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Allem Anschein nach wird noch in dieser Legislaturperiode eine lange anhängige Novelle des Apothekengesetzes (ApoG) über die parlamentarischen Hürden gehen. Nach Änderungsanträgen der Regierungsfraktionen und einer zweiten Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss zeichnen sich einige wesentliche Verbesserungen des ursprünglichen Entwurfes ab.

So wird die Versorgung von Alten- und Pflegeheimen durch öffentliche Apotheken auf ein neues Fundament gestellt (§ 12 a). Durch die Verpflichtung zum Abschluss von Versorgungsverträgen wird sich die Qualität der Betreuung der Bewohner dieser Heime erheblich verbessern. Begrüßenswert ist auch die Klarstellung, dass den Bewohnern – so sie dazu noch in der Lage sind – gleichwohl die freie Apothekenwahl erhalten bleiben soll. Begrüßenswert ist auch, dass die Koalition bis auf weiteres die Absicht fallen lässt, Pflegeheime – sofern sie unter hauptamtlicher ärztlicher Leitung stehen – Krankenhäusern gleichzustellen, also nur noch durch Krankenhausapotheken oder krankenversorgende Apotheken versorgen zu lassen.

Die Neuregelung der Bereitstellung von anwendungsfertigen Zytostatika-Zubereitungen ist – unter Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes und des Patientenschutzes – ebenfalls zu begrüßen (§ 11). Im Rahmen einer ansonsten weiter verbotenen Absprache darf zukünftig jede öffentliche Apotheke solche Zubereitungen unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben – und sie darf sich diese Zubereitungen ggf. von Apotheken beschaffen, die sicherheitstechnisch und personell für die Herstellung solcher Zubereitungen gerüstet sind.

Krankenhausapotheken, Krankenhaus versorgenden Apotheken und anderen öffentlichen Apotheken können sich zu diesem Zweck gegenseitig beliefern. Einziger Wermutstropfen: Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken haben für die Grundstoffe günstigere Einkaufpreise als sie i.d.R. von einer nicht krankenhausversorgenden öffentlichen Apotheke erzielbar sind.

In wichtigen Teilen nicht zu Ende gedacht ist jedoch – neben der Ausgliederung der Impfstoffe aus der Apothekenpflicht – die weiter bestehende Absicht, Krankenhausapotheken in die Versorgung ambulanter Patienten einzubeziehen. Dass zukünftig Krankenhausapotheken bzw. krankenhausversorgende Apotheken Ambulanzen mit allen Arzneimitteln beliefern dürfen, die dort zur unmittelbaren Anwendung kommen, ist unausgegoren – trotz der Zustimmung der ABDA. Ob die Klarstellung weiterhilft, dass damit nur Ambulanzen des Krankenhauses und nicht Ambulanzen auf dem Gelände oder in Räumen des Krankenhauses gemeint sind, muss bis auf Weiteres bezweifelt werden.

Ohne Not und ernst zu nehmenden Grund (wie er bei Zytostatika-Zubereitungen vorliegt und über § 11 künftig gut geregelt ist) wird durch die Ausgrenzung der bisher legaliter allein zuständigen, normalen (nicht krankenhausversorgenden) öffentlichen Apotheken einer eklatanten Wettbewerbsverzerrung und Wettbewerbseinschränkung der Weg gebahnt.

Die Position der in der Regel viel kostengünstiger arbeitenden niedergelassenen (Fach-)Ärzte in eigener Praxis wird gegenüber den Ärzten in den Ambulanzen des Krankenhauses nachhaltig geschwächt. Nur letztere könnten auf subventionierte Arzneimittel aus Beständen des Krankenhauses zurückgreifen. Dies ließe sich verhindern, wenn Arzneimittel für Patienten, die in Ambulanzen behandelt werden, ausschließlich aus der jeweiligen öffentlichen Apotheke des Patienten stammen – also auch nicht aus einer für das Krankenhaus zuständigen krankenhausversorgenden öffentlichen Apotheke. Letzteres zuzulassen hieße, krankenhausversorgenden öffentlichen Apotheken nicht nur gegenüber normalen öffentlichen Apotheken, sondern auch gegenüber Krankenhausapotheken einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Immer wieder werden Kostenvorteile unterstellt, wenn man Krankenhausapotheken bzw. krankenhausversorgende Apotheken in die Versorgung ambulanter Patienten einbezöge. In Wirklichkeit sind dies Luftbuchungen. 1997 hat dies auch das Bundesgesundheitsministerium (damals unter Seehofers Leitung) so gesehen.

Insgesamt sind sogar eher Kostensteigerungen zu erwarten. Schließlich hat der Gesetzgeber in voller Absicht zwei Preisbildungssysteme für Arzneimittel installiert – und bis heute bestehen lassen. Zu Lasten der ambulanten Arzneimittelversorgung sollten die Arzneimittelausgaben im stationären Sektor, der gegen dramatische Kostensteigerungen kämpft, subventioniert werden. Dieser Subventionierung wird die Industrie ein Ende machen – umso entschiedener und umso früher, desto mehr subventionierte Krankenhausarzneimittel in Ambulanzen zum Einsatz kommen. Es lohnt, hierüber noch einmal nachzudenken.

Klaus G. Brauer

Apothekengesetz: Fortschritte und Ungereimtheiten

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