DAZ aktuell

Versandhandel: Der Brief der Ministerin an alle Apothekerinnen und Apotheker

BONN (diz). Ulla Schmidt, die derzeitige Bundesgesundheitsministerin, wendet sich in einem zweiseitigen Brief an alle Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland, um darzulegen, warum sie beabsichtigt, in der kommenden Legislaturperiode "Rahmenbedingungen für eine behutsame Einführung des elektronischen Handels einschließlich Versandhandels mit Arzneimitteln umzusetzen". Falls Sie diesen Brief nicht erhalten haben sollten: wir drucken ihn hier ab, damit Sie sich die Argumente zu Gemüte führen können. Falls Sie mit dieser Argumentation nicht konform gehen, schreiben Sie der Ministerin doch auch einen Brief und legen Ihre Meinung darüber dar. Wir veröffentlichen Ihren Brief ebenfalls gerne. Doch zunächst die Bundesgesundheitsministerin:

Sehr geehrte Frau Apothekerin, sehr geehrter Herr Apotheker,

vor einigen Wochen haben die Verbände der Apothekerschaft eine Kampagne gegen den Versandhandel mit Arzneimitteln gestartet. Sie wird begründet mit der Sorge um die Arzneimittelsicherheit, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und den wirtschaftlichen Bestand Ihrer Apotheke. Alle diese Sorgen nehme ich sehr ernst.

In den zahlreichen Gesprächen, die ich in den letzten Wochen mit Patienten, Apothekern und den Angestellten in den Apotheken geführt habe, wurde mir deutlich, dass die Beunruhigung großenteils auf fehlende bzw. unzureichende Informationen zurückgeht. Aus diesem Grund wende ich mich heute direkt an Sie.

Der Versandhandel von Arzneimitteln ist in weiten Teilen Europas geltende Praxis und auch in den deutschen Grenzgebieten längst eine Tatsache. Aufgrund der im EU-Recht verankerten Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen in bestimmten Grenzen wird es im zusammenwachsenden Europa bald nicht mehr möglich sein, deutsche Sonderregelungen für den Vertriebsweg von Arzneimitteln aufrecht zu erhalten. Wir stehen daher vor der Frage, ob wir unsere Zukunft im Interesse der Patientinnen und Patienten aber auch der deutschen Apothekerschaft aktiv gestalten oder uns durch die Rechtsprechung und die Fakten treiben lassen wollen. Mir liegt daran, insbesondere den jungen Apothekerinnen bzw. Apothekern und ihren Angestellten klare und zukunftsfähige Perspektiven für den europäischen Wettbewerb anzubieten

Der "Runde Tisch" im Gesundheitswesen hat unter meiner Leitung in einer Empfehlung wegweisende Vorschläge zum elektronischen Handel einschließlich Versandhandel mit Arzneimitteln verabschiedet. Der "Runde Tisch" führt aus, dass bei der "Gestaltung von elektronischem Handel und Versandhandel die Arzneimittelsicherheit, der Verbraucherschutz, die Versorgungssicherheit und faire Wettbewerbsbedingungen sichergestellt sein" müssen. "Aus diesen Gründen muss es darum gehen, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Erfahrungen anderer Staaten sollten genutzt werden." Ich schließe mich diesen Empfehlungen an und beabsichtige, in der kommenden Legislaturperiode diese Rahmenbedingungen für eine behutsame Einführung des elektronischen Handels einschließlich Versandhandels mit Arzneimitteln umzusetzen.

Ich kann verstehen, wenn bei einzelnen Apothekerinnen und Apothekern Ängste gegenüber der modernen Technik bestehen. Ich bitte Sie aber nachdrücklich darum, die Chancen des elektronischen Handels und Versandhandels mit Arzneimitteln für Ihre eigene Zukunft zu sehen. Selbstverständlich muss die Einführung des Versandhandels unter fairen Bedingungen geschehen. Um eine "Rosinenpickerei" der Versandapotheken zu verhindern; müssen wir die Arzneimittelpreisspannenverordnung ändern, damit gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Apotheken gelten. Gleichzeitig müssen wir Standards festlegen, die der Gewährleistung gleicher Sicherheit wie bei der herkömmlichen Arzneimittelversorgung dienen und die nicht unterschritten werden dürfen. Dazu gehören etwa Anforderungen an den Vertrieb, die sichere Zustellung, Beratung, Information. Wichtig wird auch sein, bereits im Sozialrecht fest zu verankern, dass die Erstattung durch die Kasse nur erfolgen darf, wenn die Apotheke beim Versand alle Qualitätsanforderungen erfüllt. Außerdem kommt hinzu, dass die Entscheidung darüber, auf welchem Weg Medikamente bezogen werden, einzig und allein bei den Patientinnen und Patienten liegen darf, ohne Beeinflussung durch die Krankenkasse.

Sehr geehrte Frau Apothekerin, sehr geehrter Herr Apotheker, die Unterstellung, ich wollte die Existenz der deutschen Apotheken gefährden, entbehrt jeder Grundlage. Ich habe seit meinem Amtsbeginn immer wieder betont, dass wir vor dem Hintergrund des demographischen Wandels in unserem Land auf die wohnortnahe Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln – also auf Sie! – nicht verzichten können. Und gerade aus diesem Grund scheint es mir wichtig, dass die Einführung des Versandhandels nicht per Beschluss des Europäischen Gerichtshofes geschieht, sondern unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit Ihrer Apotheke.

Mit freundlichen Grüßen Ulla Schmidt

Ulla Schmidt, die derzeitige Bundesgesundheitsministerin, wendet sich in einem zweiseitigen Brief an alle Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland, um darzulegen, warum sie beabsichtigt, in der kommenden Legislaturperiode "Rahmenbedingungen für eine behutsame Einführung des elektronischen Handels einschließlich Versandhandels mit Arzneimitteln umzusetzen". Falls Sie diesen Brief nicht erhalten haben sollten: wir drucken ihn hier ab, damit Sie sich die Argumente zu Gemüte führen können.  

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.