DAZ aktuell

So sollte man Patienten bei einer Erstverordnung beraten

Die Bundesapothekerkammer hat Leitlinien zur Qualitätssicherung der Beratung in öffentlichen Apotheken herausgegeben (siehe auch DAZ 35/2000, S. 4023 - 4026). Eine davon beschäftigt sich damit, wie man Patienten bei der Erstverordnung von Arzneimitteln informieren und beraten sollte. Wie alle Leitlinien fasst sie den aktuellen Stand der Wissenschaft zusammen und versteht sich als Kompass. Das konkrete Vorgehen in der einzelnen Apotheke legt der Apothekenleiter zusammen mit seinem Team fest.

Der Apotheker ist nicht nur zur Beratung verpflichtet (§ 20 Apothekenbetriebsordnung), er kann mit Beratung sogar Geld verdienen. Dr. Hiltrud von der Gathen: "Beratung ist für mich die wichtigste Marketingstrategie." Der Patient, der kompetent beraten wird, fühlt sich gut aufgehoben und kommt wieder. Kompetente Beratung ist aktiver Verbraucherschutz, denn nur das richtig angewandte Arzneimittel ist sicher.

Zur Einnahme motivieren

Beraten bedeutet, den Patienten verständlich zu informieren und zugleich zu motivieren. Er soll nicht nur zuhören, sondern das Arzneimittel auch einnehmen. Wem es gelingt, dem Patienten den Nutzen eines Medikamentes klarzumachen (zum Beispiel Betablocker als "Herzschutz") und in Zusammenhang zu seinen persönlichen Lebensinhalten zu bringen, hat schon viel erreicht. Darüber hinaus stärkt eine kompetente Beratung die politische Funktion des Apothekers und beugt dem Arzneimittelhandel außerhalb der Apotheke vor. Die Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung der Beratung bei Erstverordnung gibt vor, worauf an welchen Stellen der Beratung geachtet werden muss, wenn ein Patient mit einer Verordnung in die Apotheke kommt:

  • Die Verordnung muss formal geprüft werden: auf vollständige Angaben zu Patient, Verordner, Krankenkasse und Arzneimittel. Bei Unklarheiten muss mit dem Patienten oder dem Verordner Rücksprache gehalten werden.
  • Es muss geklärt werden, ob eine Erst- oder eine Wiederholungsverordnung vorliegt. Für die Beratung bei Wiederholungsverordnungen gibt es eine gesonderte Leitlinie.
  • Liegt eine Erstverordnung vor, muss diese inhaltlich geprüft werden: Indikation und Kontraindikationen und relevante Wechselwirkungen müssen geklärt werden. Bei Bedenken oder Unklarheiten wird mit dem Patienten oder dem Verordner Rücksprache gehalten.
  • Bei einer Erstverordnung müssen dem Patienten wichtige Informationen vermittelt werden: Dosierung und Anwendung, Wirkungen (insbesondere Nutzen) des Arzneimittels sowie häufige und relevante Nebenwirkungen sollten ihm erklärt werden. Hinzu kommen wichtige Abgabehinweise (z. B. Nifidepin-Präparate nicht mit Grapefruitsaft einnehmen) und die abschließende Klärung, ob noch Fragen bestehen.

Nach der Beratung im engeren Sinne können dem Patienten unterstützende Maßnahmen angeboten werden. Dem Patienten kann die Aufnahme in die Patientendatei angeboten werden bzw. seine Daten können aktualisiert werden. Eventuell kann dem Patienten die Pharmazeutische Betreuung angeboten werden.

Erste oder wiederholte Verordnung?

Ausgehend von der Leitlinie entwickelte Frau Dr. von der Gathen für die Apothekenpraxis ein grundlegendes Beratungsschema für verordnete Arzneimittel (Abb. 1). Gleich mit der Eingangsfrage "Kennen Sie die Arzneimittel?" filtert sie Patienten mit einer Erstverordnung heraus, um sie ausführlicher zu beraten. Bei Patienten mit einer Wiederholungsverordnung ist die Anschlussfrage "Sind Sie mit der Wirkung zufrieden?" möglich. Verneint der Patient, kann der Apotheker ein Beratungsgespräch mit Ursachenforschung anbieten. Ganz auf eine Beratung verzichten sollte der Apotheker auch bei Wiederholungsverordnungen nicht: wichtige Abgabehinweise sind gezielt zu wiederholen und Zusatzempfehlungen anzubieten.

Das Beratungsgespräch bei einer Erstverordnung beginnt damit, dass man die Indikation des Arzneimittels nennt, also beispielsweise: "Das sind Ihre Magentabletten." Dann wird der Patient gefragt, ob er die richtige Dosierung kennt. Kennt er sie nicht, nennt man die Standarddosierung oder ruft gegebenenfalls den Arzt an. Um dem Patienten die Wirkung seines Medikamentes zu erklären, muss der Apotheker keine pharmakologische Vorlesung halten. Die Hauptsache ist, dass der Patient den Nutzen des Arzneimittels versteht. Wechselwirkungen werden mit der ABDA-Datenbank abgeklärt. Bei der Nennung von Nebenwirkungen kann man sich auf häufige beschränken (zum Beispiel Husten bei ACE-Hemmern, Verstopfung bei Eisen-Präparaten, vorübergehender Kopfschmerz bei Nitraten). Abgabehinweise, Zusatzempfehlungen und die Frage, ob noch etwas unklar geblieben ist, runden die Beratung ab.

Wichtige Abgabehinweise sammeln

Da sich auch Apotheker nicht alles merken können, empfahl Frau Dr. van der Gathen, Abgabehinweise in einem Beratungsordner zu sammeln. Sie selbst ordnet Abgabehinweise zehn Rubriken zu und sammelt sie in Klarsichthüllen:

  • Hinweise zur richtigen Aufbewahrung
  • Hinweise zur Zubereitung oder Vorbereitung des Arzneimittels für die Anwendung
  • Hinweise, die die Anwendung oder Wirkung auf der Haut betreffen
  • Hinweise zur optimalen Einnahme
  • Hinweise zur Anwendung im Mund-Nasen-Rachenraum
  • Hinweise, die die Wirkung an der Speiseröhre betreffen
  • Hinweise auf systemische unerwünschte Wirkungen
  • Hinweise, wie viel Zeit bis zum Wirkungseintritt vergeht
  • Hinweise für eine rektale oder vaginale Anwendung
  • Hinweise, die die Ausscheidung betreffen

Die Tipps des Apothekers können den ganzen "Lebensweg" des Arzneimittels beim Patienten betreffen. Beispielsweise sollte der Patient selbst hergestellte Arzneizubereitungen (z. B. Antibiotikasäfte) in den Kühlschrank stellen. Antazida sind geschmacklich angenehmer, wenn sie für kurze Zeit im Kühlschrank waren. Nifedipin-Päparate sollten vor Licht geschützt werden. Suspensionen, Linimente und Lotionen sind vor Gebrauch zu schütteln, Insulin-Päparate zwischen den Händen zu rollen. Dermatika, die Salicylsäure, Alkohol oder hyperämisierende Stoffe enthalten, dürfen nicht auf Schleimhäute, offene Wunden oder in die Augen geraten. Nach der Anwendung muss sich der Patient sofort die Hände waschen. Dithranol-haltige Salben hinterlassen Flecken, die sich nicht herauswaschen lassen.

Ein großes Glas Wasser

Tabletten sollten im Allgemeinen mit einem großen Glas Wasser (250 ml!) eingenommen werden. Bestimmte Arzneimittel sollten eine halbe Stunde vor dem Essen eingenommen werden, darunter Metoclopramid, Protonenpumpenhemmer und magensaftresistente Tabletten. Bei einigen Arzneimittel wirkt Fruchtsaft geschmacksverbessernd (zum Beispiel Eisen-Präparate, Acetyl- cystein, Colestyramin). Grapefruitsaft erhöht die Bioverfügbarkeit einiger Arzneistoffe (z. B. Nifedipin, Felodipin, Lovastatin, Terfenadin, Saquinavir, Ciclosporin) und sollte deshalb nicht zu diesen Substanzen getrunken werden.

Fahrtauglich oder nicht?

Wenn Arzneimittel das Reaktionsvermögen beeinflussen können, muss darauf hingewiesen werden. Hierzu zählen unter anderem alle sedierenden oder alkoholhaltigen Arzneimittel. Blutdrucksenker und Antidiabetika beeinträchtigen das Reaktionsvermögen nur bei der ersten Einnahme. Wichtig für den Patienten ist auch die Zeitspanne bis zum Wirkungseintritt: Antiemetika wirken bereits nach 30 Minuten, Dimeticon erst nach sechs bis acht Stunden (Zeit für die Magen-Darm-Passage). Bei Cromoglicinsäure ist die Wirkung erst am vierten Tag voll da. Johanniskraut-Päparate benötigen bis zu zwei Wochen bis zur vollen Wirkung. Bis Nachtkerzensamenöl wirkt, vergehen sogar drei Monate.

Gefärbter Stuhl schockiert Patienten

Schließlich können Arzneimittel auch Stuhl und Urin verändern. Besonders auffällig und für den Patienten beunruhigend sind Verfärbungen: Der Stuhl ist schwarz gefärbt nach Bismut-, Eisen- und Kohle-Präparaten, rosa nach dem Wurmmittel Pyrviniumembonat, gelb nach Ethacridinlactat, weiß nach Bolus alba und gelb nach Sulfasalazin. Besonders gelb wirkt der Urin nach Einnahme von Riboflavin, Rifampicin, Sulfasalazin oder Rutosiden, er färbt sich rötlich durch Anthrachinone oder Nitrofurantoin, bräunlich durch Metronidazol oder Tinidazol und zeigt sich mitunter in ungewöhnlichsten Farben nach Neuroleptika-Einnahme.

Quelle

Dr. Hiltrud von der Gathen, Castrop-Rauxel, "Erstverordnung: Beratung laut Leitlinie zur Qualitätssicherung", Münster, 6. März 2002, veranstaltet von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

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