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Jahrhundertflut bedroht Apotheker-Existenzen: "Ein Neuanfang wird verdammt schwe

DÖBELN (schu). In dieser Woche hat die Döbelner Apothekerin Eva Günther Geburtstag. Doch ihr Dreiundsechzigster wird alles andere als ein fröhliches Fest werden. Die Döbelnerin zählt zu den fünf Apothekerinnen und Apothekern im Kreis Döbeln, die durch die Flutkatastrophe zu Opfern wurden.

Eva Günther ist mit Leib und Seele Apothekerin. Seit 1966 arbeitet sie in der Apotheke an der Oberbrücke der sächsischen Kreisstadt. Obwohl bereits 50 Jahre alt, ging sie zu Wendezeiten den Weg in die Selbstständigkeit und investierte gewaltig. Sie nahm Kredite auf und beschäftigte fünf Mitarbeiter. Die Apotheke an der Oberbrücke war beliebt bei Kunden und Patienten. Jetzt, wo sie so langsam daran dachte, sich später zur Ruhe zu setzen, sind alle Investitionen und alle Rücklagen fürs Alter dahin.

Keine Zeit zum Ausräumen

Den 12. August wird die Apothekerin so schnell nicht vergessen. Am späten Nachmittag begann die Mulde, die mitten durch die Kreisstadt führt, über die Ufer zu treten. Anfangs dachte keiner daran, dass daraus nur kurze Zeit später ein reißender Strom werden sollte. "Wir hatten überhaupt nicht damit gerechnet, dass unsere Apotheke überflutet wird. Dann war das Wasser da und für ein Ausräumen blieb gar keine Zeit", so Eva Günther.

Fast zwei Meter hoch hat das Wasser in den meisten Räumen der Apotheke gestanden. Beinahe alles wurde unbrauchbar. Jetzt sind die Wassermassen abgeflossen und es bietet sich ein erschreckendes Bild: Nichts steht mehr, wo es stand. Material, Ladenausstattung und Gerätschaften wurden unbrauchbar durch die dunkle braune Brühe und den mitgeführten Schlamm.

Welche Kraft die Fluten hatten, lässt sich an einem Beispiel zeigen: Im Büro der Apothekerin stand eine alte Ledercouch, die quasi seit zig Jahren zum Inventar gehörte. Selbst mehrere Kraftprotze hätte es bedurft, sie zu verrücken. Die Flut schaffte es.

Als die Wassermassen sich Kilometer weiter begeben hatten, ging Eva Günther ans Aufräumen und an die Schadensanalyse. Freunde, Freiwillige, Familienangehörige ihrer Mitarbeiter packten und packen zu. Sohn Gerd, der eigentlich in Hartha in der Apotheke am Park beschäftigt ist, wurde durch seine Chefin Monika Koch kurzerhand freigestellt.

Es helfen alle mit

Wie es weiter geht? Eva Günther kann das heute noch nicht sagen, denn das wird beispielsweise auch davon abhängen, wie und in welcher Höhe Hilfe den Opfern der Flut gewährt wird. Familie Günther hatte übrigens noch Glück im Unglück. Ihre Wohnung erlitt bei der Katastrophe keinen Schaden, während aber Garten und Datsche völlig verwüstet und zerstört wurden. Im Landkreis Döbeln wurden in der Kreisstadt selbst drei Apotheken, eine in der Stadt Rosswein und eine in der Stadt Waldheim zerstört.

Wie Monika Koch, Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes, die Lage einschätzt, sind eine ganze Reihe der insgesamt 930 Apotheken des Freistaates Sachsen von der Katastrophe betroffen. So beispielsweise in der Stadt Dresden, in Meißen, in der Region Grimma, im Weißeritzkreis. Wie viele es sind und wie hoch sich der Schaden beziffert, kann gegenwärtig noch nicht gesagt werden.

Erstaunlich ist aber, wie Berufskollegen helfen. So wurde in Döbeln kurzerhand das Bereitschaftssystem für vorerst sechs Wochen umstrukturiert und Kollegen übernahmen mehr Dienste. Auch Behörden zeigten sich kooperativ: Die Revision einer für September in Döbeln geplanten neuen Apotheke wurde kurzfristig vorverlegt, um Versorgungsleistungen ausgefallener Einrichtungen zu übernehmen. Zudem hat Monika Koch Kontakte zu Behörden und Institutionen aufgenommen, um Hilfe für ihre betroffenen Kollegen zu organisieren. Sie sollen spüren, in dieser nicht einfachen Situation nicht im Stich gelassen zu sein.

Eine andere Seite der Hilfe: Der Leisniger Apotheker Manfred Voigt, der seit einigen Jahren in Burgstadt die Paracelsus-Apotheke betreibt und von der Flut verschont blieb, nahm beispielsweise kurzerhand Freunde samt deren drei geretteter Pferde aus Klosterbuch auf seinem Grundstück auf. Nicht nur für einen Tag, sondern für längere Zeit, da Klosterbuch bis an die Dächer der Häuser unter Wasser stand.

Die Jahrhundertflut hat gewütet, hat Existenzen bedroht, persönliches Leid gebracht. Hilfe tut Not, denn es wird Jahre dauern, bis die Schäden behoben sind. Der Kreis Döbeln ist nur ein Bruchteil der betroffenen Gebiete.

Die Jahrhundertflut hat gewütet, hat Existenzen bedroht, persönliches Leid gebracht. Hilfe tut Not, denn es wird Jahre dauern, bis die Schäden behoben sind. Unsere Reporterin berichtet von einer Apotheke aus dem Kreis Döbeln, einem Bruchteil der betroffenen Gebiete. Die ABDA rief zu Spenden auf, mit denen betroffene Kolleginnen und Kollegen unbürokratisch und schnell für einen Wiederaufbau unterstützt werden sollen. 

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