Kommentar

Gesetzentwurf der Positivliste: Forschende Arzneimittelhersteller fürchten weit

Berlin (ks). Eine Positivliste für Arzneimittel, wie sie gegenwärtig als Referentenentwurf vorliegt, setzt nach Auffassung des Verbands der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) "falsche Signale für die Entwicklung neuer Arzneistoffe in Deutschland". Die Gefahr, dass sich die Positivliste zu einer (weiteren) Innovationshürde entwickle, sei groß, erklärte der Pharma-Verband in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Zudem sei das geplante Gesetz verfassungswidrig, da es ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen werden soll.

Bis zum 10. Dezember konnten die betroffenen Verbände zum Referentenentwurf des Gesetzes über die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Positivlisten-Gesetz) Stellung nehmen. Der VFA nutzte dies zu erneuter Kritik an dem rot-grünen Vorhaben. Der Verband moniert vor allem, dass der Positivlisten-Entwurf zu viele Ausschlüsse und Einschränkungen bei innovativen und patentgeschützten Wirkstoffen vornehme.

Sollte die Liste nicht zur Innovationshürde werden, müssten neue und patentgeschützte Wirkstoffe ungehindert und unmittelbar nach ihrer Zulassung den Patienten zur Verfügung gestellt werden. Dies habe schon im Interesse der Versicherten zu geschehen, die gemäß den Vorschriften des SGB V nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse und unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts zu behandeln seien. So vermisst der VFA im nunmehr vorliegenden Entwurf antivirale Grippemittel (Neuraminidasehemmer) und neue Antiadiposita gegen Fettleibigkeit (z. B. Orlistat). Auch selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren seien lediglich eingeschränkt verordnungsfähig. Weiterhin seien Wirkstoffe, die noch unter Patentschutz stünden von der Positivliste ausgeschlossen, so etwa die Thiazolidindione bei den oralen Antidiabetika. Der VFA fordert daher, dass innovative Arzneimittel, sofern sie nicht gegen geringfügige Gesundheitsstörungen eingesetzt werden, in die Positivliste aufgenommen werden.

Vorhandene Instrumente besser ausschöpfen

Zudem äußerte der VFA abermals grundsätzliche Bedenken, die Positivliste könne die Strukturqualität des verordnungsfähigen Arzneimittelmarkts verbessern. Zwar unterstütze der Verband das Anliegen der Regierung, Ärzten ein praktikables Instrument an die Hand zu geben, das einen besseren Überblick über das Medikamentenspektrum verschafft - doch dieses Ziel könne auch mit den bisherigen Regelungen erreicht werden, insbesondere mithilfe einer kontinuierlich aktualisierten und erweiterten Negativliste. Der VFA beanstandet außerdem, dass die Positivliste nun auch Kosten dämpfen soll. Dies bedeute für die Hersteller neben Festbeträgen, Rabatten, Aut-idem und der Parallelförderklausel eine weitere finanzielle Last. Auf Unverständnis stößt auch, dass die Gesetzentwurf eine erneute Beurteilung des therapeutischen Nutzens von Arzneimitteln vorsieht. Eine solche systematische Zweitprüfung auch für kürzlich zugelassene Wirkstoffe lehnt der Verband ab.

Bundesrat darf nicht umgangen werden

Der VFA führt weiterhin an, das geplante Gesetz bedürfe der Zustimmung des Bundesrats. Ursprünglich sollte die Positivliste nach § 33a SGB V als Rechtsverordnung mit Zustimmung der Länderkammer erlassen werden. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt entschied nun jedoch, diese Rechtsgrundlage zu streichen und die Positivliste als eigenes Gesetz außerhalb des Sozialgesetzbuchs zur gesetzliche Krankenversicherung einzuführen. Damit geht auch die Zustimmungspflicht verloren. Auf diese Weise spart sich Schmidt, die große Eile hat, die Positivliste in Kraft treten zu lassen, verzögernde Auseinandersetzungen mit der Opposition. Auch bei späteren Änderungen in Form von Rechtsverordnungen soll eine Zustimmung des Bundesrats nicht mehr nötig sein. Nach einem vom VFA in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten handle sich bei diesem Vorgehen um eine unzulässige Umgehungsstrategie, die die Mitwirkungsrechte der Länderkammer im Gesetzgebungsverfahren verkürze.

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