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Die Vielzahl der Gesetze und weiteren Regelungen im Gesundheitswesen ist unüberschaubar geworden. Damit steigt die Gefahr von Ungereimtheiten und Inkompatibilitäten. Besonders problematisch wird es, wenn Regelungen über marktwirtschaftliches Handeln wirken sollen, die Anreize dafür aber falsch gesetzt werden.

Dies zeigt beispielsweise die Importquotenregelung. Schon die Grundidee ist widersinnig: In anderen Ländern werden Zwangsmaßnahmen zur Preissetzung für Arzneimittel auf der Herstellerebene praktiziert, die in Deutschland aber offenbar keine parlamentarische Mehrheit finden. Dann wird in einer Vereinbarung zwischen Krankenkassen und Apothekerschaft festgelegt, diese ausländischen Preisregelungen auf dem Umweg über die Importe in Deutschland indirekt wirken zu lassen.

Dann sind die Regeln auch noch unsauber formuliert, wie das bei den jüngsten Reformgesetzen immer wieder beklagt wird. Jedenfalls ist der früher übliche Abstand zwischen dem Originalpreis und dem erstattungsfähigen Importpreis nicht mehr vorgesehen. Dies war geradezu eine Einladung für die Importeure, ihre Preise zu erhöhen.

Da der Importmarkt durch die Quotenregelung gewachsen ist und stärker umkämpft wird, liegt es nahe, die Apotheken mit hohen Rabatten zu locken. Das ist ein wirtschaftlich ganz normaler Vorgang und spricht für funktionierenden Wettbewerb. Der wird so gerne gefordert, wenn er gegen die Apotheken wirkt. Hier wirkt er aber zugunsten der Apotheken – und sofort wird gefragt, ob diese Rabatte mit den strengen Regeln des Gesundheitswesens vereinbar sind.

Doch es bleibt nicht bei einer vorsichtigen politischen Frage, seit voriger Woche gibt es handfeste juristische Konsequenzen: Mit einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Saarbrücken wurde dem Arzneimittelimporteur kohlpharma verboten, Rabatte in der Größenordnung von 18 bis 20% zu gewähren. Das Unternehmen hat Widerspruch eingelegt, ein Rechtsstreit über das heikle Thema Industrierabatte ist damit vorprogrammiert.

Die ABDA warnt schon lange vor dem Problem: Rabatte, die über die Großhandelsspanne hinausgehen, müssen durch besondere Funktionen der Apotheken zu rechtfertigen sein. Der Streit um die Importe wäre noch kein Drama für die Apotheken, aber nur, solange es bei diesem Thema bleibt. Darum halten wir fest: Es geht um Importe, die direkt vom Hersteller an die Apotheke geliefert werden.

Es geht dagegen nicht um typische OTC-Arzneimittel, die wahlweise vom Hersteller oder vom Großhandel bezogen werden können. Dort können die Apotheken beim Direktbezug höhere Rabatte rechtfertigen, da sie große Mengen abnehmen und besondere Aufwendungen für das Marketing haben.

Diesen Unterschied deutlich zu machen, kann für viele Apotheken zur existenziellen Frage werden. Hoffen wir, dass die meteorologischen Kapriolen dieses Sommers kein schlechtes Omen für die Apotheken sind und dass aus dem kleinen Gewitter keine Überschwemmung wird, die die bewährte Arzneimittelpreisbildung wegspült.

Auch bei einem anderen Thema dieses Sommers geht es um die richtigen Anreize für das Handeln im Gesundheitswesen. Disease Management Programme (DMP) sollen die Versorgung chronisch Kranker medizinisch und ökonomisch gleichermaßen effektiver machen.

Die DMPs schaffen zunächst einmal Anreize für die Krankenkassen, möglichst viele Patienten in die Programme einzubeziehen. Denn für jeden Patienten gibt es zusätzliches Geld aus dem Risikostrukturausgleich. Dafür brauchen die Kassen u. a. die Apotheker. Doch was wird den Patienten für das Geld geboten? Noch ist das nicht entschieden, Verträge mit den Krankenkassen müssen erst geschlossen werden.

Die Leistungserbringer sind aufgefordert, Angebote zu machen. Die Weichen für die Zukunft werden jetzt gestellt. Hoffentlich gelingt das hier besser als bei den Importen! Hoffentlich werden hier die richtigen Anreize gesetzt, damit sich die Versorgung tatsächlich weiterentwickelt und am Ende die Patienten profitieren.

Diese Entwicklung ist zugleich ein Anreiz für die Apothekerschaft, die DMPs offensiv mitzugestalten. Dies ist eine große Chance, die pharmazeutische Betreuung voranzubringen und sogar honoriert zu bekommen.

Informationen zum Thema DMP bietet Ihnen unsere neue dreiteilige Serie. Der erste Beitrag in diesem Heft stellt dar, wie die DMPs grundsätzlich funktionieren sollen. Was die einzelnen beteiligten Gruppierungen und speziell die Apothekerschaft dabei leisten können, erfahren Sie in den nächsten Folgen.

Thomas Müller-Bohn

Rabatte auf dem Prüfstand

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