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Apotheken-Strategie-Wirtschaftsforum 2002: Wahlkampf für Apotheker

OBERHAUSEN (tmb). Zentrales Thema des Apotheken-Strategie-Wirtschaftsforums, das vom 9. bis 11. Mai in Oberhausen stattfand, waren Managementinstrumente und langfristige Strategien für die Apotheke. Doch ließ sich auch dort der Wahlkampf nicht umgehen: Dr. Klaus Theo Schröder (SPD), Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Bonn, und Dr. Jürgen Rüttgers, stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU, stellten ihre Sicht des Gesundheitswesens vor.

SPD für Stärkung der Solidarität

Aus Sicht der SPD sollte die Solidarität im Gesundheitswesen angesichts der großen Herausforderungen nicht aufgekündigt, sondern sogar gestärkt werden. Wahlleistungen in der GKV seien daher ein Irrweg. Vielmehr sollte die GKV-Pflichtversicherungsgrenze angehoben werden, um die Finanzierung zu verbessern. Dagegen würden privat finanzierte Leistungen dem System notwendige Mittel entziehen.

Schröder räumte ein, Ausgabensteigerungen dürften nicht per se kritisiert werden, sondern nur, wenn sich die Relation zwischen Ausgaben und Leistungen verschiebe. Doch böten viele teure neue Arzneimittel nur einen zu geringen Nutzenzuwachs. Darum solle eine unabhängige pharmakoökonomische Bewertung wie in anderen Ländern eingeführt werden. Außerdem solle eine Gesundheits- und Patientenkarte eingeführt, die Prävention verstärkt und der Arzneimittelversandhandel zugelassen werden. Um Deutschland könne keine Mauer errichtet werden. Stattdessen gelte es, die Rahmenbedingungen für den Versand rechtzeitig zu gestalten, bevor die Regeln von der EU gesetzt würden. Die Apotheker sollten bei ihrer Unterschriftenaktion gegen den Versandhandel auch diese Hintergründe darstellen.

Fairer Wettbewerb –aber wie?

Allerdings räumte Schröder ein, es müsse beim Versand einen fairen Wettbewerb ohne Rosinenpickerei geben. Das gelte auch für die Preisbildung. Er bekräftigte, die Krankenkassen dürften die Präsenzapotheken nicht ausgrenzen, erklärte aber nicht, wie dies sicherzustellen sei. Andererseits kritisierte er die bestehenden Rabatte. Rabatte, die nicht beim Endverbraucher ankämen, seien ökonomisch kontraindiziert.

Zur Frage, ob europaweit einheitliche Industrieabgabepreise die Probleme lösen könnten (siehe Beitrag "Zukunftsperspektiven: Lieber europäischer Wettbewerb als Einzelverträge"), verwies er auf die unterschiedliche Verfassungslage in den EU-Ländern. Es bliebe auch offen, welcher Preis dann maßgeblich sei.

Mehr Geld ins System

Eine sorgfältige Analyse der Schwierigkeiten, aber nur wenige konkrete Lösungen präsentierte Dr. Jürgen Rüttgers. Er gestand ein, dass die CDU in 16 Jahren Regierung mit den Problemen des Gesundheitswesens "nicht abschließend fertig geworden" sei und dabei vieles ausprobiert habe. Zentrale Forderungen seien für ihn die Solidarität und das Bekenntnis zum wissenschaftlichen Fortschritt. Demnach sollten alle Versicherten eine Versorgung auf dem Niveau des internationalen Fortschritts erhalten.

Als wesentliche Trends für die Zukunft hob Rüttgers die verminderte Geburtenrate und das wachsende Durchschnittsalter der Bevölkerung hervor. Daher müsse mehr Geld in das Gesundheitssystem fließen, das aus anderen Bereichen umverteilt werden solle. Dies sei nicht per se ein Problem, vielmehr habe es schon immer Verschiebungen zwischen den großen Ausgabenblöcken der privaten Haushalte gegeben.

Mehr Wettbewerb will auch die CDU

Daneben müsse es aber auch Rationalisierungen im Gesundheitssystem und mehr Transparenz bei den Leistungserbringern geben. Die Krankenversicherung sollte wie die Rentenversicherung mit Verwaltungskosten von 1 bis 2% auskommen. Dagegen liegen ihre Verwaltungskosten heute bei 5 bis 6% zuzüglich etwa des gleichen Betrages, den die Krankenversicherung bei den Leistungserbringern an Verwaltungskosten auslöse.

Um die anstehenden Probleme zu lösen, solle es im Gesundheitswesen mehr Prävention, mehr Transparenz, mehr Wettbewerb und freiere Wahlmöglichkeiten der Bürger bei ihren Versicherungsleistungen geben. Ein so komplexes System wie das Gesundheitswesen sei nicht mehr durch staatliche Intervention, sondern nur durch Wettbewerb zu steuern. Was dies konkret für den Apothekenmarkt bedeute, konnte Rüttgers in der Diskussion nicht erläutern.

Europaweit einheitliche Arzneimittelpreise wären nach seiner Ansicht nur zu erreichen, wenn die Wettbewerbsbeschränkungen in ganz Europa entfielen. Dies sei für die anderen Länder schwerer zu realisieren als für Deutschland.

Apothekengesetznovelle im Bundesrat

Noch aktueller als die Bundestagswahl ist die Abstimmung über die Novellierung des Apothekengesetzes am 31. Mai im Bundesrat. Im Bundestag hatte die CDU das Gesetz, das eine engere Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Arzneimittelversorgung vorsieht, wegen der drohenden Wettbewerbsverzerrungen abgelehnt. Außerdem geht es dabei um die Freigabe des Impfstoffversandes (siehe Bericht in AZ 20). Nach Einschätzung von Rüttgers sei konsequenterweise auch eine Ablehnung im Bundesrat zu erwarten, doch habe die Meinungsbildung in den Ländern erst begonnen.

Berichte über weitere Inhalte der Veranstaltung finden Sie demnächst in der DAZ und der AZ.

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