Kommentar

Europäische Kommission: Hinweis auf "Altarzneimittel" europarechtswidrig

Bonn (im). Dass der Hinweis auf "Altarzneimittel" in der Packungsbeilage derjenigen Medikamente, die noch auf die Nachzulassung warten, untauglich ist, hat nun die Europäische Kommission dem deutschen Bundesgesundheitsministerium und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Zulassungsbehörde ins Stammbuch geschrieben. Die EU-Kommission hält diesen Verweis für europarechtswidrig.

Der Europäische Gerichtshof hatte nach Information des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) unter anderem bei der Europäischen Kommission in dieser Frage, die auf einem Rechtsstreit zwischen einem pharmazeutischen Unternehmen und dem Verwaltungsgericht Braunschweig beruhte, nachgefragt. Zwar hat der Hersteller unterdessen seine Klage nach Erhalt der Nachzulassung für seine Präparate zurückgezogen, gleichwohl ist die Haltung der Kommission dazu bedeutsam.

Auswirkung für Zulassungen

Auch wenn die Medikamente ohne Nachzulassung in Deutschland noch nicht von der Zulassungsbehörde überprüft worden seien, hätte für sie seit 1978 die Arzneimittelüberwachung nach dem Arzneimittelgesetz gegolten, was den Patienten schütze, so die Kommission. So wäre beispielsweise beim Verdacht auf schädliche Wirkungen eines Präparats dessen Rückruf erfolgt. Im Gegensatz dazu lasse der Hinweis auf die "Altarzneimittel" völlig offen, welche Konsequenzen der Verbraucher daraus ziehen solle. Von daher sei er untauglich. Im übrigen stehe der Richtlinie der Europäischen Kommission zu harmonisierten Packungsbeilagen die deutsche Regelung entgegen, die weitere Angaben unter Androhung von Strafen vorschreibe. Nach Angaben des BAH hat die Kommission darüber hinaus deutlich gemacht, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zwar den Markt an noch nicht nachzugelassenen Präparaten aufarbeiten muss, dass dies aber nicht über alle bestehenden Rechte von Unternehmen erfolgen darf, nur um die verspätete Umsetzung von EU-Recht zu kompensieren. Nach Angaben von Simone Gawrich vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller hat dies nicht nur Bedeutung für den "Altarzneimittelhinweis", sondern auf alle weiteren Maßnahmen des BfArM zur Abwicklung der Nachzulassung, wenn diese europarechtlich begründet sind.

Kastentext: Der Altarzneimittelhinweis

"Dieses Arzneimittel ist nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr. Die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist noch nicht abgeschlossen."

Diesen Hinweis müssen alle Präparate nach seinem Inkrafttreten im Jahr 2001 tragen, wenn sie noch nicht nachzugelassen wurden. Ursprünglich wollte die Regierungskoalition sogar den Begriff "Altarzneimittel" zum Entsetzen der Fachwelt in die zehnte Novelle des Arzneimittelgesetzes hineinschreiben, der im Gesetzgebungsverfahren dann allerdings herausfiel.

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