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Aut idem und Importe: Wie geht man in der Praxis damit um?

STUTTGART (diz). Kammern und Verbände informieren zur Zeit ihre Mitglieder über die praktische Umsetzung der Aut-idem-Regelung. Dass diese Veranstaltungen auf großes Interesse stoßen, zeigt beispielhaft der Zulauf zu einer Informationsveranstaltung des Landesapothekerverbands und der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg am 14. März in Stuttgart, an der rund 1000 Apothekerinnen, Apotheker und PTA teilnahmen. Experten von Kammer und Verband erklärten Einzelheiten und Fallstricke der neuen Aut-idem- und Import-Regelung.

Die Möglichkeit zu substituieren, also die Aut-idem-Regelung zu praktizieren, ist eine langjährige Forderung des Berufsstandes. Die Vorteile von aut idem: Der Patient erhält das Arzneimittel sofort, der pharmazeutische Sachverstand kann zum Nutzen des Patienten eingesetzt werden, der Patient muss nicht auf sein Arzneimittel warten.

Die jetzt gültige Regelung allerdings erfüllt nicht voll umfänglich die Forderung des Berufsstands nach einer Aut-idem-Regelung, sie kann lediglich als Schritt in die richtige Richtung gewertet werden. Mit dem Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz (AABG), das Ende Februar in Kraft getreten ist, besteht für den Apotheker die Verpflichtung zur Substitution, wenn der Arzt einen Wirkstoff verordnet hat, wenn der Arzt kein Arzneimittel aus dem unteren Preisdrittel verordnet hat und wenn das Aut-idem-Kästchen auf dem Rezept nicht ausgekreuzt ist.

Ausgeschlossen ist aut idem dagegen, wenn das Aut-idem-Kästchen ausgekreuzt ist (Kästchenumkehr!) oder der Arzt selbst unterhalb der Preisdrittellinie ein billiges Arzneimittel verordnet hat. Die Aut-idem-Regelung gilt im übrigen auch für Betäubungsmittel, Impfstoffe, Phytopharmaka und Importe. Ist aut idem ausgeschlossen, gilt § 17 der Apothekenbetriebsordnung, d. h., dass der Wortlaut der Vorordnung maßgebend ist: das verordnete Arzneimittel ist abzugeben. Allerdings greift hier gegebenenfalls die Importarzneimittelregelung nach dem Liefervertrag, d. h., Importe dürfen bzw. sollten abgegeben werden.

Preislinien fehlen noch

Voraussetzung für die Anwendung der neuen Aut-idem-Regelung ist die Bekanntmachung der Preislinien durch die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit dieser Bekanntmachung ist im Juni oder Juli 2002 zu rechnen. Dann gilt: Ist Aut idem nicht ausgeschlossen und hat der Arzt nicht schon selbst ein Präparat im unteren Preisdrittel verordnet, muss der Apotheker ein preisgünstigeres als das vom Arzt verordnete Arzneimittel abgeben. Das Arzneimittel muss in Wirkstärke und Packungsgröße identisch und für den gleichen Indikationsbereich zugelassen sein. Ferner muss es die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform aufweisen.

Das Arzneimittel ist preisgünstig, wenn: die Auswahl im unteren Preisdrittel vorgenommen wird. Stehen weniger als fünf Arzneimittel im unteren Preisdrittel zur Auswahl, dann kann eines der preiswertesten Arzneimittel abgegeben werden. Die Preislinien, die vierteljährlich vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgesetzt werden, berechnen sich als unteres Drittel des Abstandes zwischen dem Durchschnitt der drei höchsten Preise und dem Durchschnitt der drei niedrigsten Preise. Die Preislinien werden, sobald sie vorliegen, in die Apotheken-EDV eingearbeitet, so dass automatisch die entsprechende Anzeige erfolgt.

Indikationsbereiche beachten!

Deutlich wird darauf hingewiesen, dass die Indikationen, d. h. die Anwendungsgebiete der Präparate identisch sein müssen. Bei Präparaten mit mehreren Indikationsbereichen darf das verordnete Arzneimittel nur durch solche Arzneimittel ersetzt werden, die sämtliche Indikationsbereiche aufweisen, die das verordnete (auszutauschende) Arzneimittel laut Fachinformation besitzt. Allerdings darf das abgegebene Arzneimittel weitere Indikationen im Vergleich zum verordneten Präparat besitzen. In Vorbereitung sind hierzu rasch über die EDV abrufbare Informationen über den Artikelstamm.

Aut idem vor Import

Die Experten des LAV erläuterten auch Spezialfragen zur Aut-idem- und Import-Regelung. Ein Beispiel: Verordnet wird ein Reimport, zu dem es keine Generika gibt. Die EDV zeigt an, dass es vier Importfirmen gibt. Die Folge: Jedes Arzneimittel gilt als preisgünstig, da weniger als fünf Arzneimittel im unteren Preisdrittel liegen. Hier ist die Importregelung zu beachten und gegebenenfalls die Importquote zu erfüllen. Die Abgabe ist bis zum teuersten Import möglich.

Zeigt die EDV jedoch an, dass es fünf oder mehr Importfirmen gibt, greift die Aut-idem-Regelung. Dies bedeutet, dass ein preiswerter Import aus dem unteren Preisdrittel auszuwählen und abzugeben ist. Gleichzeitig wird damit auch die Importquote bedient.

Ein weiteres Beispiel: Es wird ein Reimport verordnet, zu diesem Reimport gibt es Generika. Hier ist die Aut-idem-Regelung zu beachten, d. h., es ist ein Präparat aus dem unteren Preisdrittel auszuwählen. Wenn es einen Import im unteren Preisdrittel gibt, kann ein Import abgegeben werden, wobei gleichzeitig ein Beitrag zur Erfüllung der Importquote geleistet wird. Generell gilt: Aut-idem-Regelung geht immer vor Import-Regelung.

Die Übergangsphase

In der Übergangsphase, solange der Bundesausschuss Ärzte/ Krankenkassen noch keine Preislinien festgelegt hat, gilt der Rahmenvertrag nach § 129 SGB V. Das bedeutet, dass der Apotheker, sofern es der Arzt erlaubt, substituieren kann. Die preislichen Auswahlkriterien nach dem Rahmenvertrag für den Festbetragsbereich lauten:

  • Bei Wirkstoffverordnung: nicht höher als der Festbetrag;
  • Bei namentlicher Arzneimittelverordnung: nicht teurer als das verordnete Arzneimittel.

Bei Fertigarzneimitteln, für die kein Festbetrag festgesetzt ist, ist der Apotheker nicht verpflichtet, ein preisgünstiges Arzneimittel auszuwählen. Ferner ist in der Übergangsphase bis zur Veröffentlichung der Preislinien zu beachten: Es muss mindestens eine Indikation mit dem ursprünglich verordneten Arzneimittel übereinstimmen.

Die Importregelung

Ungeachtet dessen gilt auch die Importabgabeverpflichung, wonach Apotheken verpflichtet sind, ab 1. April 2002 eine Importquote von 5,5% und ab 1. Januar 2003 eine Importquote von 7% zu erfüllen. Die Importquote bezieht sich auf den prozentualen Umsatzanteil importierter Fertigarzneimittel am Fertigarzneimittelumsatz, wobei als Kriterium der Preis gilt, nicht die Packungsmenge, er berechnet sich pro Apotheke und pro gesetzlicher Krankenkasse.

Verbandsstoffe, Hilfsmittel und Rezepturen fallen nicht unter die Importquote, ebenfalls nicht die Teststreifen. Auch hier ist zu erwarten, dass die Apotheken-EDV dem Apotheker den jeweiligen Stand seiner Importquote, den einzelnen Kassen zugeordnet, aufschlüsselt und anzeigt. Außerdem gilt, dass die Importquote bei unterdurchschnittlichem Anteil importfähiger Verordnungen reduziert wird und bei Krankenkassen mit geringen Umsätzen keine Importquote greift.

Als Entlastungsmöglichkeit ist vorgesehen: Wenn eine Apotheke bei einzelnen Krankenkassen nachweisen kann, dass der importfähige Umsatz mit Fertigarzneimitteln 25% oder weniger beträgt, dann reduziert sich deren Importabgabeverpflichtung in 1/6-Schritten von 5,5% auf 0,9%. Die Quotenermittlung übernehmen die Rechenzentren für die Apotheken.

Die Experten wiesen darauf hin, dass die Höhe der Quote bereits berücksichtigt, dass Importe oft nicht verfügbar sind und teilweise wegen der Verordnung ("nur Original") nicht abgegeben werden dürfen. Ferner berücksichtigt die Quote bereits, dass Importe gelegentlich außer Vertrieb sind, teilweise "gelistet", aber nicht im Handel sind. Voraussetzung für die Abgabe eines Importarzneimittels ist: es muss die N-Bezeichnung tragen, es muss nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen sein und es muss namensgleich sein, d. h. es muss beim Aussprechen phonetisch gleich klingen, leichte veränderte Schreibweisen sind erlaubt. Wird die Importquote in einem Monat übertroffen, dann kann dieser Überstand als "Bonus" unbegrenzt vorgetragen und mit einem späteren Malus verrechnet werden. Eine Auszahlung des Bonus erfolgt nicht.

Ist der Umsatz mit Importen allerdings geringer als der errechnete Sollumsatz, erfolgt eine Kürzung der Apothekenrechnung. Die Rechnungsforderung der Apotheke gegenüber der einzelnen Krankenkasse mindert sich um den Kürzungsbetrag. Es gibt daher keine Retaxation, sondern nur eine in der Summe verminderte Rechnung. Das Rechenzentrum zieht den Kürzungsbetrag vor Kassenabschlag ab. Die monatliche Rechnungskürzung und die monatliche Gutschrift unterbleiben bei Kürzungsbeträgen und Gutschriften bis zu 4,99 Euro.

Bei Kassen, mit denen ein Fertigarzneimittelumsatz pro Monat von weniger als 907,27 Euro (im Jahr 2002) erfolgt, ist die Nichtabgabe von Importen nicht sanktioniert. Ab dem Jahr 2003, wenn eine 7%-Quote zu erfüllen ist, liegt dieser Mindestfertigarzneimittelumsatz bei 712,86 Euro pro Krankenkassen. Der Rahmenvertrag stellt ausdrücklich klar: Mit Abzug des Kürzungsbetrages von der Rechnung gilt die Verpflichtung zur Abgabe von Importen als erfüllt, d. h. es resultieren keine weiteren Nachteile bzw. Strafen. Der Maximalschaden beläuft sich somit auf 0,55% des Fertigarzneimittelumsatzes, vermutlich auch weniger.

Praktische Hinweise zu aut idem

Aut idem ist ausgeschlossen, wenn der Arzt es durch Ankreuzen nicht zulässt oder bereits eine preisgünstige Verordnung vorliegt (unterhalb des unteren Preisdrittels) oder weniger als sechs Präparate zur Auswahl stehen. Eine Verpflichtung zur Aut-idem-Abgabe besteht, wenn die Verordnung nicht preisgünstig ist und der Arzt aut idem nicht ausgeschlossen hat und mehr als fünf Präparate zur Auswahl stehen. Außerdem muss, wie bereits erwähnt, eine gleichartige Anwendung (Indikation) vorliegen und es sollten keine Störfaktoren für die Compliance durch die Aut-idem-Abgabe entstehen.

Wenn z. B. der Patient ein Arzneimittel voraussichtlich nicht einnimmt, weil er durch eine veränderte Packung oder Tablettenfarbe irritiert ist, sollte auf den Austausch des Präparats verzichtet werden. Kein aut idem ist außerdem möglich bei Rezepturen.

Wann ist aut idem unproblematisch...

Unproblematisch dürfte die Situation bei einer Aut-idem-Abgabe sein, wenn folgende Punkte bejaht werden können:

  • es liegt ein Wirkstoff mit großer therapeutischer Breite vor;
  • es ist ein Wirkstoff mit hoher Löslichkeit;
  • es handelt sich um eine feste orale Arzneiform ohne Spezialgalenik;
  • es handelt sich um eine flüssige orale Arzneiform ohne Spezialgalenik;
  • das Arzneimittel wird zur Akut- oder Kurzzeittherapie eingesetzt;
  • die Anwendung ist unkompliziert;
  • es sind mehr als fünf Präparate im Handel.

...und wann problematisch?

Aut idem ist dagegen nur bedingt möglich in folgenden Fällen:

  • es liegt ein Wirkstoff mit enger therapeutischer Breite vor;
  • das Präparat besitzt eine besondere Galenik;
  • das Präparat ist für eine besondere Anwendung zugelassen;
  • es sind besondere Geräte zur Anwendung notwendig;
  • das Präparat erfordert eine enge individuelle Einstellung mit Therapiekontrolle;
  • bestimmte Externa können problematisch sein;
  • bei Phytopharmaka ist die Zusammensetzung, der Extrakt in vielen Fällen unterschiedlich.

Noch ungelöste Schwierigkeiten

Hinzu kommt eine Reihe ungelöster Schwierigkeiten bei der Aut-idem-Regelung. Hierzu zählen verschiedene Indikationen gleicher Wirkstoffe. Schwierig wird es auch, wenn der Patient auf dem verschriebenen Präparat besteht, das oberhalb der Preislinie liegt und aut idem nicht ausgeschlossen ist. Eine Abgabe des gewünschten Präparats bei Aufzahlung des Patienten ist rechtlich nicht gestattet. Hier empfiehlt es sich, Rücksprache mit dem Arzt zu halten.

Schwierig ist auch eine Substitution von Dosieraerosolen mit Spacer, die über der Preislinie liegen, ebenfalls von Humaninsulinen im Fertigpen, die ebenfalls alle über der Preislinie liegen. Problematisch wird es auch dann, wenn ein bisher angewendetes Dauermedikament im folgenden Quartal über der Preislinie einsortiert wird. Schließlich könnten auch Rezepturen mit Fertigarzneimitteln zu Schwierigkeiten bei der Aut-idem-Regelung führen.

Wichtig ist es generell, den Kunden beim Austausch von Präparaten korrekt zu informieren. In der Akuttherapie sollten die Patienten auf den unbedenklichen Austausch hingewiesen werden. Bei der chronischen Therapie in der Erstversorgung sollten Kunden informiert werden, dass sie ein vom Apotheker ausgewähltes Präparat erhalten, mit dem die Therapie auch in Zukunft fortgesetzt werden sollte, ein späterer Wechsel sollte also vermieden werden. Kommt ein Patient in die Apotheke, der in der Dauertherapie bereits ein bestimmtes Generikum erhalten hat, sollte sich der Apotheker danach erkundigen, welches Mittel er bisher erhalten hat, um die Therapie mit diesem Präparat fortsetzen zu können.

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