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Analgetika: Suche nach neuen stark wirksamen Opioiden

Morphin, eins der am besten untersuchten Schmerzmittel, war und ist ein Ausgangspunkt zur Suche nach opioiden Analgetika, die weniger Nebenwirkungen aufweisen. Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Würzburg gewährte am 11. Juni im pharmazeutischen Kolloquium der Universität Greifswald Einblicke in dieses interessante Forschungsthema.

Die WHO sieht zur Behandlung von Tumorschmerzen einen 3-Stufen-Plan vor:

1. Behandlung mit nichtopioiden Analgetika wie Ibuprofen oder ASS, 2. Anwendung von schwach wirksamen Opioiden wie z.B. Tramolol oder Tilidin/Naloxon, 3. Anwendung von stark wirksamen Opioiden wie Morphin oder Oxycodon.

Trotz der zum Teil gravierenden Nebenwirkungen der stark wirksamen Opioide wurden in den letzten zwanzig Jahren keine neuen Substanzen dieser Stoffgruppe zugelassen.

Opioide greifen am Opioidrezeptor an. Bislang sind drei Subtypen, die µ-, δ- und κ-Rezeptoren, bekannt. Während am µ-Rezeptor, an dem Morphin angreift, neben der Analgesie auch die negativen Wirkungen wie Schläfrigkeit, Übelkeit, Atemdepression, Obstipation und Abhängigkeit vermittelt werden, weisen Liganden für δ- und κ-Rezeptoren bei einer ähnlichen analgetischen Wirkung weniger Nebenwirkungen auf. Die Entwicklung von selektiven Liganden für δ- und κ-Rezeptoren steht daher im Fokus des Interesses zahlreicher Forschergruppen.

Bereits während ihrer Doktorarbeit beschäftigte sich Holzgrabe mit der Synthese von substituierten 3,7-Diazabicyclononanonen. Eine Verbindung mit dieser Grundstruktur (HZ2) erwies sich im pharmakologischen Screening als hoch selektiver Ž-Rezeptoragonist bei einer mit der des Morphins vergleichbaren Wirkstärke. Im Gegensatz zu Morphin war diese Verbindung länger wirksam, war direkt oral applizierbar und zeigte weniger Nebenwirkungen.

Auf Basis dieser Struktur wurde der für die analgetische Wirkung verantwortliche Pharmakophor abgeleitet. Die Diazabicyclononanone liegen physiologisch in protonierter Form vor; essenziell für die Affinität zum Ž-Rezeptor ist eine parallele Anordnung der N+-H- und der Ketocarbonyl-Gruppe sowie zumindest ein aromatischer Rest in einer vorgegebenen räumlichen Anordnung.

Durch umfangreiche Strukturvariationen wurde der theoretisch abgeleitete Pharmakophor bestätigt und die Leitstruktur weiter optimiert, indem z. B. die in der Struktur enthaltenen Pyridin- durch Difluorphenylreste ausgetauscht wurden. Die vielversprechenden Ergebnisse dieser Untersuchungen führten zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Grünenthal GmbH, Aachen.

Frau Prof. Holzgrabe präsentierte ihr Forschungsgebiet in der ihr eigenen überzeugenden und mitreißenden Art. Die systematische Vorgehensweise bei der Leitstruktursuche für neue selektiv wirksame Opioide lässt weitere aussichtsreiche Ergebnisse erwarten.

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