DAZ aktuell

Bundestag: Keine Ferien für die Gesundheitspolitik

BERLIN (ks). Die parlamentarische Sommerpause rückt näher, die letzte Sitzungswoche im Bundestag ist bereits angebrochen. Am 27. Juni standen nochmals diverse gesundheitspolitische Themen auf der Agenda: Etwa die Verbesserung der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen und die Reform der Pflege. Regierung und Opposition nutzten diese Aufhänger für einen erneuten Schlagabtausch.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Regina Schmidt-Zadel hielt ihre letzte Rede vor dem Parlament – sie wird für die kommende Legislaturperiode nicht mehr kandidieren. Sie warf der Union vor, jahrelang nichts gegen die wachsenden Qualitäts- und Effizienzdefizite im Gesundheitswesen unternommen zu haben. Über-, Unter- und Fehlversorgung seien als "gottgewollt angesehen" worden, so Schmidt-Zadel. "Diskussionen über die Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung" hätten CDU/CSU "gefürchtet wie der Teufel das Weihwasser". Die gesetzliche Krankenversicherung sei dabei "zum Selbstbedienungsladen für Leistungserbringer verkommen".

Die von der Union geforderte "maßgeschneiderte individuelle Risikovorsorge" lehnte die SPD-Politikerin strikt als "Abzockerei" ab: Die Zeche für die neuen Freiheiten hätten die kranken und vor allem die chronisch kranken Menschen zu zahlen.

Union für Erhalt der Friedensgrenze

Annette Widmann-Mauz (CDU) konterte: "Was wir seit vier Jahren erleben, ist der aufhaltsame Abstieg des deutschen Gesundheitswesens". Trotz Beitragssatzerhöhungen, Selbstverpflichtungen der Ärzte und gestiegenen Kassenrabatten steige das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Auch die angedachte Anhebung der Versicherungspflichtgrenze werde keine Entlastung bringen, da auf diese Weise mehr junge Familien mit kostenfrei mitversicherten Kindern in die GKV kommen werden.

Grüne: Sachleistungsprinzip beibehalten

Monika Knoche (Bündnis 90/Grüne), die sich ebenfalls aus der Bundespolitik zurückziehen wird, warf der Union vor, aus der paritätischen Finanzierung aussteigen zu wollen. Zudem sprach sie sich entschieden gegen den Plan von CDU/CSU aus, Versicherten die Wahl zwischen Sachleistungs- und Kostenerstattungsprinzip zu überlassen. Es sei nicht möglich, verantwortungsvoll aus dem Sachleistungsprinzip auszusteigen, ohne dabei diskriminierend zu sein, erklärte Knoche.

FDP für sozial abgefederte Selbstbehalte

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Dr. Dieter Thomae hielt der SPD vor, ihre Gesetzgebung und "planwirtschaftliche Instrumente" führten dazu, dass die Krankenkassen einen immer höheren und kostenintensiveren Verwaltungsaufwand betrieben, um die Budgets zu kontrollieren. Thomae plädierte für die Einführung von Selbstbeteiligungen der GKV-Versicherten. Härtefallregelungen sollen jedoch "den sozial Schwachen absichern". Zudem sprach sich Thomae eindeutig für den Erhalt der freien Berufe im Gesundheitswesen aus.

Arzneimittelsicherheit für Kinder verbessern

Ungewohnte Einigkeit bestand insoweit, als dass die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen verbessert werden müsse. Ein entsprechender fraktionsübergreifender Antrag wurde angenommen. Einen Punkt des Antrags bildete die Arzneimittelsicherheit. Margrit Spielmann (SPD) erklärte, zu den zielführenden Maßnahmen gehöre unter anderem, "in Kompetenzzentren systematisch die klinische Erfahrung mit Erwachsenenmedikamenten zu erfassen, sie auszuwerten und zu veröffentlichen sowie dafür zu werben, dass Eltern ihre Einwilligung zur klinischen Prüfung von Medikamenten an kranken Kindern geben". Es müsse erforscht werden, warum in den vergangenen Jahren bei Kindern vermehrt die Diagnose "Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom" (ADHS) gestellt worden sei. Es müsse verhindert werden, dass verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche lediglich medikamentös ruhig gestellt werden, so Spielmann.

Auch wenn der Bundestag nun für einige Wochen Pause macht: Es ist vorhersehbar, dass die gesundheitspolitische Diskussion im Sommer nicht abebben wird. Die Bundestagswahl rückt näher, der Wahlkampf läuft – und Gesundheitspolitik ist mit Sicherheit immer ein interessantes Thema.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.