Nahrungsergänzungsmittel

H. Geyer et al.Hohe Dosen von Metandienon in Nahrung

Metandienon (17β-hydroxy-17(-methylandrosta-1,4-dien-3-on) ist ein rezeptpflichtiges Anabolikum, das in Deutschland nicht zugelassen ist. Im Sport wird es von Athleten missbraucht, um Muskelkraft und Muskelumfang über den Trainingseffekt hinaus zu steigern. Aus diesem Grund hat das Internationale Olympische Komitee Metandienon als verbotene Dopingsubstanz eingestuft [1].

Im Zusammenhang mit einem aktuellen positiven Dopingfall in Österreich wurde ein Nahrungsergänzungsmittel gefunden, das Metandienon enthielt. Der Wirkstoff Metandienon war auf dem Etikett nicht angegeben [2]. Als Inhaltsstoffe angegeben waren: "AD-4-Complex Nutrients", "MetX Synergistic Blend", "1-T Matrix", Kreatin und Ribose. Mit Ausnahme von Ribose und Kreatin handelt es sich bei diesen Namen nicht um anerkannte Verkehrsbezeichnungen von Inhaltsstoffen.

Aufgrund dieser Ergebnisse begannen wir mit der Analyse von ähnlichen Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln mit "1-T Matrix", auf anabol-androgene Steroide.

Im Juni 2002 wurden drei verschiedene Nahrungsergänzungsmittel mit "1-T Matrix" über telefonische Bestellung erworben. Die Vertreiberfirma hat ihren Sitz in England, der Hersteller stammt aus den USA. Die Produkte wurden mit der regulären Post ohne Zollprobleme zu einer deutschen Adresse zugestellt.

Eines der Produkte (NEM 1) enthielt Hartgelatine-Steckkapseln mit pulvrigem Inhalt, die beiden anderen Produkte waren Pulver (NEM 2, NEM 3). Von den drei Nahrungsergänzungsmitteln wurde jeweils 1 Gramm aufgearbeitet und mittels Gas-Chromatographie/Massenspektromtrie und Hochdruckflüssigkeitschromatographie mit UV-Detektion (HPLC/UV) nach einer früher beschriebenen Methode [3] analysiert.

In allen drei Nahrungsergänzungsmitteln wurde das Anabolikum Metandienon gefunden. Die rezeptpflichtige Substanz war auf dem Etikett nicht angegeben. Die Konzentrationen an Metandienon betrugen 17,3 mg/g (NEM 1), 0,41 mg/g (NEM 2) und 0,96 mg/g (NEM 3). In NEM 1 variierten die Konzentrationen an Metandienon von Kapsel zu Kapsel. Die maximale Konzentration an Metandienon betrug 28,9 mg/g. Damit lagen die gefundenen Konzentrationen 30- bis 50-fach höher als in der bisher vorliegenden Studie von Gmeiner [2].

Bei Befolgung der Dosierungsempfehlungen für die Nahrungsergänzungsmittel – 1 bis 3 Kapseln täglich für NEM 1 und 20 g täglich für NEM 2 und 3 – könnten Metandienonmengen von 25 – 43 mg (NEM 1) bzw. von 10 mg (NEM 2) und 20 mg (NEM 3) pro Tag erreicht werden. Diese Mengen liegen über den therapeutischen Dosierungsempfehlungen von Metandienon, die bei 5 – 10 mg pro Tag liegen.

Die Verwendung von Metandienon ist mit zahlreichen Nebenwirkungen besonders für Frauen, Kinder und Jugendliche verbunden. Hierzu zählen u. a. veränderte Leberwerte, Menstruationsbeschwerden, Virilisierung, Gynäkomastie, psychische Veränderungen und erhöhtes Herzinfarktrisiko. Bei längerem Gebrauch wird Metandienon auch ein gewisses Suchtpotenzial zugeschrieben.

Bei Kindern und Jugendlichen führt Metandienon zur Virilisierung und zum vorzeitigen Wachstumsabbruch durch Schluss der Epiphysenfugen. Bei Frauen kann Metandienon zu irreversiblen Veränderungen, wie Vertiefung der Stimme und Vergrößerung der Klitoris, führen. Während der Schwangerschaft ist durch die Applikation von Metandienon eine Virilisierung des Fötus möglich.

Aufgrund der 17-Methylgruppe im Molekül des Metandienon ist die Einnahme dieser Substanz mit einer hohen Lebertoxizität und Karzinogenität verbunden [4]. Die supra-therapeutischen Dosen bergen ein zusätzliches Gesundheitsrisiko. Die Einnahme dieser Nahrungsergänzungsmittel in den empfohlenen Dosierungen führt mit Sicherheit zu einem positiven Dopingbefund für Metandienonmetaboliten [5].

Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen die Dringlichkeit einer Verbesserung der Überwachung der Produktion und des Handels von Nahrungsergänzungsmitteln. Höchste Eile ist in der Aufklärung des Verbrauchers über die Gesundheits- und Dopingrisiken von Nahrungsergänzungsmitteln geboten.

Literatur

[1] International Olympic Committee: Prohibited classes of substances and prohibited methods 2001 – 2002. September 2001. [2] Gmeiner G.: Methandienon in Sportnahrung. Österreichisches Journal für Sportmedizin 2002; 2: 33 – 34. [3] Geyer H, Mareck-Engelke U, Reinhart U, Thevis M, Schänzer W.: Positive Dopingfälle mit Norandrosteron durch verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel. Dtsch. Z. Sportmed. 2000; 11: 378 – 82. [4] Royal pharmaceutical society: Martindale – The extra pharmacopeia – 31. Rev., Royal pharmaceutical society: London, 1996. [5] Schänzer W, Geyer H, Donike M.: Metabolism of metandienone in man: Identification and synthesis of conjugated excreted urinary metabolites. J. Steroid Biochem. Molec. Biol. 1991; 38: 441 – 64.

Metandienon ist ein rezeptpflichtiges Anabolikum, das in Deutschland nicht zugelassen ist. Im Sport wird es von Athleten missbraucht, um Muskelkraft und Muskelumfang über den Trainingseffekt hinaus zu steigern. Wissenschaftler haben dieses Anabolikum in hohen Konzentrationen in Nahrungsergänzungsmitteln gefunden. Die Präparate wurden per Post aus England bezogen. 

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