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Die ABDA hat Mitte März ein umfassendes Positionspapier vorgelegt, mit dem sie einerseits auch bei der qualitativen Sicherstellung der Arzneimittelversorgung mitwirken will, andererseits dazu beitragen möchte, die Versicherten am Arzneimittelfortschritt unter dem Aspekt der Finanzierbarkeit teilhaben zu lassen. Das 46-seitige Papier, das Sie im Internet abrufen können (www.abda.de R Presse), fasst zusammen, wie sich die deutschen Apothekerinnen und Apotheker die zukünftige Gestaltung der Arzneimittelversorgung vorstellen können. Entstanden ist das Papier vor dem Hintergrund der seit einiger Zeit schwelenden Diskussionen um Einsparungsmöglichkeiten bei der Arzneimittelversorgung.

In diesem Papier spricht sich die ABDA beim Thema Verfügbarkeit von Arzneimitteln beispielsweise dafür aus, endlich die Erweiterungsmöglichkeit der Negativliste zu nutzen, mit der unwirtschaftliche Arzneimittel von der Erstattungsfähigkeit ausgegrenzt werden können. Bei den Festbetragsarzneimitteln sollte es dem Patienten erlaubt sein, die Preisdifferenz zum Festbetrag selbst zuzuzahlen, wenn er bei einem teureren, aber vertrautem Präparat bleiben möchte.

Das Positionspapier stellt die Bedeutung und die Notwendigkeit des Nacht- und Notdienstes heraus. Hingewiesen wird auch auf die Möglichkeit, schon heute eine bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung durchzuführen bis hin ans häusliche Krankenbett. Patienten, die eine Apotheke nicht aufsuchen können, erhalten ihre Arzneimittel per Apotheken-Boten nach Hause gebracht. Mit einem ergänzenden Passus in der Apothekenbetriebsordnung soll klar gestellt werden, so das ABDA-Positionspapier, dass über Telefon, Fax oder Internet bestellte Arzneimittel dem Patienten durch pharmazeutisches Personal nach Hause gebracht werden dürfen, wenn die Abholung in der Apotheke nicht zugemutet werden kann.

Die jetzige Aut-idem-Regelung wird von der ABDA "grundsätzlich als Schritt in die richtige Richtung" begrüßt, wenngleich Kritik an Details vorgetragen wird. Vor allem sollte die Auswahlregelung (unteres Preisdrittel) modifiziert werden. Die ABDA favorisiert hier eine "Preisindexauswahl": das billigste Arzneimittel einer Auswahlgruppe erhält den Index 0, das teuerste den Index 100. Der Apotheker könnte dann einen umsatzgewichteten Zielindex vorgegeben bekommen, der im Durchschnitt über alle abgegebenen ausgewählten Arzneimittel zu erreichen ist. Mit dieser Lösung wäre grundsätzlich jedes Arzneimittel einer Auswahlgruppe auswahlfähig.

Gedanken macht sich die ABDA im Positionspapier auch zum richtigen Einsatz der Arzneimittel, wobei das Problem der Non-Compliance einen großen Raum einnimmt. Ausgehend von den Ursachen der Non-Compliance sollten Strategien erarbeitet werden, die Compliance zusammen mit dem Arzt und dem Patienten zu verbessern. Auch die Einbindung der Apotheker in die geplanten Disease-Management-Programme wird erläutert. Mit zwei Basis- und neun Aufbaumodulen sollen die Apotheker eine Rolle in diesem Bereich spielen, wobei die pharmazeutische Betreuung auf die Indikationen der Disease-Management-Programme hin optimiert werden soll. Schließlich befasst sich das Papier auch mit der Telematik im Gesundheitswesen: Die ABDA wiederholt ihre Forderung nach Einführung eines elektronischen Arzneimittelpasses in Form einer Chipkarte für den Patienten.

Ausführlichst widmet sich ein eigener Punkt des Papiers den vermeintlichen Vorteilen und den Nachteilen des Versandhandels bei Arzneimitteln. Auch die arzneimittel-, apotheken- und sozialrechtlichen Folgen werden deutlich aufgezeigt. Führt man sich die Folgen vor Augen, erkennt man sehr schnell, dass die Einführung des Versandhandels unser heutiges Apothekensystem vollkommen zerschlagen würde. Angefangen bei den Zulassungsvorschriften für Arzneimittel über die Arzneimittelpreisverordnung bis hin zu Fremd- und Mehrbesitzverbot, Dienstbereitschaft und Rezepturherstellung – unser Apothekensystem würde sich vollkommen ändern. Eine große Unterschriftenaktion "Initiative pro Apotheke", die Mitte April anläuft, soll die Bevölkerung mobilisieren, gegen den Versandhandel zu stimmen (s. S. 18).

Schließlich spricht sich das Positionspapier für eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen Krankenhausapotheke und Apotheke aus. Es sollte eine nahtlose Staffelübergabe zwischen stationärem und ambulanten Sektor gefördert werden. Eine Öffnung der Krankenhausapotheke für die ambulante Versorgung lehnt das Papier dagegen rundum ab. Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Arzneimittelpreisverordnung runden das Papier ab. Favorisiert wird die bekannte "Drehung" der Arzneimittelpreisverordnung, d. h. Absenkung der Aufschläge im hochpreisigen, Anhebung im niedrigpreisigen Segment.

Fazit: Das Papier zeigt Wege auf, wie unser Arzneiversorgungssystem weiterentwickelt werden kann vor dem Hintergrund aktueller Forderungen nach Einsparungen und neuen Versorgungsstrukturen, ohne dabei die bewährten Strukturen zu zerschlagen. Jetzt bleibt die Frage, wie Gesundheitspolitiker und Krankenkassenfunktionäre von diesem Papier überzeugt werden können, und was daraus gemacht wird.

Peter Ditzel

Das Positionspapier

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