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Transplantationsmedizin: Stefan-Morsch-Institut in Berlin eröffnet

Seit Anfang 2002 verfügt das Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin (UKBF) mit der Stefan-Morsch-Station über eine Einheit für Transplantationsmedizin. Die Station ist nach modernsten Erkenntnissen der Medizin eingerichtet. Sie verbessert speziell für Leukämiepatienten in Berlin und Brandenburg die Transplantation von Knochenmark bzw. Stammzellen. Ermöglicht wurde der Umbau dieser zur Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Transfusionsmedizin, Medizinische Klinik III (Leiter: Prof. Dr. med. Eckhard Thiel) gehörenden Station durch eine Spende der Stefan-Morsch-Stiftung. Im Rahmen einer Feierstunde, an der neben dem Klinikumsvorstand der Vorsitzende sowie das Kuratorium der Stefan-Morsch-Stiftung und zahlreiche geladene Gäste teilnahmen, wurde die Stefan-Morsch-Station der Öffentlichkeit vorgestellt.

Stefan-Morsch-Stiftung

Als 17-Jähriger erkrankte Stefan Morsch 1984 an Leukämie. Seine letzte Überlebenschance war die Transplantation von Knochenmark eines fremden Spenders. Diese wurde zu diesem Zeitpunkt lediglich in einigen Zentren der USA durchgeführt. Eine Spenderdatei existierte in Europa nicht. Stefan Morsch überlebte die in Seattle durchgeführte Knochenmarktransplantation sechs Monate. Er verstarb am 17. Dezember 1984 an einer Lungenentzündung.

Knapp ein Jahr später, im Januar 1986, gründeten die Eltern, Hiltrud und Emil Morsch, die Stefan-Morsch-Stiftung. Deren Hauptziel war der Aufbau einer Stammzellspenderdatei. Heute sind rund 7 Millionen Stammzellspender weltweit registriert, in der Stefan-Morsch-Stiftung mehr als 203 000. Trotz der hohen Zahl potenzieller Spender gibt es immer wieder für Leukämiekranke keine passenden Spender, denn etwa 70 Prozent aller an Leukämie erkrankten Menschen benötigen einen Fremdspender.

Zwar konnten, auch durch die Aktivitäten der Stefan-Morsch-Stiftung, bundesweit immer mehr Spender vermittelt werden, doch mangelte es an entsprechenden Transplantationsbetten. Um diesem Mangel abzuhelfen, gründete die Stiftung 1994 im Klinikum Idar-Oberstein eine eigene Transplantationsklinik mit 14 Betten. Staatliche Hilfe wurde dafür nicht in Anspruch genommen.

Um Stammzellspender zu registrieren, müssen bei Spendenaktionen die Blutproben innerhalb 24 Stunden analysiert werden. Daher betreibt die Stiftung seit 1997 ein eigenes HLA-Labor, in dem innerhalb einer Woche 5000 Blutproben nach HLA (Human Leucocyte Antigen) typisiert werden können. Eine einmalige Leistung in Europa.

Leukämie und Stammzellen

Bei der Leukämie produziert das kranke Knochenmark die tödlichen Krebszellen. Akute Leukämien lassen sich mit Zytostatika zunächst behandeln. Das Rückfallrisiko ist jedoch sehr hoch. Zudem sind häufig die Blutstammzellen selbst von der Krankheit geschädigt. Seit einigen Jahren werden Patienten, für die ein passender Spender gefunden wird, gesunde Blutstammzellen übertragen. Ziel ist der Aufbau eines leukämiefreien Knochenmarks. Diese so genannten adulten Stammzellen können sich zu allen lebenswichtigen Zellen ausdifferenzieren. Zum Beispiel Lymphozyten, die die Individualität eines Menschen ausmachen und zwischen Eigen- und Fremd-antigenen unterscheiden.

Aus Blutstammzellen können nur noch unterschiedliche Blutzellen werden, die zu keiner Zeit Lebewesen entstehen lassen können, also menschliches Klonen nicht möglich macht. Der Vorteil der Blutstammzellen-Spende besteht vor allem für den Spender. Er muss nicht mehr das Narkoserisiko der Knochenmark-transplantation in Kauf nehmen.

Für die Transplantation von Blutstammzellen ist kein stationärer Krankenhausaufenthalt erforderlich. Im Regelfall kann der Spender bereits nach vier Stunden das Krankenhaus wieder verlassen. Mehrheitlich werden heute in Deutschland Blutstammzellen transplantiert.

Es hat sich gezeigt, dass der Vorgang des Anwachsens der Stammzellen beim Empfänger deutlich schneller vor sich geht und demzufolge auch die Produktion gesunden Blutes rascher beginnt. Ob die Übertragung von Blutstammzellen in Zukunft in weiteren Situationen die Übertragung von Knochenmark ersetzen kann, wird derzeit untersucht. Weiter wird im UKBF daran geforscht, ob Nabelschnurblut als Quelle für Stammzellen genutzt werden kann.

Die für eine erfolgreiche Behandlung notwendigen Stammzellen finden sich nicht nur im Knochenmark, sondern auch im zirkulierenden (peripheren) Blut. Um Stammzellen des Spenders zu gewinnen, wird sein Blut einige Stunden lang durch eine spezielle Zentrifugeneinrichtung (Blutzell-Separator) geleitet. Dieser Apparat trennt das Blut in seine Bestandteile auf, die benötigten Stammzellen werden in einem Beutel gesammelt, die übrigen Blutbestandteile werden sofort wieder zum Spender zurückgeleitet. Um genügend Stammzellen für eine erfolgreiche Transplantation zu erhalten, muss diese Leukapherese ein- bis zweimal durchgeführt werden.

Prinzipiell besteht die Möglichkeit der autologen und der allogenen Transplantation. Im ersten Fall bekommt der Patient eigenes Knochenmark bzw. eigene Blutstammzellen zurückübertragen. Bei dieser Methode wird versucht, im Transplantat möglicherweise enthaltene bösartige Zellen zu entfernen.

Bei der allogenen Knochenmarktransplantation erhält der Patient Knochenmark oder Blutstammzellen eines Spender, vorzugsweise eines Geschwisters. Ihre Gewebemerkmale stimmen am ehesten mit denen des Empfängers überein. Es ist zu erwarten, dass die Abwehrreaktionen des gespendeten Knochenmarks gegen den Organismus des Empfängers nicht zu stark ausfallen.

Die Wahrscheinlichkeit, einen geeigneten Familienspender zu finden, liegt bei circa dreißig Prozent. Wenn innerhalb der Familie kein geeigneter Spender zu finden ist, muss nach einem Fremdspender mit weitgehend identischen Gewebemerkmalen gesucht werden. Die Suche ist um so aussichtsreicher, je größer die Zahl der registrierten Knochenmarkspender ist. Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Arbeit der Stefan-Morsch-Stiftung.

Knochenmark- und Stammzelltransplantation im UKBF

Die Medizinische Klinik III für Hämatologie, Onkologie und Transfusionsmedizin des UKBF ist ein europaweit akkreditiertes Zentrum für autologe und fremd-allogene Knochenmark- und Stammzelltransplantationen sowie für die Knochenmark- und Stammzellentnahme für andere Transplantationszentren. Ferner ist die Klinik ein europaweit zertifiziertes Zentrum für Gewebetypisierung.

Bereits 1991 erfolgte im UKBF die erste autologe Knochenmark- und Stammzelltransplantation. Die erste allogene Stammzelltransplantation eines so genannten identen Familienspenders erfolgte 1995. Die erste fremd-allogene Knochenmark- bzw. fremd-allogene Stammzelltransplantation erfolgte 1998 bzw. 1999.

In Europa wurden im Jahr 2000 11232 autologe sowie 5660 allogene (darunter 1764 fremd-allogene) Transplantationen durchgeführt. Weltweit wurden fast 5000 fremd-allogene Transplantationen durchgeführt.

Bei den meisten der 40 bis 50 akuten Leukämien, die im UKBF jährlich behandelt werden, ist eine Knochenmark- oder Stammzelltransplantation erforderlich. Da diese Patienten einer Konditionierungstherapie mit hohen Dosen Zytostatika und Ganzkörperbestrahlung unterzogen werden, wird ihr Immunsystem zerstört. Sie müssen daher vor bakteriellen, viralen und Pilzinfektionen geschützt werden. Dies kann nur in Spezialeinrichtungen wie der nun im UKBF in Betrieb genommenen Stefan-Morsch-Station erfolgen.

Die Station ist räumlich strikt von den sonstigen Bereichen des Krankenhauses getrennt. Sie kann nur durch eine Schleuse betreten werden, deren Türen sich wechselweise öffnen lassen. Vor den Zweibettzimmern ist eine weitere Schleuse eingebaut. Die Zimmer sind so lüftungstechnisch ausgestattet, dass Keime herausgefiltert werden.

Wie Professor Thiel berichtete, konnte das hauseigene Hygieneinstitut in den Zimmern und der Raumluft der Station keine Pilze nachweisen. Das Personal muss sich vor dem Betreten der Zimmer einen neuen Kittel, einen Mundschutz, eine Haube, andere Schuhe anziehen sowie eine gründliche Händedesinfektion durchführen.

Der Umbau der Station konnte Dank der großzügigen Spende der Stefan-Morsch-Stiftung in Höhe von 0,5 Mio. Euro durchgeführt werden. Als Zeichen des Dankes wird die Transplantationsstation "Stefan-Morsch-Station" genannt.

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