BVA-Info

Ohne Tarifvertrag zählt Notdienst als normale Arbeitszeit

Wer meint, ohne flächendeckenden Tarifvertrag auszukommen, lebt riskant. Denn nur ein gültiger Tarifvertrag kann Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz bewirken Ų zeitlich wie auch hinsichtlich der Vergütung. Unrechtmäßige Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz können aber als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern bis zu 15 000 Euro geahndet werden.

Eine solche Situation liegt zur Zeit in Sachsens Apotheken vor: Da vom Sächsischen Apothekerverband (SAV) seit Jahren kein Tarifvertrag mehr abgeschlossen wurde, sind auch die bundesweit üblichen Regelungen für den Notdienst ungültig. Folglich ist Bereitschaftsdienst wie normale Arbeitszeit zu bewerten und zu bezahlen.

SIMAP-Urteil des EuGH

So sieht es übrigens nicht nur der Europäische Gerichtshof (EuGH), sondern auch eine zunehmende Zahl deutscher Arbeitsgerichte, z. B. in Gotha, Hamburg und Kiel. Auslöser der veränderten Rechtslage war das so genannte SIMAP-Urteil des EuGH: Die spanische Ärztegewerkschaft SIMAP hatte die Einhaltung der EG-Arbeitszeitrichtlinie eingeklagt. Danach gelten Bereitschaftsdienste mit persönlicher Anwesenheit generell als Arbeitszeit, auch wenn der Betreffende nicht tätig werden musste.

Die betroffenen sächsischen Apothekenmitarbeiter können also eine Korrektur ihrer Gehaltsabrechnungen verlangen. Außerdem erwägt der BVA, Arbeitsverträge seiner sächsischen Mitglieder gerichtlich überprüfen zu lassen. Für die jeweiligen Apothekenleiter könnte dies unangenehmen Folgen haben – aber das scheint den SAV nicht von seiner Blockadehaltung gegen einen neuen Tarifvertrag abzubringen.

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