Deutschlands gemeinsam tatsächlich eine eigene Versandapotheke jenseits der Grenze aufmachen, DocMorris in seinen Preisen unterbieten und eventuell anfallende Gewinne unter einander aufteilen.

Eine neue Frauenbewegung unter Deutschlands Apothekerinnen zeichnet sich ab: Acht Pharmazeutinnen haben Ende August den Deutschen Pharmazeutinnen-Verband gegründet. Sinn des Verbands ist es, die Repräsentation der weiblichen Mitglieder des Berufsstandes deutlich zu verbessern. Zwar liegt der Frauenanteil im Apothekerberuf bei starken 75 Prozent, er spiegelt jedoch in keiner Weise den Anteil der Frauen in Führungspositionen, in der Berufspolitik oder in der Wissenschaft, z. B. an Hochschulen wider.

Mit dem Pharmazeutinnen-Verband glauben die Gründungsmitglieder, in der Öffentlichkeit mehr Gehör zu bekommen, um ihre Belange und Ansichten durchsetzen zu können. Keine Angst, meine lieben Geschlechtsgenossen, die aktiven Pharmazeutinnen wollen uns nichts streitig machen, sie wollen nur, dass bei allen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vorn herein berücksichtigt werden, "da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt".

Peter Ditzel

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