Kommentar

Arzneimittelpolitik: BKK-Bundesverband fordert Renaissance der Festbeträge

Berlin (ks). Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK-BV) begrüßt die im "Beitragssicherungsgesetz" Ų bislang als Vorschaltgesetz bekannt Ų enthaltenen Sparmaßnahmen im Arzneimittelbereich. Sie brächten eine Korrektur der drastischen Ausgabensteigerungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sagte der Vorstandsvorsitzende des BKK-BV Wolfgang Schmeinck am 5. November in Berlin. Eine grundlegende Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung für die Zukunft sei von ihnen jedoch nicht zu erwarten. Der BKK-Chef sprach sich zudem für eine "Renaissance der Festbeträge" aus. Ebenso forderte er mehr Wettbewerb unter Apotheken, unter anderem durch die Zulassung des Versandhandels.

Um Beitragserhöhungen zu vermeiden, müsse den steigenden Arzneimittelausgaben in der GKV mit einem Sofortprogramm sowie weiteren strukturellen Maßnahmen begegnet werden, erläuterte Schmeinck. Denn nachdem seit Mitte der 90er Jahre verschiedene Instrumente der Kostendämpfung vom Gesetzgeber abgeschafft, bzw. durch weniger wirksame ersetzt worden seien, entwickelten sich die Preise und Umsätze zu Lasten der Kassen. Als Beispiele nannte Schmeinck die Abschaffung der Arzneimittelbudgets und der Festbeträge für Analog-Arzneimittel sowie die Aufgabe der Preisdrittellinie für Festbetragsarzneimittel.

Das neue Spargesetz aus dem Hause der Bundesgesundheitsministerin ermögliche den Krankenkassen, Fehlentwicklungen im Arzneimittelbereich abzuschöpfen, erklärte der BKK-Chef. Ihm zufolge hatten insbesondere die Apotheken in den vergangen Jahren aufgrund verordneter Preisspannen und mangelnden Wettbewerbs erhebliche Mehreinnahmen: Ohne mehr Packungen verkaufen zu müssen, profitierten sie davon, dass sich der festbetragsfreie Markt mit "ungehinderter Preisfestsetzung der Hersteller" zunehmend ausweitete, so Schmeinck. Während 1997 Festbetragsarzneimittel fast 60 Prozent des GKV-Arzneimittelumsatzes ausmachten, lag deren Anteil Mitte 2002 nur noch bei knapp 37 Prozent. Die nun geplanten Rabatte der Apotheken an die Kassen seien daher geeignet, falsche Anreize der Preisspannenverordnung zu korrigieren. Zunächst habe man auch diskutiert, ob Krankenkassen überdies mit Apothekern zusätzliche gestaffelte Rabatte vereinbaren können sollten – eine Regelung wie sie das Beitragssicherungsgesetz im Rahmen der Herstellerrabatte vorsieht. Von dieser Idee habe man jedoch Abstand genommen, weil derartige wettbewerbliche Instrumente keinen Sinn machten, wenn schon die Marktstruktur keinen Wettbewerb erlaube. Zunächst müsse daher in das Monopol der Apotheken eingebrochen werden, so Schmeinck: Versandapotheken sollten bei strikter Qualitätssicherung zugelassen werden.

Den Zuspruch des BKK-BV findet auch der Plan der Regierung, Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen wieder grundsätzlich in die Festbetragsregelung einzubeziehen – so wie es bereits vor 1996 der Fall war. Dabei soll es Ausnahmen für solche Medikamente geben, die zugleich eine neuartige Wirkungsweise und eine therapeutische Verbesserung aufweisen können. Diese Präparate sollen nach dem Willen der BKKen – und auch der Regierung – baldmöglichst durch eine Kosten-Nuten-Bewertung, die so genannte vierte Hürde, aufgespürt werden. Denn Sorgen macht den Kassen vor allem die so genannte Strukturkomponente: Diese steigt stetig, während die Verordnungsmenge rückläufig ist und die Preiskomponente stagniert (letztere spiegelt Preisänderungen wider, welche die Pharma-Unternehmen nach ihrer erstmaligen Preisfestsetzung bei Markteinführung vornehmen).

Das Problem seien also die teuren Analog-Arzneimittel ohne Zusatznutzen, sagte Schmeinck. Die Forderungen des BKK-BV zur Revitalisierung der Festbeträge gehen allerdings noch weiter: die Erstattungsobergrenzen sollten wieder durch das "untere Preisdrittel" festgelegt werden. Und zuständig für die Festsetzung soll die Selbstverwaltung sein. Beides wurde zuletzt vom Bundeskartellamt unterbunden. Derzeit beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht mit der Verfassungsmäßigkeit von Festbeträgen und der Frage, ob diese durch die Selbstverwaltung festgesetzt werden dürfen. Eine Entscheidung könnte möglicherweise noch Ende dieses Jahres ergehen, so Schmeinck.

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