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pharmapharm-Gesellschafterversammlung: Das Jahr der Entscheidung für die Apothe

KÖLN (tmb). Für den parmapharm-Beiratssprecher und Mitgründer Wolf-Peter Krause, Preetz, steht sowohl den deutschen Apotheken als auch der Apothekenkooperation parmapharm "das Jahr der Entscheidung" unmittelbar bevor. Seine Analyse der Situation entspricht der gängigen standespolitischen Einschätzung, doch bietet die parmapharm ihre eigenen Konzepte, was bei einem gesundheitspolitischen Systembruch zu tun wäre. Während der Gesellschafterversammlung in Köln am 15. und 16. Juni berichtete Krause vor etwa 430 Teilnehmern (davon 280 Gesellschaftern) über die bisherige Arbeit der Kooperation und stellte seine Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft vor.

Krause beklagte die in den Medien fortlaufend wiederholten Behauptungen, die Arzneimittelversorgung sei zu teuer und der Versand die Lösung. Versandhandel sei nicht durch seinen möglichen Umfang gefährlich, sondern bedrohe die Arzneimittelpreisverordnung und das Fremd- und Mehrbesitzverbot. Dies gefährde die Apotheke als Institution.

Im Unterschied zu vielen anderen Ländern seien Apotheken in Deutschland Beratungs-, Betreuungs- und Kommunikationszentren und damit ein kultureller Wert an sich. Von der Bevölkerung werde dies verstanden, wie der große Erfolg der "Initiative Pro Apotheke" zeige. Viele parmapharm-Apotheken hätten dabei 2000 bis 3000 Unterschriften gesammelt.

Ein weiterer Unterschied zwischen Deutschland und den meisten anderen EU-Ländern liegt in der Niederlassungsfreiheit. Damit könnten Ketten jederzeit neue Apotheken eröffnen, die bestehenden Apotheken würden wertlos. Der Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbotes käme daher einer Enteignung gleich. Dagegen seien die inhabergeführten Apotheken Teil des Mittelstandes und bildeten mit diesem das Rückgrat unserer Wirtschaft.

Die Arzneimittelpreisverordnung ist nach Einschätzung von Krause in erster Linie ein Instrument des Verbraucherschutzes, daneben diene sie aber auch dem Ansehen der apothekenpflichtigen OTC-Arzneimittel und wirke so dem Missbrauch dieser Arzneimittel entgegen. Diese entscheidenden Säulen des Apothekenwesens würden von der SPD in Frage gestellt, von der bürgerlichen Opposition aber bejaht.

Reform des Denkens gefordert

Anstatt die Existenz der Apotheken zu bedrohen, sei eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens "raus aus dem Kassenstaat" nötig. Dies erfordere zuvor eine Reform des Denkens. Gefragt seien Aufteilung in Grund- und Wahlleistungen, Selbstbehalte und Verlagerung von gesellschaftlichen Aufgaben von der GKV hin zum Staat. Nur so könne der Gesundheitsmarkt zum Wachstumsmarkt des neuen Jahrhunderts werden, der vielen Menschen Beschäftigung bringe.

Es sei auch zu fragen, ob überhaupt so viele Krankenkassen mit nahezu identischen Angeboten nötig seien, wenn der Risikostrukturausgleich doch nicht funktioniere. Eine Einheitsgrundversicherung sei wesentlich kostengünstiger. Außerdem sollte die Regierung auf eine freie Preisbildung für Arzneimittel in der ganzen EU hinwirken, bei der sich einheitliche Marktpreise einpendeln würden. Die staatlich regulierten Preise in vielen Ländern dagegen würden die Industrie in Deutschland zu einer Hochpreisstrategie zwingen, die die deutschen Beitragszahler finanzieren müssten.

Wie sich das Gesundheitswesen in der Zukunft entwickeln werde, entscheidet sich nach Einschätzung von Krause innerhalb eines Jahres. Nicht nur wegen der Bundestagswahl sprach er mehrfach vom "Jahr der Entscheidung" – sowohl für die deutschen Apotheken insgesamt als auch für die parmapharm. Jeder Tag mit dem bestehendem System sei ein Gewinn, doch gelte es auch bei einem Systembruch die Unabhängigkeit zu sichern. Darum müsse "ein Ruck durch die parmapharm gehen". Krause warnte diejenigen, die mit dem Geschäftsführervertrag einer Kette liebäugelten, da solche Verträge "knallhart" formuliert würden.

Die parmapharm beim Systembruch

Im Falle eines Systembruchs wolle die parmapharm den Krankenversicherungen eine leistungsfähige Gruppe von leistungsfähigen Apotheken als Partner anbieten. Wenn die Arzneimittelpreisverordnung falle, würde die parmapharm versuchen, die Nachteile durch einen gemeinsamen Einkauf auszugleichen. Doch könne sie selbstverständlich nicht die logistische Leistung des Großhandels ersetzen. Die parmapharm würde dann eine der bestehenden Großhandelsgruppen, die nicht selbst in Deutschland eine Kette betreibt, als Servicepartner auswählen.

Von den Industriepartnern erwarte die parmapharm ein klares Bekenntnis zur Apotheke. Krause begrüßte die deutliche Absage von Bayer Consumer Health Care zum Versandhandel und erinnerte zugleich an Hersteller, die früher bitteres Lehrgeld für das Abweichen von der Linie der Apotheker hätten zahlen müssen, wie beispielsweise Lichtwer. OTC-Hersteller und Apotheken säßen aufgrund der apothekergestützten Selbstmedikation unmittelbar "in einem Boot".

Bei einem Systembruch sei die parmapharm für ihre Gesellschafter und ihre Partner interessant, wenn die Apotheken am Standort eine erlebbar überdurchschnittliche Leistung in Beratung, Service und Kommunikation böten. Die Kooperation selbst müsse durch einen hohen Organisationsgrad, verbindliche Anerkennung der Entscheidungen durch die Mitglieder und durch die flächendeckende Verbreitung überzeugen.

Verhandlungen mit Krankenkassen und forcierte Mitgliederwerbung

Um für einen Systembruch gerüstet zu sein, wolle die parmapharm bereits jetzt mit Krankenkassen über die Lieferung von Hilfsmitteln und Ärztebedarf außerhalb des Geltungsbereichs der Arzneimittelpreisverordnung verhandeln. Außerdem solle die Möglichkeit eines gemeinsamen Einkaufes solcher Artikel geprüft werden. Daneben werde konsequent an der flächendeckenden Verbreitung gearbeitet. Dazu werde Krause persönlich als Beiratssprecher ausgewählte Apotheker anschreiben, die die parmapharm als geeignete Partner betrachtet. Sollten diese aber kein Interesse an Beitrittsverhandlungen zeigen, würden später geeignete lokale Wettbewerber angesprochen, um das Gebiet abdecken zu können.

Weiter steigende Mitgliederzahl

Außerdem berichtete Krause über die bisherigen Leistungen der Kooperation. Im Geschäftsjahr 2001/2002 wuchs der Umsatz der Zentralregulierung von 26 Mio. Euro auf 42 Mio. Euro, wobei die Kooperation einen Überschuss von etwa 330 000 Euro erwirtschaftete. Bis zur Gesellschafterversammlung stieg die Mitgliederzahl auf 666. Auch die Zahl der Industriepartner sei gewachsen.

Die parmapharm bietet zahlreiche Seminare, Workshops, Erfa-Gruppen und Verkaufsförderungsaktionen. Die Fach-Erfa-Gruppen für Wellness, Diagnostik, Herz-Kreislauf, Allergien sowie Mutter und Kind seien gut angenommen worden. Außerdem sind mittlerweile 22 lokale Arbeitskreise entstanden.

Eine zentrale Leistung bilden die sechs Marketing-Pakete pro Jahr, deren Abnahme für die Gesellschafter verpflichtend ist. Gerade diese Verpflichtung bilde die Nagelprobe für die Anerkennung von Kooperationsentscheidungen. Daneben erwarte die parmapharm von ihren Mitgliedern eine hohe Qualifikation, die aktive Fortbildung der Mitarbeiter und die Etablierung eines QMS. Als weitere zukunftsweisende Konzepte werden die verstärkte Prävention, gesundheitliche Aufklärung und die Teilnahme der Apotheken an Disease Management Programmen angesehen. Letztlich erhebe die Kooperation den Anspruch, nicht nur Marktförderungs-, sondern auch Kompetenzförderungsgesellschaft zu sein.

Aufbruch Richtung Europa

Die parmapharm ist inzwischen auch im Internet präsent und würde ihren Gesellschaftern im Falle eines Systembruchs auch Möglichkeiten für einen Versandhandel bieten. Als Unterzeile für den Internetauftritt und Motto für den Außenauftritt wurde die Bezeichnung "pharmacy for you" gewählt. Gerade die englischsprachige Darstellung solle für das zusammenwachsende Europa stehen und künftig den Weg zu einer europaweiten Kooperation besonders leistungsfähiger unabhängiger Apotheken weisen.

In einer nachträglichen Analyse zeigte sich Krause gegenüber der DAZ beeindruckt von der zuversichtlichen Stimmung der Mitglieder während der Versammlung und der deutlichen Zustimmung zur Strategie der Kooperation. Der Grund sei für ihn, dass die parmapharm umsetzbare Antworten gebe, wie mit den bedrohlichen Zukunftsszenarien umzugehen sei, und den Mitgliedern damit die Angst vor der Zukunft nehme.

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