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Hochwasserkatastrophe: Ex-ante-Unterlagen für die Nachzulassung in Leisnig sind

LEISNIG/REMAGEN (schu/hb). Ganz Deutschland hat in den letzten Tagen mit Entsetzen und Fassungslosigkeit mitbeobachtet, welch schlimme Überschwemmungskatastrophe sich in Sachsen und Sachsen-Anhalt zugetragen hat. Bei allem persönlichen materiellen und immateriellen Schaden mögen sich manches Pharmaunternehmen und auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ganz speziell Sorgen um die unweit von Grimma an der Mulde gelegene Kleinstadt Leisnig gemacht haben, denn dort, genauer bei der Firma DMI-Archivorganisation, lagern die von der Industrie vor zwei Jahren mit einer immensen Kraftanstrengung erarbeiteten so genannten Ex-ante-Unterlagen für die Nachzulassung.

Die sächsische Kleinstadt Leisnig mit ca. 7500 Einwohnern verdankt ihre wirtschaftliche Attraktivität der speziellen Lage im Städtedreieck Leipzig - Dresden - Chemnitz. Direkt an der Mulde hat sich ein Industriegebiet etabliert, in dem auch die Firma DMI-Archivorganisation ihren Sitz hat, eine von insgesamt vier Niederlassungen. Das Unternehmen lagert und archiviert Datenmaterial für Krankenhäuser, Arztpraxen, Unternehmen und öffentliche Verwaltungen.

Zusammenarbeit zwischen BfArM und DMI

Das BfArM nimmt die Dienste von DMI seit dem Jahr 2000 in Anspruch. Nicht zuletzt bedingt durch die schwierige Umzugssituation reichten die Lagerkapazitäten der Zulassungsbehörde für die Aufnahme der beachtlichen Mengen an Aktenmaterial, das die pharmazeutische Industrie im Vollzug der 10. AMG-Novelle zusätzlich für ihre Präparate einreichen musste, seinerzeit nicht aus.

Die Pharmaunternehmen mussten ihre Akten also nicht nach Bonn, sondern direkt nach Leisnig schicken. Lediglich die Kerndokumente waren neben der Print-Version auch per E-Mail direkt in Bonn einzureichen. Akten, auf die die Sachbearbeiter im BfArM im Rahmen der Nachzulassung zurückgreifen müssen, werden nun regelmäßig von Leisnig in die neuen Räumlichkeiten nach Bonn gebracht.

Wie der Internet-Homepage von DMI zu entnehmen ist, wurde die Firma kürzlich darüber hinaus mit der Digitalisierung der Antragsdokumentation der Pharmaunternehmen beauftragt. Über einen Zeitraum von drei Jahren sollen rund 18 Millionen Dokumente gescannt und gemäß Vorgabe in das digitale Archivsystem des BfArM überspielt werden.

Erste Nachrichten von der Flut in Leisnig - "the day after"

Am Donnerstag, dem 15. August 2002, berichtete die Döbelner Allgemeine Zeitung - ein Nachbarort von Leisnig -, dass sich auf der Muldenwiese ein Bild des Entsetzens zeige und dass Frauen dort Archivmaterial von DMI aufsammelten. Die Deutsche Apotheker Zeitung machte sich daraufhin daran, die Situation vor Ort zu ergründen, ein schwieriges Unterfangen, weil die Region teilweise ohne Strom war. Laut Auskunft des Leisniger Bürgermeisters stand das Wasser dort noch 1,50 Meter höher als das für die Region dokumentierte Jahrhunderthochwasser von 1887.

Alarmierendes von der Muldenwiese

Nachfolgend der Bericht der DAZ-Korrespondentin und das Ergebnis ihrer journalistischen Recherche vor Ort:

Diesen 12. und 13. August werden die Leisniger nicht so schnell vergessen. Das Städtchen an der Mulde mit seiner historischen Burganlage, einer liebevoll sanierten Altstadt und vielen malerischen Flecken Natur sowie dem ehemaligen Zisterzienserkloster Buch, wurde von der schlimmsten Flut heimgesucht, die es je gab. Ganze Stadtteile standen unter Wasser. Häuser wurden weggespült, Existenzen vernichtet. Unübersehbar noch Schäden und Folgen.

Arg in Mitleidenschaft gezogen wurde auch die so genannte Muldenwiese. Zwar wohnen hier nur wenige Menschen, dafür aber haben sich hier eine ganze Reihe von Firmen angesiedelt. Zu ihnen gehört auch DMI. In der Nacht, als die Flut kam, konnte nicht mehr viel getan werden, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Die Flut bahnte sich ihren Weg über das Areal, nahm Stück für Stück Besitz: Auch bei DMI stand das Wasser in Keller und Erdgeschoss bis zu einer Höhe von 2,50 Meter. Es drückte Tore ein, Mobiliar und andere Materialien schwammen davon. Stapeltechnik wurde zerstört. Bereits am Tag nach der Katastrophe begannen Bergung und Sichtung der Schäden.

Entwarnung: Kein Schaden für die Kunden

Laut Auskünften von Geschäftsführer Christoph Schmelter sei kein Schaden für Kunden entstanden. Lediglich bereits vor der Vernichtung stehendes Material habe Wasserschäden erlitten. Es werde nun getrocknet, um dann vernichtet werden zu können. Weitere durchnässte Materialien seien vorerst in geschlossenen Kühlhäusern untergebracht, um sie konservieren zu können.

Bei DMI wurde bereits ab Freitag 9 Uhr, nachdem das Unternehmen wieder ans Stromnetz angeschlossen war, mit der Produktion begonnen. Laut Schmelter werden in den nächsten Tagen alle Anlagen überprüft, bei Bedarf repariert und zugeschaltet. Der Geschäftsführer lobte ferner, dass auch DMI viel Unterstützung von nicht betroffenen Firmen und Helfern erhalten habe. Der Standort Muldenwiese werde nicht aufgegeben.

Expansion in die nähere Umgebung

DMI hatte bereits seit Monaten die Erweiterung des Unternehmens im Gewerbegebiet Marschwitz, in der benachbarten Gemeinde Bockelwitz geplant. Obwohl Marschwitz selbst zu vier Fünfteln überflutet sei, zählt das bereits gekaufte Grundstück für das neue Hochregallager von DMI im dortigen Gewerbegebiet nicht zu den betroffenen Gebieten. "Wir haben unsere Kunden über unsere Lage informiert und um Verständnis gebeten, falls es doch zu kurzen Verzögerungen kommt", so Schmelter.

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