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Arbeitsgruppe des "Runden Tisches": Kommt der Arzneimittelversandhandel doch?

BERLIN (diz/bah). Zum zweiten Mal hat sich eine Arbeitsgruppe im Rahmen des von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eingerichteten "Runden Tisches" mit dem Thema Versandhandel von Arzneimitteln beschäftigt und dabei Empfehlungen erarbeitet. Am 14. März 2002 machten Vertreter der Krankenkassen deutlich, dass es ihnen beim Versandhandel in erster Linie um die Ausnutzung von Wirtschaftlichkeitsreserven gehe.

Nach Informationen des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) wollen die Krankenkassen in solchen EU-Mitgliedstaaten, in denen niedrigere Herstellerabgabepreise und niedrigere Mehrwertsteuersätze für Arzneimittel als in Deutschland bestehen, Arzneimittel im Wege des Versandes einkaufen können. Alle Beteiligten am Runden Tisch waren allerdings der Auffassung, dass sich – sollte der Versandhandel in Deutschland zugelassen werden – ein Versandhandel mit Arzneimitteln nicht national auf Deutschland begrenzen lässt, sondern aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen nur ein grenzüberschreitender Versandhandel in Betracht kommt. Würden die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, bedeutete dies, dass Apotheken aus den EU-Mitgliedstaaten Arzneimittel nach Deutschland versenden könnten.

Der Runde Tisch am 14. März erarbeitete Empfehlungen, die als Grundsatz hervorhoben, dass im Fall der Zulassung von Versand- und Internethandel die Arzneimittelsicherheit, der Verbraucherschutz, die Versorgungssicherheit und faire Wettbewerbsbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene sichergestellt werden müssen. So sei man übereingekommen, dass Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz und insbesondere die Verkehrsfähigkeit der versendeten Arzneimittel nach dem deutschen Arzneimittelgesetz einschließlich der Pharmakovigilanz, der vollen und verständlichen Patienteninformation in deutscher Sprache sowie die Sicherung der Patientenrechte entsprechend dem deutschen Arzneimittel- und Apothekenrecht erforderlich machten. Darüber hinaus müssten die Anforderungen an den Versand- und Internethandel und den entsprechenden Qualitätssicherungssystemen u. a. im Arzneimittel-, Apotheken- und Werberecht festgelegt und die entsprechende Überwachung auf nationaler und europäischer Ebene sichergestellt werden.

Dies schließe, so die BAH-Informationen, auch die Zertifizierung und Kontrollen durch die Zertifizierungsstellen einschließlich der Überwachung durch die Behörden mit ein. Es müsse aber auch die Versorgungssicherheit gewährleistet werden, dass die Apotheken ihrem gesetzlichen Auftrag, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen, in Deutschland nachkommen könnten, und dem Patenten zeit- und ortsnah das volle Sortiment der Arzneimittel zur Verfügung stehen müsse. Die Vorschriften zu den Vertriebswegen, des Apothekenrechts, des Sozialrechts und der Arzneimittelpreisbildung seien entsprechend zu gestalten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Konkrete Maßnahmen hierzu müssten noch ausgearbeitet werden.

Ministerium sucht zwingende Gründe gegen Versandhandel

Wie aus dem BAH-Papier zu ersehen ist, befürworteten lediglich die Vertreter der Krankenkassen die Einführung des grenzüberschreitenden Versandhandels für Arzneimittel. Das Bundesgesundheitsministerium sei aufgrund des in § 43 Abs. 1, Satz 1 AMG verankerten Verbots des Versandhandels festgelegt, gleichzeitig habe das Ministerium betont, dass ein Verbot des Versandhandels nur dann aufrecht erhalten werden könne, wenn dies durch zwingende Gründe gerechtfertigt sei. Dagegen lehnten die Apotheker und der pharmazeutische Großhandel den Versandhandel kategorisch ab.

Eine Arbeitsgruppe des Runden Tisches wird nun Empfehlungen vorbereiten, über die der nächste Runde Tisch am 22. April 2002 endgültig entscheiden wird. Nach einem Bericht des Handelsblatts vom 15. März habe sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bereits entschlossen gezeigt, den Versandhandel mit Medikamenten in der nächsten Legislaturperiode zu legalisieren. Der Vertreter des Ministeriums habe deutlich gemacht, dass die Bundesregierung handeln müsse in Sachen EU-weiter Freigabe des Versandhandels mit Arzneimitteln.

Lägen keine sehr wichtigen Gründe vor, auf den Versandhandel mit Arzneimitteln zu verzichten, werde der Europäische Gerichtshof in absehbarer Zeit die Bundesregierung dazu zwingen, hieß es im Handelsblatt. In einem Exklusivinterview mit "Info-GEK", einer Zeitschrift der Gmünder Ersatzkasse, setze sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bereits für die Erweiterung des Vertriebswegs für Arzneimittel ein. Für die Apotheken könne dies ein zusätzlicher Service sein und einen Pluspunkt im Wettbewerb bedeuten, erklärt hier Ulla Schmidt. Und wörtlich: "Es wird nie so sein, dass die Mehrzahl der Arzneimittel über Versandhandel und Internet vertrieben wird, sondern dies sind zusätzliche Möglichkeiten."

Kastentext

Die Frage ist nicht, ob es den Versandhandel geben wird, sondern ob die deutschen Apothekerinnen und Apotheker dabei sind, oder ob dies nur von anderen betrieben wird. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in einem Interview mit "Info-GEK"

Zum zweiten Mal hat sich eine Arbeitsgruppe im Rahmen des von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eingerichteten "Runden Tisches" mit dem Thema Versandhandel von Arzneimitteln beschäftigt und dabei Empfehlungen erarbeitet. Am 14. März 2002 machten Vertreter der Krankenkassen deutlich, dass es ihnen bei Versandhandel in erster Linie um die Ausnutzung von Wirtschaftlichkeitsreserven ginge. Nach Informationen des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) wollen die Krankenkassen in solchen EU-Mitgliedstaaten, in denen niedrigere Herstellerabgabepreise und niedrigere Mehrwertsteuersätze für Arzneimittel als in Deutschland bestehen, Arzneimittel im Wege des Versandes einkaufen können.

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