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Bundesverband krankenhausversorgender Apotheker: Versandhandel ist Eintritt in

BAD HOMBURG (du). Die Jahrestagung des Bundesverbandes krankenhausversorgender Apotheker (BVKA), die am 23. und 24. April in Bad Homburg stattfand, stand ganz im Zeichen der sich abzeichnenden gravierenden Veränderungen im Gesundheitswesen. In einem vielbeachteten Grundsatzbeitrag zum Thema "Das Apothekenwesen im Umbruch" ging Rechtsanwalt Dr. Johannes Pieck, Frankfurt, auf die geplante Apothekengesetznovelle, das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz und die von der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt beabsichtigte Zulassung des Versandhandels ein. Mit der Zulassung des Versandhandels solle eine Systemveränderung in Gang gesetzt werden, so Pieck, in deren Folge sowohl die Arzneimittelpreisverordnung zur Debatte stehe und auch das Fremd- und Mehrbesitzverbot gefährdet sei.

"Nahe gelegene" Versorgung von Alten- und Pflegeheimen

Dr. Johannes Pieck, ehemaliger Sprecher der Geschäftsführung der ABDA, berät seit seinem Ausscheiden aus der ABDA den Vorstand BVKA. Wie schon in den Jahren zuvor berichtete er auch bei der diesjährigen BVKA-Jahrestagung über für das Apothekenwesen wichtige geplante und schon vorgenommene Gesetzesänderungen. Im Mittelpunkt standen dabei Änderungen des Apothekengesetzes, die Aut-idem-Regelung und die Einführung des Versandhandels für Arzneimittel.

Die Apothekengesetznovelle, die schon 1994/1995 in Gang gesetzt wurde, soll Ende Mai diesen Jahres vom Bundesrat beschlossen werden. Durch eine Änderung des § 14 sollen Krankenhausapotheken neue Kompetenzen bei der Arzneimittelversorgung von ambulanten Patienten erhalten. In einem neuen § 12a soll geregelt werden, dass Offizinapotheken bei der Versorgung von Alten- und Pflegeheimbewohnern einen schriftlichen Vertrag mit dem Träger abschließen. Eine im Vorfeld diskutierte Versorgung von Alten- und Pflegeheime durch Krankenhausapotheken ist nicht mehr vorgesehen.

Umstritten war und ist die Entfernung, in der das zu versorgende Alten- oder Pflegeheim zu der versorgenden öffentlichen Apotheke liegen darf. Der BVKA hatte Einspruch gegen das Kreisprinzip eingelegt und für die Formulierung "nahe gelegen" plädiert. Pieck machte deutlich, dass bei der gesetzlich vorgesehenen Entfernungsregelung nach dem Kreisprinzip in vielen Fällen nur eine Belieferung mit Arzneimitteln, aber keine Versorgung möglich sei. Die von den Bundesländern angestrebte bessere Versorgung der Alten- und Pflegeheime würde mit dieser Regelung ad absurdum geführt. Dagegen sei der Begriff "nahe gelegen" entgegen anderslautender Meinungen verlässlich zu interpretieren im Sinne einer zeit- und ortsnahen Versorgung des Patienten.

Mit § 11 soll die Abgabe von Zytostatikazubereitungen an Offizin- oder andere Krankenhausapotheken durch Krankenhausapotheken legalisiert werden. Allerdings soll auch jede öffentliche Zytostatika-herstellende Apotheke andere öffentliche oder Krankenhausapotheken mit Zytostatika beliefern können. Zudem soll öffentlichen Apotheken erlaubt werden, Zytostatikazubereitungen direkt an den behandelnden Arzt abzugeben.

Zur Zeit: aut idem nicht umsetzbar

Unklarheit herrscht zur Zeit bei der Umsetzung des Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetzes und damit der Aut-idem-Regelung. Pieck berichtete über ein vom Deutschen Generikaverband in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, nach dem der Verfassungsrechtler Professor Rüdiger Zuck aus Stuttgart zu dem Schluss kam, dass das AABG nicht vollzugsfähig sei, solange die im Gesetz festgelegten Grundlagen für die Umsetzung des Gesetzes nicht gegeben seien. Dies soll mit einer Neufassung der Bestimmungen des § 129 SGB V geschehen. Solange diese nicht vorliege, bestehe, so Pieck, zur Zeit keine Verpflichtung zur Umsetzung der Aut-idem-Regelung für die Apotheke.

Versandhandel: Apotheker stehen alleine

Nachdem nicht nur der Sachverständigenrat, sondern auch der Runde Tisch auf seiner Sitzung am 22. April 2002 mit seinem Empfehlungsentwurf den elektronischen Handel und den Versandhandel mit Arzneimitteln befürwortet hat, stehen die Apotheker mit ihrer den Versandhandel ablehnenden Position nach Ansicht Piecks weitgehend alleine da. Noch nie, so Pieck, sei ein Gesundheitsminister bzw. eine Gesundheitsministerin so grundsätzlich und endgültig gegen Apotheker gewesen. Die Apotheker und die ABDA gingen einen schweren Gang.

Vehement kritisierte Pieck die Argumentation, dass die neuen technischen Möglichkeiten, wie das Internet, Chancen bieten, die es zu nutzen gilt. Niemand habe nach der Einführung des Telefons die Zulassung von Arzneimitteln per Versand gefordert. Nicht nachvollziehen konnte er, dass man mit der Zulassung des Versandhandels erst einmal ein Gefahrenpotenzial schafft, um es dann sicherer zu machen.

Die vom Runden Tisch geforderte Schaffung nach fairen Wettbewerbsbedingungen muss die unterschiedlichen Herstellerabgabepreise und die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze in den am Handel beteiligten Ländern berücksichtigen. Damit steht auch die Arzneimittelpreisverordnung zur Debatte. Weiterhin könne das Fremd- und Mehrbesitzverbot schwerlich aufrecht erhalten werden, wenn beispielsweise ausländische Krankenhausapotheken nach Deutschland liefern könnten. Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots sei das Ziel, das vor allem Krankenkassen schon seit langem verfolgen würden.

BKK-Bayern: Völliger Werteverlust!

In diesem Zusammenhang beklagte Pieck den vollkommenen Werteverlust, der durch den offenen Rechtsbruch durch die BKK-Bayern und deren Vorstandsvorsitzendem Gerhard Schulte begangen wurde. Bekanntlich hat die BKK-Bayern als erste Krankenkasse in Deutschland einen Arzneiliefervertrag mit der niederländischen Versandhandelsapotheke DocMorris abgeschlossen und den Versicherten einen Erlass der gesetzlich vorgeschriebenen Zuzahlung bei Arzneimittelbezug über DocMorris zugesichert.

Völliges Unverständnis äußerte Pieck darüber, dass bislang keine Landesbehörde gegen diese gesetzeswidrige Eigenmächtigkeit effektiv eingeschritten sei. Zwar gelte im Moment noch, dass niemand zum Bezug von Arzneimitteln über den Versandhandel gezwungen werden soll, doch Pieck prognostizierte, dass die Kassen aus der Freiwilligkeit ein Muss machen würden. Wenn der Versandhandel mit Arzneimitteln kommt, dann könne es, so Pieck, schwerlich Beschränkungen hinsichtlich Botendienst und Rezeptsammelstellen geben. Qualität, Ordnung und Sicherheit der Arzneimittelversorgung wären in Frage gestellt. Der Versandhandel sei letztlich der Eintritt in die schon seit langem von interessierten Kreisen, insbesondere den Krankenkassen, gewünschte Systemveränderung.

Gesundheitspolitik: Schwachstelle in der Regierungsbilanz

Die Gesundheitspolitik sei, so Walter Schneider, 1. Vorsitzender des BVKA, eine Schwachstelle in der Bilanz der gegenwärtigen Regierung. Die gestiegenen Kosten für Arzneimittel seien Anlass für die Kassen gewesen, ihre Beiträge zu erhöhen und sie seien Wasser auf die Mühlen all derer gewesen, die das System verändern wollen. Schneider sieht besondere Gefahren für die Apotheker durch die derzeitige politische Situation. Er befürchtet weitere Schnellschüsse, die das schlechte Ergebnis der Gesundheitspolitik noch irgendwie mediengerecht verbessern sollen. Wachsamkeit sei gefordert, nicht zuletzt auch, um zu verhindern, dass sich wieder Strukturen wie vor mehr als 20 Jahren bildeten.

BVKA ist akzeptiert und wird gehört

Positiv bewertete Schneider die Tatsache, dass der BVKA bei allen beteiligten Verbänden in Gespräche eingebunden sei, dass er akzeptiert und gehört würde. So wurde der BVKA zur Anhörung der geplanten Änderung des § 14 Apothekengesetz geladen. Weiterhin hatte der BVKA Gelegenheit, bei den Gesprächen des VFA zur Bekämpfung des Grauen Marktes seine Vorstellungen darzulegen.

Klaus Grimm, 2. Vorsitzender des BVKA, konnte berichten, dass die Forderung des BVKA nach einer gesetzlichen Neuregelung der Vertriebswege für Arzneimittel positiv aufgenommen worden sei. Der Weg des Arzneimittels müsse immer und ohne Ausnahme den Weg vom Hersteller zum Großhändler, vom Großhändler zum Apotheker und von dort zum Patienten gehen. Nur so ließe sich das Problem unkontrollierter Warenströme in den Griff bekommen. Oberste Priorität muss die Arzneimittelsicherheit für die Patienten haben. Der von der ADKA vorgeschlagene Kodex zur guten Vertriebspraxis ist nach Ansicht Grimms nicht zuletzt aus kartellrechtlichen Gründen nicht umzusetzen.

Kastentext: Arzneimitteltherapie und Gesundheitspolitik

Der zweite Teil der Jahrestagung des Bundesverbandes krankenhausversorgender Apotheker (BVKA) war folgenden Themen gewidmet:

  • Aktueller Stand der Demenztherapie – Prof. Dr. W.E. Müller, Frankfurt
  • Bedeutung und Auswirkungen der G-DRGs für krankenhausversorgende Apotheker – Dipl.-Kff. Barbara Stutzke, Bonn
  • Die Bedeutung der genetischen Variabilität für die Arzneimitteltherapie – Dr. Christian Meisel, Berlin

Ausführliche Beiträge zu diesen Themen werden in den nächsten Ausgaben von Apotheke und Krankenhaus veröffentlicht. Apotheke und Krankenhaus ist die Zeitschrift des BVKA. Sie erscheint im Deutschen Apotheker Verlag, Stuttgart, und kann über den Deutschen Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart, Tel. (07 11) 2 58 20, Fax (07 11) 2 28 22 90 bezogen werden.

Die Jahrestagung des Bundesverbandes krankenhausversorgender Apotheker (BVKA) stand ganz im Zeichen der sich abzeichnenden gravierenden Veränderungen im Gesundheitswesen. In einem Grundsatzbeitrag zum Thema "Das Apothekenwesen im Umbruch" ging Rechtsanwalt Dr. Johannes Pieck auf die geplante Apothekengesetznovelle, das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz und die von der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt beabsichtigte Zulassung des Versandhandels ein. Mit der Zulassung des Versandhandels solle eine Systemveränderung in Gang gesetzt werden, so Pieck, in deren Folge sowohl die Arzneimittelpreisverordnung zur Debatte stehe und auch das Fremd- und Mehrbesitzverbot gefährdet sei.  

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