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Beitragssatzsicherungsgesetz: Die Woche der Entscheidungen

Hannover (tmb). Die Zeit wird knapp. In dieser Woche dürfte die letzte Gelegenheit bestehen, den Entwurf für das Beitragssatzsicherungsgesetz zu ändern und den drohenden Schaden für die Apotheken zu begrenzen. Dabei sind noch viele Fragen offen. Nicht einmal die Ausgangsdaten über die bisherigen Marktverhältnisse scheinen klar zu sein. Dies zeigten die Ausführungen des gesundheitspolitischen Referenten der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Schmidt, bei der Mitgliederversammlung des Landesapothekerverbandes Niedersachsen am 6. November in Hannover.

Offenbar stimmen einige der wichtigen Daten über die wirtschaftliche Lage der Apotheken, die dem Gesetzentwurf zugrunde liegen und die Schmidt in Hannover anführte, nicht mit den ABDA-Daten überein. Daraufhin erklärte ABDA-Vizepräsident Heinz-Günter Wolf während der Versammlung, er werde noch am gleichen Abend nach Berlin fahren und sich um einen Abgleich der Daten bemühen. Für Änderungen des Gesetzentwurfes bleibt allerdings nicht viel Zeit. Denn schon am morgigen Dienstag soll die Anhörung zu diesem Gesetz stattfinden. Voraussichtlich schon am Donnerstag oder Freitag in dieser Woche sollen die zweite und dritte Lesung im Bundestag abgehalten werden. Die Eile erklärte Schmidt mit dem Terminplan des Bundesrates. Nur so sei die Bundesratssitzung am 29. November zu erreichen. Falls der Bundesrat Einspruch einlegen sollte, könnte das Gesetz voraussichtlich gerade noch am Silvestertag verkündet werden. Eine der letzten Möglichkeiten zum Protest gegen das Gesetz bietet damit die Großkundgebung des Bündnisses Gesundheit am morgigen Dienstag unter dem Motto "Kahlschlag im Gesundheitswesen – Ausverkauf der Qualität". Außerdem wurde im Rahmen der Mitgliederversammlung an alle Apothekerinnen und Apotheker appelliert, Kontakte zu Bundes- und Landespolitikern zu nutzen, um auf die existenziellen Nöte der Apothekerschaft aufmerksam zu machen.

Eine gewisse Hoffnung, den Entwurf zu beeinflussen, gibt der Erfolg der Zahntechniker. Diese Berufsgruppe hat es immerhin erreichen können, dass ihre Höchstpreise um 5 % statt wie zunächst vorgesehen um 10 % gesenkt werden. Für die Apotheken scheint die Ausgangslage allerdings schlechter zu sein. Denn die Verhandlungsatmosphäre zwischen den Organen der Apothekerschaft und der Bundesregierung sei nach Äußerungen von ABDA-Vertretern im Vorfeld der Bundestagswahl stark gestört, erklärte Schmidt in Hannover. Es habe bei der SPD auch keinen guten Eindruck gemacht, dass die parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch auf dem Deutschen Apothekertag ausgebuht worden sei. Wenn die "Bauchebene" nicht stimme, belaste dies die politische Arbeit.

Apothekenabschaltgesetz

ABDA-Vize Wolf präsentierte Daten, nach denen eine Durchschnittsapotheke durch das Gesetz jährlich mindestens 50 000 Euro Ertrag einbüßen würde. Zahlreiche Teilnehmer der Mitgliederversammlung machten deutlich, dass dies zu massiven Entlassungen führen und für viele Apotheken das Aus bedeuten würde. Wolf bezeichnete das Vorhaben daher als "Apothekenabschaltgesetz".

Schmidt zeigte sich durchaus betroffen von der beschäftigungspolitischen Argumentation. Es sei kontraproduktiv, wenn die Apotheken Personal freisetzen würden. Denn das Ziel der Regierung sei, mit der Senkung der Lohnnebenkosten Arbeitsplätze zu schaffen. Doch widersprach er der Annahme über die Ertragseinbußen. Den Apotheken sollten "nur" 400 Mio. Euro, d. h. etwa 10 % des Rohertrages aus GKV-Umsätzen genommen werden. Damit unterstellte Schmidt allerdings, dass der Großhandel seine Einbußen nicht an die Apotheken durchreicht. Seines Erachtens erwirtschafte der Großhandel bei einer Wertschöpfung von etwa 2 Mrd. Euro einen höheren Gewinn als nur etwa 250 Mio. Euro und könne seinen vorgesehenen Beitrag selbst leisten.

Immerhin eine positive Neuigkeit für die Apotheker hatte Schmidt zu berichten. So sei das zunächst vorgesehene 30-tägige Zahlungsziel für die Krankenkassen aus dem Gesetzentwurf weggefallen, das die Apotheken zu Kreditgebern der Krankenkassen gemacht hätte. Allerdings könnte den Apotheken die Abwicklung der diversen Rabattierungen nicht erspart werden, weil nur dort die Information vorliegt, welche Arzneimittel an GKV-Versicherte abgegeben werden. Das Gesetz wirft weiterhin vielfältige Detailfragen auf. Nach Einschätzung von ABDA-Vize Wolf würde die jahrelange mühsame Arbeit von Krankenkassen und Apothekerverbänden über die Gestaltung der Abrechnungen mit einem Schlag wertlos.

Einen Bericht über die weiteren Ausführungen Schmidts, auch zu künftigen Reformvorhaben der SPD, und die Mitgliederversammlung in Hannover finden Sie in der nächsten DAZ.

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