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Arzneimittelausgaben: Kassenärzte wollen mehr Geld für Arzneimittel

Berlin/Köln (ks). Bei den Verhandlungen um den Ausgabenrahmen für Arzneimittel auf Bundesebene werden sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Spitzenverbände der Krankenkassen nicht einig. 18 Mrd. Euro boten die Kassen - doch das ist den Kassenärzten zu wenig. Auch der Termin beim Bundesschiedsamt am 28. November in Köln brachte keine Annäherung. Hier lautete der Vermittlungsvorschlag 19,1 Mrd. Euro. Immer noch nicht genug: Nach den Berechnungen der KBV bestehe für Arzneimittel ein zusätzlicher Mehrbedarf von rund 6,5 Mrd. Euro. Dieser sei nötig, um Krankheiten wie Krebs, Multiple Sklerose oder Alzheimer leitliniengerecht zu therapieren. Die Verhandlungen werden nun auf Landesebene fortgeführt.

Die Spitzenverbände bezeichneten es "als Zeichen gegen alle Vernunft", wenn die KBV fordere, den Arzneimittelausgabenrahmen auf 25,6 Mrd. Euro aufzustocken. Allein dies würde die Beitragssätze im kommenden Jahr um 0,6 Prozentpunkte erhöhen. Die Bundesregierung habe erst jüngst neue Rabattregelungen eingeführt, damit die Ausgabenentwicklung um rund sieben Prozent entlastet werde, so die Spitzenverbände.

Der KBV ist klar: Mehrbedarf so nicht durchsetzbar

Die KBV verwahrte sich prompt gegen die Behauptung der Krankenkassen, die KBV habe sechs Mrd. Euro mehr für Arzneimittel "gefordert". "Auch uns ist klar, dass angesichts allgegenwärtiger Sparrunden solche Forderungen gar nicht durchsetzbar sind." sagte der Zweite Vorsitzende der KBV, Dr. Leonhard Hansen. Im deutschen Gesundheitswesen stehe jedoch ein Richtungsentscheid bevor: Politik und Gesellschaft müssten sich festlegen, ob sie Patienten nach neuesten medizinischen Erkenntnissen versorgt wissen wollen oder ob ihnen stabile Beitragssätze wichtiger sind, so Hansen. Das heißt: entweder bekomme man mehr Geld für die Versorgung oder aber die Politik müsse den Mut haben, den Bürgern zu erklären, warum immer weniger Menschen optimal mit Arzneimitteln versorgt werden können.

KBV plant Unterschriftenaktion

Auch was die ärztliche Behandlung überhaupt betrifft, könnte es künftig zu Engpässen kommen. Denn die Kassenärzte hadern nicht nur mit den Krankenkassen, sondern auch mit den Reformvorhaben von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Neben der anstehenden Nullrunde sorgen sie sich um einen "unkontrollierten Wildwuchs von Einzelverträgen", wenn diese neben Kollektivverträgen erlaubt werden, sowie ein Facharztsterben. Der Erste Vorsitzende der KBV, Manfred Richter-Reichhelm kündigte am 5. November in Berlin an, er werde an die Kassenärzte appellieren, künftig nur noch "Dienst nach Vorschrift" zu machen. Das bedeutet: So viele Generika wie möglich und keine Scheininnovationen mehr verschreiben. Wenn das Budget erschöpft sei - auch für ärztliche Leistungen - sollte nichts mehr angeboten werden. Notfälle würden aber auch beim "Dienst nach Vorschrift" stets behandelt, versicherte Richter-Reichhelm. Sollte sich sodann ein Mangel offenbaren, so werde die KBV "ganz klar sagen, an wem es liegt". Die "Frustschwelle" sei überschritten, erklärte der KBV-Chef. Um das deutlich zu machen planen die Kassenärzte im kommenden Jahr zudem eine Unterschriftenaktion für den Erhalt der "Praxis um die Ecke".

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