Arzneimittel und Therapie

Chronisch-entzündliche Darmerkrankung: Infliximab-Erhaltungstherapie bei Morb

Patienten mit aktivem Morbus Crohn, die auf eine erste Infliximab-Infusion ansprechen, profitieren von einer weiteren Erhaltungstherapie im Acht-Wochen-Rhythmus. Das ergab die ACCENT-I-Studie über einen Zeitraum von einem Jahr.

Das proinflammatorische Zytokin Tumornekrosefaktor (TNF) alpha spielt in der Pathogenese des Morbus Crohn eine wichtige Rolle. Infliximab (Remicade®) ist ein chimärer (Maus/Mensch) monoklonaler Antikörper gegen TNF alpha. Indem er mit hoher Affinität an TNF alpha bindet, verhindert er dessen biologische Aktivität.

Eine intravenöse Infusion von 5 mg/kg Infliximab kann bei Patienten mit mäßigem bis schwerem aktivem Morbus Crohn eine Remission erzielen und den Glucocorticoid-Bedarf senken. Allerdings erleiden viele Patienten, die nur eine einzige Infliximab-Infusion bekommen haben, später ein Rezidiv. In der multizentrischen, randomisierten Doppelblindstudie ACCENT (A Crohn's Disease Clinical Trial Evaluating Infliximab in a New Long-Term Treatment Regimen) I wurden deshalb Nutzen und Sicherheit einer Infliximab-Erhaltungstherapie bei Morbus-Crohn-Patienten untersucht, die auf eine erste Infusion ansprachen.

An 55 Zentren in Nordamerika, Europa und Israel nahmen 573 Patienten teil. Alle litten seit mindestens drei Monaten an Morbus Crohn und hatten einen Punktwert von mindestens 220 auf dem Morbus-Crohn-Aktivitäts-Index (Crohn's disease activity index, CDAI; bei einem CDAI über 150 spricht man vom akuten Schub).

Vorbehandlung erlaubt

Zur Behandlung des Morbus Crohn durften sie folgende Medikamente einnehmen:

  • 5-Aminosalicylsäure-Derivate oder Antibiotika (seit mindestens vier Wochen in konstanter Dosis)
  • Glucocorticoide bis zu 40 mg Prednison-Äquivalent pro Tag (seit mindestens drei Wochen in konstanter Dosis)
  • Azathioprin oder Mercaptopurin (seit mindestens acht Wochen in konstanter Dosis)
  • Methotrexat (seit mindestens sechs Wochen in konstanter Dosis).

Patienten, die keine Medikamente mehr einnahmen, mussten diese mindestens vier Wochen vor Eintritt in die Studie abgesetzt haben. Jeder Patient bekam zunächst eine Infusion mit 5 mg Infliximab/kg Körpergewicht (Woche 0). Zwei Wochen später wurde beurteilt, ob der Patient auf die Behandlung ansprach. Als Ansprechen galt eine Abnahme des CDAI-Werts um mindestens 70 Punkte gegenüber dem Ausgangswert und um mindestens 25%.

Erhaltungstherapie für Responder

Die Therapieresponder erhielten randomisiert

  • nach 2 und 6 Wochen und anschließend alle 8 Wochen bis zur Woche 46 Plazebo infundiert (Gruppe I),
  • zu denselben Zeitpunkten 5 mg Infliximab/kg Körpergewicht infundiert (Gruppe II) oder
  • nach 2 und 6 Wochen 5 mg Infliximab/kg Körpergewicht und anschließend alle 8 Wochen 10 mg Infliximab/kg Körpergewicht infundiert (Gruppe III).

Der primäre Studienendpunkt setzte sich zusammen aus dem Anteil der anfänglichen Responder, die in Woche 30 noch in klinischer Remission waren, und der mittleren Zeitdauer bis zum Verlust des Ansprechens bis zur Woche 54 bei den anfänglichen Respondern. Klinische Remission war definiert als CDAI-Wert unter 150 Punkten. Patienten, die Glucocorticoide einnahmen, behielten die Dosierung bis zur Woche 6 bei. Hatte sich der Krankheitszustand gebessert, durfte die Dosis dann schrittweise reduziert werden.

Ab Woche 14 konnten Patienten aller Gruppen mit einer Krankheitsverschlechterung auf eine aktive episodische Bedarfsbehandlung mit 5, 10 oder 15 mg Infliximab/kg Körpergewicht umgestellt werden. Die Patienten waren im Mittel 35 Jahre alt, 58% waren Frauen. Die Hälfte nahm 5-Aminosalicylsäure-Derivate ein, ebenfalls etwa die Hälfte Glucocorticoide, rund ein Viertel Azathioprin oder Mercaptopurin und 4% Methotrexat.

335 Patienten (58%) sprachen auf die erste Infliximab-Infusion an. Von ihnen erhielten anschließend 110 Plazebo, 113 5 mg Infliximab/kg Körpergewicht und 112 erst 5 mg und dann 10 mg Infliximab/kg Körpergewicht. 124 Patienten (22%) brachen die Erhaltungstherapie vorzeitig ab, in allen drei Gruppen etwa gleich viele.

Erhöhte Remissionsrate und längere Responsedauer

Die Intention-to-treat-Analyse ergab: In Woche 30 waren in den aktiven Behandlungsgruppen signifikant mehr Patienten in Remission als in der Plazebogruppe: 44 (39%) mit der niedrigen und 50 (45%) mit der hohen Infliximab-Dosis gegenüber 23 (21%) mit Plazebo. Patienten mit Infliximab hatten im Vergleich zu Patienten mit Plazebo eine 2,7-fach höhere Wahrscheinlichkeit für eine Remission nach 30 Wochen.

Bei Patienten der aktiven Behandlungsgruppen dauerte es signifikant länger bis zum Verlust des Ansprechens als bei Patienten der Plazebogruppe: 38 Wochen mit der niedrigen und mehr als 54 Wochen mit der hohen Dosis gegenüber 19 Wochen mit Plazebo.

Mehr als doppelt so viele Patienten mit Infliximab wie Patienten mit Plazebo waren bei allen Arztbesuchen zwischen Woche 14 und Woche 54 in klinischer Remission: 25% der niedrig dosiert und 33% der hoch dosiert Behandelten gegenüber 11% der Plazebogruppe. Bis zur Woche 54 hatten etwa dreimal so viele Patienten mit Infliximab Glucocorticoide abgesetzt als Patienten mit Plazebo: 29% gegenüber 9%.

Bekannte Nebenwirkungen

Schwere Nebenwirkungen traten in den aktiven Behandlungsgruppen nicht häufiger auf als in der Plazebogruppe: bei 28% der niedrig dosiert und bei 22% der hoch dosiert mit Infliximab Behandelten gegenüber 29% der Plazebogruppe. Die Nebenwirkungen stimmen mit den aus früheren Infliximab-Studien bei Morbus-Crohn-Patienten aufgetretenen Nebenwirkungen überein:

  • Infusionsreaktionen traten nach 3% der Gruppe-I-, 6% der Gruppe-II- und 4% der Gruppe-III-Infusionen auf. Neun Patienten der Gruppe II und drei der Gruppe III brachen die Behandlung wegen Infusionsreaktionen ab.
  • Schwere Infektionen betrafen 4% der Patienten (4% in Gruppe I und II, 3% in Gruppe III). Zwei Patienten der Gruppe II starben an Sepsis. Eine Patientin, die als episodische Bedarfsbehandlung 15 mg Infliximab/kg Körpergewicht erhalten hatte, erkrankte an Tuberkulose.
  • Zwei Patienten der Gruppe III entwickelten ein Lupus-ähnliches Syndrom. Mit Infliximab entwickelten mehr Patienten anti-dsDNS und ANA als mit Plazebo.
  • Krebserkrankungen traten in den aktiven Behandlungsgruppen nicht vermehrt auf. Insgesamt hatten sechs Patienten (1%) eine Krebserkrankung: zwei in Gruppe I, drei in Gruppe II und einer in Gruppe III.

Reaktionen, die einer Serumkrankheit ähnelten, waren selten: Mit Plazebo waren drei Patienten (2%), mit niedrig dosiertem Infliximab fünf (3%) und mit hoch dosiertem Infliximab sechs Patienten (3%) betroffen. Sie sprachen auf das Absetzen von Infliximab und die Gabe von Glucocorticoiden an.

Die Studie zeigt, dass Patienten mit aktivem Morbus Crohn, die auf eine Infliximab-Infusion ansprechen, von einer regelmäßigen Erhaltungstherapie im Acht-Wochen-Rhythmus profitieren. ACCENT I belegt diesen Nutzen für die Dauer eines Jahres. Die Patienten blieben nicht nur länger in Remission; einem Teil gelang es auch, ihr Glucocorticoid abzusetzen. Andere konnten die Glucocorticoid-Dosis zumindest reduzieren.

Kastentext: Therapiemöglichkeiten bei Morbus Crohn

Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die die gesamte Darmwand und nicht nur die Schleimhaut betrifft. Typischerweise kommen wechselweise gesunde und erkrankte Darmabschnitte vor. Beim akuten Schub eines Morbus Crohn sind Steroide in der Regel am wirksamsten. Hier haben 5-Aminosalicylate einen geringeren Stellenwert. Nur ein Drittel bis die Hälfte der Patienten erzielt allerdings mit den beschriebenen Maßnahmen eine anhaltende Remission. Aber auch für Verläufe mit chronischer Aktivität gibt es Therapiemöglichkeiten:

  • Immunsuppressiva, insbesondere Azathioprin oder Methotrexat
  • Infliximab bei therapierefraktärem, schwergradigem, aktivem Morbus Crohn oder therapierefraktärem Morbus Crohn mit Fistelbildung

Literatur

Hanauer, S. B., et al.: Maintenance infliximab for Crohn's disease: the ACCENT I randomised trial. Lancet 359, 1541 – 1549 (2002).

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