Arzneimittel und Therapie

Erektile Dysfunktion: Kein erhöhtes Herzinfarktrisiko unter Sildenafil

Die Einnahme von Sildenafil (Viagra®) und ein darauf folgender körperlicher Belastungstest führte bei herzkranken Patienten zu keinen nennenswerten ischämischen kardialen Veränderungen. Diesem Ergebnis zufolge ist Sildenafil unter bestimmten Voraussetzungen auch für Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit geeignet; allerdings muss zuvor eine gründliche Anamnese und Diagnostik erfolgen, und der Patient darf keine Nitrate einnehmen.

Seit der Einführung von Sildenafil vor gut vier Jahren wurde der Phosphodiesterase-Hemmer immer wieder mit ernsthaften kardialen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht. So liegen der amerikanischen Überwachungsbehörde Berichte über rund 130 Todesfälle nach der Einnahme von Sildenafil vor. Die Todesursache war in den meisten Fällen ein Myokardinfarkt; des Weiteren traten starke Blutdruckabfälle oder ventrikuläre Tachykardien auf.

Aufgrund dieser Beobachtungen sollen herzkranke Patienten kein Sildenafil einnehmen. Allerdings ist bis heute nicht geklärt, ob die kardialen Nebenwirkungen tatsächlich durch den Phosphodiesterase-Hemmer verursacht wurden oder ob die körperliche Anstrengung beim Geschlechtsakt zu Herzproblemen führte. Um diese Frage beantworten zu können, wurden bei herzkranken Patienten die hämodynamischen Effekte von Sildenafil bei körperlicher Anstrengung gemessen.

Studie mit herzkranken Probanden

Für die prospektive, randomisierte, doppelblinde und plazebokontrollierte Studie wurden 105 Männer im Durchschnittsalter von 66 Jahren ausgewählt, die an koronarer Herzkrankheit und erektiler Dysfunktion litten. Aufgrund einer möglichen Interaktion zwischen Nitraten und Sildenafil nahmen an der Studie nur Patienten teil, die kein Nitrat einnahmen bzw. das Medikament drei Tage zuvor abgesetzt hatten.

Nach einer Ruhe-Echokardiographie und Ermittlung der Basisdaten erhielten die Probanden ein Plazebo oder 50 bzw. 100 mg Sildenafil. Eine Stunde später wurde eine Belastungs-Echokardiographie durchgeführt, um mögliche ischämische Wandbewegungsstörungen festzustellen. Ferner wurden weitere Parameter wie systolischer und diastolischer Blutdruck, Herzrate, Belastungsfähigkeit und Dyspnoe festgehalten.

Mit der Ausnahme einer etwas stärkeren Blutdrucksenkung unter Sildenafil (Abnahme des systolischen Wertes unter Sildenafil um - 7 mm Hg; unter Plazebo um - 2 mm Hg) zeigten sich keine Unterschiede zwischen der Verum- und der Vergleichsgruppe. Die hämodynamischen Veränderungen nach der körperlichen Belastung waren unter Plazebo und Verum vergleichbar und unterschieden sich statistisch nicht.

Kontraindikationen beachten

Diesem Ergebnis zufolge scheinen kardiale Ereignisse nach einer Sildenafil-Einnahme weniger auf den Phosphodiesterase-Inhibitor als auf die körperliche Anstrengung beim Geschlechtsakt zurückzuführen zu sein. Unabhängig von irgendeiner Medikamenteneinnahme ist das relative Risiko für einen Herzinfarkt in den ersten zwei Stunden nach dem Geschlechtsverkehr allgemein auf 2,5 erhöht. Sildenafil erhöht das Risiko für einen Myokardinfarkt nicht und scheint auch für stabile herzkranke Patienten geeignet zu sein. Allerdings muss zuvor eine gründliche Anamnese erfolgen und Kontraindikationen (keine gleichzeitige Nitrateinnahme) müssen unbedingt beachtet werden.

Kastentext: Gravierende Wechselwirkungen mit Nitraten

Phosphodiesterase-Hemmer (PDE-Inhibitoren) sind Struktur-Analoga von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) und verfügen alle über denselben Wirkmechanismus: Sie hemmen die PDE vom Typ 5, die vorwiegend in den Gefäßmuskelzellen des Penis lokalisiert ist und dort cGMP zu inaktivem GMP abbaut. Wird dieser Vorgang verhindert, weitet ein erhöhter cGMP-Spiegel die Gefäße und erhöht dadurch den Blutzufluss in den Schwellkörpern, was zu einer Erektion führt.

Nitrate bewirken wie PDE-Hemmer eine NO-vermittelte Anreicherung von cGMP in glatten Gefäßmuskelzellen. Daher können sich bei gleichzeitiger Gabe von PDE-Hemmern und Nitraten die gefäßerweiternden Wirkungen dieser beiden Substanzen potenzieren, was unkontrollierte und lebensbedrohliche Blutdruckabfälle zur Folge haben kann.

Literatur

Arruda-Olson, A., et al.: Cardiovascular effects of Sildenafil during exercise in men with known or probable coronary artery disease. J. Am. Med. Assoc. 287, 719 - 725 (2002). Marwick, T.: Safe sex for men with coronary artery disease. J. Am. Med. Assoc. 287, 766 - 767 (2002).

Seit der Einführung von Sildenafil (Viagra®) wurde der Phosphodiesterase-Hemmer immer wieder mit ernsthaften kardialen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht. Bis heute ist nicht geklärt, ob diese Nebenwirkungen tatsächlich durch den Phosphodiesterase-Hemmer verursacht wurden, oder ob die körperliche Anstrengung beim Geschlechtsakt zu Herzproblemen führte. Die Einnahme von Sildenafil und ein darauf folgender körperlicher Belastungstest führte bei herzkranken Patienten zu keinen kardialen Veränderungen. Diesem Ergebnis zufolge ist Sildenafil auch für Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit geeignet; allerdings muss zuvor eine gründliche Anamnese und Diagnostik erfolgen, und der Patient darf keine Nitrate einnehmen.

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